26. November 2001

Entwicklung des Häuserrückgaberechts in Rumänien

Zwei Tage vor Ablauf der - bereits einmal verlängerten - Frist zur Einreichung der Anträge nach dem Häuserrückgabegesetz (14. November 2001) hat die rumänische Regierung die Antragsfrist erneut verlängert. Anträge können nunmehr bis zum 14. Februar 2002 eingereicht werden.
Rechtsanwalt Detlef G. Barthmes, Siebenbürgen- und Wirtschaftsreferent der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen, bietet im Folgenden praktische Tipps zur Antragstellung.

Wie bereits mehrfach in dieser Zeitung berichtet, kann aufgrund des rumänischen Gesetzes Nr. 10/2001 vom 8. Februar 2001 die Rückgabe enteigneter Gebäude, dazugehöriger Grundstücke sowie von Baugrundstücken oder - wenn eine Rückgabe nicht möglich ist - eine Entschädigung für das verlorene Eigentum verlangt werden. Außerdem steht den ehemaligen Inhabern nationalisierter Unternehmen eine Entschädigung für ihre Geschäftsanteile zu. Der folgende Beitrag gibt einen Überblick über die aktuellen Entwicklungen.

Fristen

Die Antragsfrist für alle Anträge aufgrund des Gesetzes 10/2001 endet nunmehr am 14. Februar 2002. Die zum Nachweis der Berechtigung erforderlichen Unterlagen können bis zum 14. Februar 2003 nachgereicht werden. Außerdem wurde die Frist zur gerichtlichen Anfechtung der Verträge, mit denen der Staat die Immobilien an bösgläubige Käufer oder in sonstiger Weise rechtswidrig veräußert hat, ebenfalls bis zum 14. Februar 2003 verlängert. Erzwungene Schenkungen an den Staat können nach wie vor ohne Einhaltung einer bestimmten Frist gerichtlich angefochten werden. In den Fällen einer gerichtlichen Anfechtung ist unabhängig hiervon auch der Antrag bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bis zum 14. Februar 2002 zu stellen.
Ungeachtet dieser verlängerten Fristen müssen Bescheide, mit denen bereits gestellte Anträge von den Behörden abgelehnt wurden, nach wie vor innerhalb von 30 Tagen gerichtlich angefochten werden.

Rückgabe oder Entschädigung?

Die meisten bisher gestellten Anträge sind auf Rückgabe gerichtet. Dies entspricht zwar nicht der Tatsache, dass der überwiegende Teil der Immobilien vom Staat bereits verkauft wurden. Wenn der Antragsteller diesbezüglich aber nicht sicher ist oder wenn er Anhaltspunkte dafür hat, dass die Immobilie unrechtmäßig bzw. an einen bösgläubigen Verkäufer verkauft wurde, ist es sinnvoll, zunächst einen Rückgabeantrag zu stellen, da dieser nachträglich gegebenenfalls immer noch in einen Entschädigungsantrag umgewandelt werden kann.
Bei Immobilien, die Wohnzwecken dienen, kann - wenn eine Rückgabe nicht möglich ist - eine Geldentschädigung verlangt werden. Ansonsten sieht das Gesetz vor, dass die zuständige Stelle ein Angebot für eine Entschädigung in sonstiger Form (anderweitige Immobilien, Güter oder Wertpapiere) unterbreitet. Nach der sich bisher abzeichnenden Praxis ist nicht zu erwarten, dass solche Entschädigungsformen bei Gebäuden und Gebäudegrundstücken von den Behörden in befriedigender Form angeboten werden können (etwas anderes gilt bei nationalisierten Unternehmen). Möchte man diesbezügliche aufwändige Prozesse vermeiden, kann es daher bei Wohnimmobilien sinnvoll sein, einen Geldentschädigungsantrag bei der zuständigen Präfektur zu stellen, sobald feststeht, dass eine Rückgabe ausgeschlossen ist. Die Höhe der Geldentschädigung wird allerdings erst aufgrund eines neuen Gesetzes festgesetzt werden, das ein Jahr nach Ende der Antragsfrist erlassen werden soll.

Staatsangehörigkeit

Obwohl das Gesetz 10/2001 die rumänische Staatsangehörigkeit der Antragsteller nicht voraussetzt, ist allgemein anerkannt, dass die zuständige Verwaltungsbehörde einem Antragsteller ohne rumänische Staatsangehörigkeit aus verfassungsrechtlichen Gründen das Eigentum nur an Gebäuden, nicht aber an dazugehörigen Grundstücken zusprechen kann. Auch wenn die Rückgabe des Hauses an einen solchen Antragsteller möglich ist, würde er am dazugehörigen Grundstück daher zunächst lediglich ein Nutzungsrecht erhalten. Wer seinerzeit aber unter Verstoß gegen die zum Zeitpunkt der Enteignung gegebene Rechtslage (einschließlich der damaligen verfassungs- und völkerrechtlichen Normen) enteignet wurde, hat eine gute Chance, auch ohne die rumänische Staatsangehörigkeit im Prozesswege wieder als Eigentümer auch des Grundstückes im Grundbuch eingetragen zu werden, da er in einem solchen Fall von Rechts wegen sein Eigentum niemals verloren hätte. Die diesbezüglichen Rechtsfragen sind jedoch noch nicht höchstrichterlich geklärt.

Unwirksame Veräußerungen

Wenn feststeht, dass der Staat die Immobilie bereits verkauft hat, stellt sich die Frage, ob dieser Kaufvertrag rückgängig gemacht werden kann. Dies ist möglich, wenn die Veräußerung gegen gesetzliche Bestimmungen verstieß oder wenn der Erwerber bösgläubig war. Da die meisten Immobilien aufgrund des Gesetzes 112/1995 veräußert wurden, treten auch die meisten Fälle eines unwirksamen Verkaufs im Zusammenhang mit einer unkorrekten Anwendung des Gesetzes 112/1995 auf. So gibt es Fälle, in denen Wohnungen zu Unrecht an Personen verkauft wurden, die erst nach Inkrafttreten des Gesetzes 112/1995 Mieter geworden sind. In diesen und in einer Reihe anderer Fälle wäre eine gerichtliche Anfechtung erfolgversprechend.
Gerichtlich noch nicht geklärt ist, in welchen Fällen ein Käufer bösgläubig war. Mittlerweile werden die ersten Fälle vor Gericht gebracht, in denen die Mieter enteigneter Wohnimmobilien nach Inkrafttreten des Gesetzes 112/1995 von den früheren Eigentümern schriftlich auf ihren diesbezüglichen Anspruch hingewiesen wurden. Ob entsprechende Klagen erfolgreich sein werden, ist zurzeit noch nicht absehbar.

Frühere Entschädigungen

Sofern die Antragsteller im Zuge der Enteignung eine Entschädigung erhalten haben, ist diese im Falle einer Rückgabe zurückzuzahlen und im Falle einer Entschädigung nach dem aktuellen Gesetz auf den Entschädigungsbetrag anzurechnen. Dabei ist der Wert der Entschädigung zu aktualisieren. Hat der Berechtigte z. B. 1980 vom rumänischen Staat eine Entschädigung in Höhe von 40 000 Lei erhalten, so ist heute ein Betrag von ca. 5 000 DM zurückzuzahlen/anzurechnen.
Es kommt vor, dass rumänische Behörden eine Erklärung deutscher Antragsteller über eine in Deutschland erhaltene Entschädigung verlangen. Bei dem in Deutschland empfangenen Lastenausgleich handelt es sich jedoch nicht um eine Entschädigung im Sinne des Gesetzes 10/2001. Zahlungen, die nicht vom rumänischen Staat geleistet wurden, könnten nach Artikel 5 dieses Gesetzes nur dann eine Rolle spielen, wenn es ein diesbezügliches zwischenstaatliches Abkommen gegeben hätte, was zwischen Rumänien und Deutschland jedoch nicht der Fall war. Die korrekte Antwort auf eine solche Anfrage einer rumänischen Behörde würde daher in jedem Fall lauten, dass der Antragsteller eine Entschädigung im Sinne des Gesetzes 10/2001 in Deutschland nicht erhalten hat.
Unabhängig hiervon ist die Frage zu beantworten, ob diejenigen, die ihre Ansprüche in Rumänien durchsetzen, den Lastenausgleich gegenüber der deutschen öffentlichen Hand zurückzuzahlen haben: Grundsätzlich ist der Lastenausgleich zurückzuzahlen, soweit ein Schadensausgleich in Rumänien erfolgt.

Verfahren

Es zeichnet sich ab, dass die Behörden die Verfahren überwiegend nicht kurzfristig abschließen können. Die bisherige Erfahrung zeigt allerdings, dass die meisten Verfahren gewissenhaft bearbeitet werden. In einigen Fällen ist es bereits zu positiven Entscheidungen über die Rückgabe gekommen. Aufgrund eines Beschlusses der Regierung soll in Bukarest eine neue Behörde eingerichtet werden, die die Einheitlichkeit der Anwendung des Gesetzes 10/2001 sicherstellen soll. Es ist noch nicht absehbar, ob diese verwaltungsorganisatorische Änderung eine bessere Transparenz oder eine Verzögerung der Restitutionsverfahren bewirken wird. Die bisherigen Erfahrungen mit den Restitutionsverfahren sind jedenfalls ermutigend.

Detlef G. Barthmes



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Weitere Artikel zum Thema Häuserrückgabe in der Siebenbürgischen Zeitung:

Das neue Häuserrückgabegesetz - Kommentar und praktische Tipps von Michael Miess, Folge 5 vom 30. März 2001, Seite 4

Fragen und Antworten zum neuen rumänischen Restitutionsgesetz (Teil I) von Detlef G. Barthmes, Folge 6 vom 15. April 2001, Seite 7

Fragen und Antworten zum neuen rumänischen Restitutionsgesetz (Teil II) von Detlef G. Barthmes, Folge 8 vom 15. Mai, Seite 11

Fragen und Antworten zum neuen rumänischen Restitutionsgesetz (Teil III) von Detlef G. Barthmes, Folge 10 vom 20. Juni, Seite 15

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