19. Oktober 2005

14. Volkstanzwettbewerb in Drabenderhöhe

Der Volkstanzwettbewerb der Siebenbürgisch-Sächsischen Jugend in Deutschland (SJD) fand zum ersten Mal in Nordrhein-Westfalen statt. Sowohl Zuschauer als auch Veranstalter waren gleichermaßen begeistert. Zwölf Tanzgruppen aus Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen waren am 15. Oktober angereist, um im voll besetzten Hermann-Oberth-Haus in Drabenderhöhe um den Sieg zu tanzen. Am Ende des 14. Tanzwettbewerbs stand zum 6. Mal die Jugendtanzgruppe Heilbronn ganz oben auf dem Treppchen und konnte den gläsernen Siegerpokal und die zahlreichen Glückwünsche entgegennehmen.
Trotz des strahlenden Herbstwetters, das eher zu einem Spaziergang einlud, hatten sich im Saal über 500 Tänzer und Gäste eingefunden, vor denen ein ereignisreicher Nachmittag lag. Den Auftakt zur Veranstaltung gestaltete die Kindertanzgruppe Drabenderhöhe, die von Christa Brandsch-Böhm geleitet wird. Die jüngsten Tänzerinnen und Tänzer des Tages ernteten für ihre Darbietung viel Applaus und bewiesen eindrucksvoll, dass es talentierten Nachwuchs gibt, der vielleicht schon bald in Konkurrenz zu den erfahreneren Tanzgruppen treten wird.

Die Jugendtanzgruppe Heilbronn hatte am Ende mit den Tänzen ‚Der Seppl‘ und ‚Walzquadrille‘ die Nase vorn. Foto: Günther Melzer
Die Jugendtanzgruppe Heilbronn hatte am Ende mit den Tänzen ‚Der Seppl‘ und ‚Walzquadrille‘ die Nase vorn. Foto: Günther Melzer

Enni Janesch, Vorsitzende der Kreisgruppe Drabenderhöhe und Bundesfrauenreferentin der Landsmannschaft, betonte in ihrem Grußwort die Zusammenarbeit zwischen Einheimischen und Siebenbürgern, die in der größten geschlossenen siebenbürgisch-sächsischen Siedlung in Deutschland, die seit 1966 besteht, sehr ernst genommen wird. Nicht nur siebenbürgische, sondern auch bundesdeutsche Jugendliche seien inzwischen Mitglieder in vielen siebenbürgisch-sächsischen Tanzgruppen und böten somit ein hervorragendes Beispiel für die gelungene Integration. Die Kreisgruppenvorsitzende bedankte sich bei den Nachbarschaften für die Kuchenspenden und stellte schon vor Beginn des Wettbewerbs fest, dass alle teilnehmenden Tanzgruppen wert seien, als Sieger nach Hause zu gehen.

Rainer Lehni, Bundesjugendleiter der Siebenbürgisch-Sächsischen Jugend in Deutschland (SJD), dankte der Kreisgruppe, die Mitveranstalter des Wettbewerbs war, und begrüßte die zahlreichen Ehrengäste, allen voran den Bundesvorsitzenden der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, Dipl.-Ing. Arch. Volker E. Dürr, der mit seiner Gattin die Veranstaltung besuchte. Weitere Gäste waren die Stellvertretende Bürgermeisterin der Stadt Wiehl, Angelika Banek, die ein Grußwort überbrachte, Klaus Brandsch-Böhm vom Jugendamt der Stadt Wiehl, Harald Janesch, der Vorsitzende der Landesgruppe Nordrhein-Westfalen, Fritz Ziegler, Vorsitzender der Kreisgruppe Köln, Franz Both, Vorsitzender der Kreisgruppe Bonn, Waltraud Fleischer, Kultur- und Frauenreferentin der Landesgruppe NRW, und Käthe Lutsch vom Frauenverein Drabenderhöhe. Zwei weitere Gäste hob Lehni besonders hervor: Emma Brandsch-Böhm, die vor 60 Jahren in Berlin die erste siebenbürgische Tanzgruppe in Deutschland gegründet hatte, sowie Dr. Roswitha Guist, die vor 51 Jahren ebenfalls in Berlin eine siebenbürgische Jugendgruppe ins Leben gerufen hatte.

„Ich gehör’ dazu“, das Motto des diesjährigen Wettbewerbs, war Anlass für Volker Dürr, in seinem Grußwort in seine eigene Vergangenheit zurückzublicken, in der dieses Zusammengehörigkeitsgefühl nicht selten Schutz in „einer Zeit, die von äußeren Bedrängnissen geprägt war“, gegeben habe. Sein ausdrücklicher Dank ging an die siebenbürgische Jugend, die zunehmend das „Bild der Heimattage prägt“. Der Bundesvorsitzende forderte Initiativen zur Vernetzung und Übernahme der Arbeit durch die Jugend ein und äußerte die Hoffnung, dass das Ereignis „Wellen zu allen Föderationsmitgliedern in den USA, Kanada, Österreich und nach Siebenbürgen“ schlagen werde. Mit den Worten „Und nun auf zum Tanz“ gab er den Startschuss für den Wettbewerb.

Die Moderatoren Andrea Zybarth und Christoph Schwager von der Bruder- und Schwesternschaft Setterich führten durch die Veranstaltung und konnten dank gewissenhafter Internetrecherche zu jeder teilnehmenden Tanzgruppe Heiteres und Anekdotisches erzählen. Alle Wettbewerber zeigten beeindruckende Leistungen und noch beeindruckendere Trachten, bestätigte Waltraud Fleischer, die als neutrales Jurymitglied die Trachten bewertete. „Ich bin ganz begeistert“, gestand sie schon in der Pause nach dem ersten Teil des Wettbewerbs, und dieser Eindruck änderte sich auch nicht, nachdem sie alle Gruppen gesehen hatte. Bis auf Kleinigkeiten wie etwa eine zu lange Schürze oder nicht ganz akkurat befestigten Kopfschmuck hatte die nordrhein-westfälische Kultur- und Frauenreferentin nichts zu bemängeln. Besonderes Augenmerk hatte sie auf das Schuhwerk gelegt, das oft ein wenig vernachlässigt wird und daher strengen Bewertungskriterien unterliegt, aber auch in diesem Punkt war ihr nur ein einziger Fauxpas aufgefallen.

Das Moderatorenteam bei der Arbeit: Andrea Zybarth und Christoph Schwager. Foto: Günther Melzer
Das Moderatorenteam bei der Arbeit: Andrea Zybarth und Christoph Schwager. Foto: Günther Melzer
Jede Gruppe zeigte zwei Tänze, die reich an Varianten und Figuren waren. „Wolgaster“ und „Reklich Med“, „Bändertanz“ und „Dreffner Ländler“, „Schaulustig“ und „Mühlrad“ waren nur einige der durchweg gelungenen Wettbewerbsbeiträge, bei denen die farbenfrohen und vor allem originalgetreuen Trachten aus allen Teilen Siebenbürgens wirkungsvoll zur Geltung kamen. Reigen wechselte sich mit Paartanz ab, Bänder wurden auf dem Parkett geknüpft, tiefe Blicke gewechselt, mit den Füßen gestampft und mit den Händen geklatscht, so dass sich kaum einer der Zuschauer der mitreißenden Stimmung entziehen konnte. Besonders die Hebefiguren, die viele der zwölf Wettbewerber zeigten, wurden vom Publikum begeistert aufgenommen und mit anhaltendem Applaus, Pfeifen und Johlen bedacht. Die Jury, bestehend aus je einem Mitglied der teilnehmenden Gruppen sowie den neutralen Jurorinnen Waltraud Fleischer, Inge-Erika Knoll, Karin Nägler und Anita Krafft-Daniel, hatte es angesichts der hervorragenden Leistungen und des hohen tänzerischen Niveaus nicht leicht, einen Sieger zu küren.

Am Ende, nach fieberhaftem Auswerten der Jurybögen im eigens für diesen Zweck eingerichteten „mobilen Büro“ hatte die Jugendtanzgruppe Heilbronn mit den Tänzen „Der Seppl“ und „Walzquadrille“ die Nase vorn und konnte nach dem gemeinsamen Aufmarsch aller teilnehmenden Tanzgruppen unter großem Jubel die Trophäe in Empfang nehmen. Auf Platz 2 landete die Tanzgruppe Nürnberg mit dem „Ländler“ und der „Glücksschmiedpolka“, deren Damen übrigens alle „unter der Haube“ tanzten. Den dritten Platz belegte mit den Tänzen „Holsteiner Dreitour“ und „Russenpolka“ die Jugendtanzgruppe Stuttgart, die mit diesem Ergebnis nicht gerechnet hatte und ihre Freude dementsprechend ausgelassen zu Gehör brachte.

Der Siegerehrung, die Ingwelde Juchum, SJD-Kulturreferentin, Rainer Lehni und der Bundesvorsitzende Volker Dürr vornahmen, gingen zahlreiche Danksagungen an die vielen Organisatoren und freiwilligen Helfer voraus. Der Bundesvorsitzende gratulierte allen Teilnehmern des Wettbewerbs und betonte noch einmal das gelungene Motto „Ich gehör’ dazu“. Das Motto war übrigens nicht nur die Devise des diesjährigen Volkstanzwettbewerbs, sondern ist auch der Name der neuen SJD-Kampagne zur Mitgliederwerbung, die Lehni zu Beginn der Veranstaltung kurz vorstellte.

Ingwelde Juchum, die für die Organisation verantwortlich zeichnete und unermüdlich im Einsatz war, zeigte sich zufrieden mit der Veranstaltung, und auch Enni Janesch, als Vorsitzende der Kreisgruppe Drabenderhöhe in diesem Jahr Mitausrichterin, freute sich über die vielen siebenbürgischen und vor allem einheimischen Zuschauer und sagte, der Wettbewerb sei ein Erlebnis gewesen.

Beim traditionellen Herbstball der SJD, der im Anschluss an den Wettbewerb ebenfalls im Hermann-Oberth-Haus stattfand, feierten über 600 Gäste mit der Band „Amazonas-Express“ bis in die frühen Morgenstunden. Die Organisatoren konnten angesichts der ausgelassenen Stimmung und des großen Zuspruchs eine rundum positive Bilanz des Tages ziehen.

Der 15. Volkstanzwettbewerb soll am 28. Oktober 2006 in Möglingen bei Ludwigsburg stattfinden. Es bleibt zu hoffen, dass auch im nächsten Jahr so viele begeisterte Zuschauer dabei sein werden und sich noch mehr Jugendliche für den Volkstanz und die Bewahrung des kulturellen Erbes einsetzen.

Doris Roth


Eine Bilderserie vom Volkstanzwettbewerb in Drabenderhöhe findet ihr auf der Internetseite von Drabenderhöhe.

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