31. Mai 2012

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann: Wir wollen die Kultur der Siebenbürger Sachsen finanziell unterstützen

"Die Siebenbürger Sachsen sind eine kulturelle Bereicherung Bayerns und Deutschlands", erklärte der Bayerische Staatsminister des Innern, Joachim Herrmann, am Pfingstsonntag beim Heimattag in Dinkelsbühl. Ihre "großartige Kultur" will er finanziell unterstützen. Die Festrede bei der Hauptkundgebung vor der Schranne wird in Folgenden leicht gekürzt wiedergegeben.
Ich freue mich sehr, dass der Heimattag der Siebenbürger Sachsen gemeinsam hier wieder so großartig gefeiert werden kann. Ich darf Sie als bayerischer Innenminister und Vertreter unseres bayerischen Ministerpräsidenten hier in Franken, hier im Freistaat Bayern herzlich wollkommen heißen.

Jahr für Jahr versammeln sich zum Pfingstwochenende zehntausende Siebenbürger Landsleute in der ehemaligen Reichsstadt Dinkelsbühl. Von diesem Pfingsttreffen geht ein deutliches Signal in die ganze Welt: Hier schlägt das starke Herz der Siebenbürger Landsmannschaft so fest wie eh und je.

Ich bedanke mich, lieber Herr Oberbürgermeister Hammer, bei Ihnen, bei allen Ihren Mitbürgern und Mitbürgerinnen in Dinkelsbühl, für die Gastfreundschaft, die seit Jahren den Siebenbürger Sachsen gewährt wird. Es hat in früheren Jahrzehnten andere Bundesländer und Städte in Deutschland gegeben, die ihre früheren Patenschaften und Freundschaften für Vertriebenenorganisationen aufgekündigt haben. Bayern hat so was nie gemacht, und Dinkelsbühl hat das nie gemacht, sondern wir sind immer gerne Gastgeber für Vertriebene aus anderen Regionen gewesen, wir stehen dazu und wir freuen uns, dass die Siebenbürger Sachsen alljährlich hierherkommen. Sie sind uns herzlich willkommen!

Bayern Innenmister Joachim Herrmann will die ...
Bayern Innenmister Joachim Herrmann will die großartige Kulturarbeit der Siebenbürger Sachsen auch finanziell unterstützen. Foto: Otto Schemmel
Wenn ich die prächtigen Fahnen und schmucken Trachten hier vor der spätmittelalterlichen Kulisse dieser Stadt sehe, dann weiß und spüre ich, mit welchem Stolz und mit welcher Treue die Siebenbürger Sachsen zu ihrer alten Heimat stehen. Sie pflegen und bewahren ihr über 850 Jahre altes geschichtiches Erbe, sie pflegen ihre bewährten Traditionen, sie pflegen ihre Sprache und ihre Überlieferungen, sie pflegen ihren landsmannschaftlichen Zusammenhalt und sie pflegen ihre überragende kulturelle Leistungsfähigkeit.

Ich erinnere mich gerne an meinen letzten Besuch in Hermannstadt, dort spürt man die großartige Geschichte, aber man spürt jetzt auch den Aufbruch in eine neue Zukunft. Und ich denke heute hier in Dinkelsbühl und genauso geht es einem, wenn man heute Hermannstadt besucht: Die Siebenbürger Sachsen können stolz sein auf ihre großartige Geschichte und sie gehen in eine gute Zukunft. Vielen Dank dafür.

Das Motto des diesjährigen Heimattages „Erbe erhalten – Zukunft gestalten“ macht deutlich, dass aus den Wurzeln in der alten Heimat, aus den Traditionen und Familienüberlieferungen eine bessere Zukunft wachsen soll – eine bessere Zukunft auch für die nachfolgenden Generationen hier bei uns, genau so wie in Siebenbürgen selbst.

Längst sind neben jene, die Flucht und Vertreibung selbst erleben mussten, die getreten, die hier in der neuen Heimat geboren und aufgewachsen sind. Der Festzug, den wir heute erlebt haben, ist ein großartiges Beispiel, ein Zeichen für die Lebendigkeit der Siebenbürger Sachsen. Der Festzug ist nicht nur von Senioren geprägt, sondern auch die junge Generation ist voll aktiv dabei. Es gelingt, dieses großartige kulturelle Erbe auch einer neuen, jungen Generation, die längst selbstverständlich hier in der Bundesrepublik Deutschland aufgewachsen ist, weiterzugeben. Ich kann Sie zu dieser großartigen Jugendarbeit nur beglückwünschen. Es ist ein Segen für das ganze Land.

Herr Fabritius hat gerade daran erinnert. Vor 20 Jahren wurde der Freundschaftsvertrag zwischen Deutschland und Rumänien abgeschlossen, der die Annäherung und Versöhnung gefördert hat. Ich freue mich über die Vertreter der rumänischen Regierung heute in Dinkelsbühl. Wenn ich daran denke, dass es gerade fünf Jahre her ist, dass Rumänien zum Vollmitglied der Europäischen Union und kurz danach zum Vollmitglied der NATO geworden ist, wenn ich daran denke, dass zum 1. Januar 2014 die volle Freizügigkeit für die Bürgerinnen und Bürgern Rumäniens hergestellt wird, dann ist das eine sehr positive Entwicklung. Diese Entwicklung wurde gerade auch von den Siebenbürger Sachsen mit großer Anteilnahme verfolgt und tatkräftig unterstützt. Seitdem der Kalte Krieg vorbei ist, dürfen die Menschen in den Herkunftsorten auch wieder Solidarität, Verständnis und ganz konkrete Hilfsangebote aus der neuen Heimat erleben. Die Siebenbürger Sachsen bilden heute eine echte Brücke zwischen Bayern, Deutschland und Rumänien.

Ich freue mich sehr, dass sich das so positiv entwickelt hat und dass die Siebenbürger Sachsen und ihre Vertreter ihren Blick nach vorne richten. Die Siebenbürger Sachsen haben uns hier in Bayern überzeugend vor Augen geführt: Ihr ausgeprägtes Traditionsbewusstsein steht nicht im Gegensatz zu einer aufgeklärten Weltoffenheit. Die Liebe zur alten Heimat verstellt nicht den Blick darauf, dass Versöhnung und Neuanfang nötig sind. Die Pflege der eigenen Herkunft und Geschichte verbietet es nicht, neue Wurzeln zu schlagen und den Prozess des gemeinsamen Europas mitzugehen. Mit der gleichen Größe und Bereitschaft zur Versöhnung, die aus den Worten der Charta der Heimatvertriebenen vor über 60 Jahren sprach, sind die Siebenbürger Sachsen den Herausforderungen begegnet, die das Ende der kommunistischen Regimes im ehemaligen Ostblock mit sich brachten. Leben in und mit Traditionen bedeutet für die Siebenbürger Sachsen Leben in Offenheit, Leben mit Blick in die Zukunft. Es sind die Werte und Haltungen, die den Kern der Tradition ausmachen, nicht bloße Äußerlichkeiten. Und diese Werte, die Kraft, die aus dem Wissen um die eigene Geschichte wächst, kann unser Land, kann Deutschland, aber auch ganz Europa bestens gebrauchen.

Sie haben den heutigen Tag mit dem Pfingstgottesdienst in der St. Paulskirche eröffnet. Ich denke, das lenkt den Blick einmal mehr darauf, dass Siebenbürgen ebenso von einer christlichen Tradition geprägt ist wie der Freistaat Bayern und Deutschland. Es ist wichtig – und das sage ich ganz bewusst an diesem Pfingstsonntag –, dass wir dies in der Gestaltung der künftigen Europäischen Union nicht vernachlässigen.

Wir reden viel über die Währung, über den Euro, das sind wichtige Themen, aber die Zukunft Europas kann nicht nur in wirtschaftlichen und Kommerzfragen bestehen. Europa wird nur eine Zukunft haben, wenn wir uns der verbindenden Werte dieses Kontinents bewusst sind. Und deshalb müssen wir gerade auch das christliche Erbe, das uns verbindet, weiter bewahren und gestalten. Auch darauf müssen wir uns ganz stark besinnen.

Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, uns auch des Schicksals von Vertriebenen von überall, ob in Siebenbürgen, in anderen Teilen des früheren Osteuropa oder in anderen Ländern der heutigen Welt, bewusst bleiben. Deshalb halte ich es für richtig, dafür einen nationalen Gedenktag in der Bundesrepublik einführen. Wir gedenken so vieler anderer Dinge, es ist höchste Zeit, dass auch an das besondere Schicksal von Vertriebenen in Deutschland und weltweit in einem nationalen Gedenktag erinnert wird. Dafür werden wir uns einsetzen.

Genau so will ich Sie, lieber Herr Fabritius mit Ihren Landsleuten, nachdrücklich unterstützen, indem wir nicht nur symbolisch einen Gedenktag einführen, sondern auch in der Tat die großartige Kulturarbeit der Siebebürger Sachsen finanziell fördern. Da steht dieses Land auch in einer nationalen Verpflichtung, und das will ich gerne mit unterstützen. Wenn man diesen großartigen Heimattag über das ganze Pfingstwochenende erlebt, dann stellt man fest: Die Siebenbürger Sachsen sind eine Bereicherung für unser Land, sie sind eine kulturelle Bereicherung Bayerns und Deutschlands, und genau so sollten wir das alle auch empfinden.

Ich sage aber auch ausdrücklich: Sie sind nicht nur heute eine kulturelle Bereicherung, sondern ich möchte mich bei allen Siebenbürger Sachsen bedanken, egal ob sie 1945, in den fünfziger Jahren oder erst in den letzten 20 Jahren nach Deutschland gekommen sind. Wenn der Freistaat Bayern heute großartig dasteht, wenn wir heute wirtschaftlich wohl eines der stärksten Länder Deutschlands sind, wenn wir die niedrigste Arbeitslosenquote haben, wenn wir heute eine großartige Entwicklung haben, dann haben daran in den letzten 60 Jahren viele Vertriebenene, die nach Bayern gekommen sind, großartig mitgewirkt. Ihr Wohlstand, unser Wohlstand ist auch dadurch entstanden, dass Heimatvertriebene nicht die Hände in den Schoß gelegt, sondern die Ärmel hochgekrempelt und angepackt haben. Sie haben einen wesentlichen Anteil an dieser großartigen Entwicklung des Freistaats Bayern in den letzten Jahrzehnten. Und für diesen Beitrag der Vertriebenen, auch der Siebenbürger Sachsen, zu dieser großartigen Entwicklung Bayern möchte ich mich heute ganz herzlich bedanken.

Ich möchte mich abschließend bei jenen bedanken, die zum Teil hinter den Kulissen diesen großartigen Heimattag so erfolgreich vorbereitet haben. Herzlichen Dank allen großen und kleinen, allen stillen und verborgenen Helferinnen und Helfer, die dazu beigetragen haben, dass dieser Heimattag wieder so hervorragend abläuft und dass letztendlich dieser Heimattag wieder eine wunderbare Brücke schlägt in die alte Heimat. Liebe Siebenbürger Sachsen, ich wünsche Ihnen, dass Sie sich Ihre Begeisterung und Fröhlichkeit so wunderbar erhalten, dass Sie Ihre Bräuchte und Traditionen weiter so pflegen, dass Sie eine starke Gemeinschaft bleiben und dass es Ihnen auch in Zukunft gelingt, immer wieder eine junge Generation dafür zu begeistern, dieses Erbe zu bewahren und fortzuführen.

Ich wünsche Ihnen von Herzen, dass Sie diesen Heimattag kräftig feiern können, dass Sie gut wieder nach Hause kommen. Ich lade Sie jetzt schon sehr herzlich ein im Namen der bayerischen Staatsregierung und unseres Ministerpräsidenten Seehofer ein, dass Sie auch im nächsten Jahr 2013 mit großer Begeisterung nach Bayern, nach Dinkelsbühl kommen. Alles erdenklich Gute, viel Glück und Gottes Segen, frohe Pfingsten!

Schlagwörter: Heimattag 2012, Bayern, Kulturförderung

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