6. Juli 2008

Paul Milata referierte im Zeidner Gesprächskreis

Am 26. April fand auf Einladung der Organi­satoren der elfte Zeidner Ortsgeschichtliche Gesprächskreis (ZOG) im Haus des Deutschen Ostens in München statt. Der Einladung waren rund 50 Teilnehmer gefolgt.
Nach einer kurzen Einführung in die Tages­ordnung durch den stellvertretenden ZOG-Leiter Helmuth Mieskes nahm Hans Unberath mit seinem Vortrag „Aus meiner Erfahrung als Schul­leiter in Zeiden“ die Möglichkeit wahr, die bisher in der Öffentlichkeit unbekannten Mechanismen des Zeidner Schullebens der 60er und 70er Jahre vorzustellen, seine Hartnäckigkeit Dinge durchzusetzen, von denen er überzeugt war, dass sie richtig sind, und seine nicht gerade einfachen Aufgaben als stellvertretender Di­rektor zu erläutern sowie seine persönlichen Erfah­run­gen an Beispielen aus dem Schulalltag darzulegen.

Helmuth Mieskes, stellvertretender Leiter des ...
Helmuth Mieskes, stellvertretender Leiter des Zeidner Ortsgeschichtlichen Gesprächskreises (ZOG), führte in die Tagesordnung ein. Foto: Udo Buhn
Der zweite Teil des Vormittagsprogramms war dem Zeidner Theaterleben gewidmet. Franz Buhn, der Verfasser seiner bereits 2003 in Lud­wigsburg vorgestellten Dokumentation „100 Jah­re Laientheater in Zeiden“, ging in seinen Vorbe­merkungen zur eigentlichen Buchvorstel­lung auf die Beweggründe der Überarbeitung ein und verwies dabei auf die Entwicklung, die das neue Buch „Das Laientheater in Zeiden“ in den letzten drei Jahren mitgemacht hat. Er bedankte sich bei allen, die dazu beigetragen haben, dass dieses Buch als Heft 14 im Dezember 2007 in der Schrif­tenreihe „Zeidner Denkwürdig­kei­ten“ erscheinen konnte. Namentlich erwähnte er Balduin Herter, Ernst von Kraus, Katharina Unberath, Rita Sieg­mund, Renate Kaiser, Man­fred Christel und Car­men Kraus, die für das Layout dieser Neuer­schei­nung verantwortlich war.

Als Kennerin des deutschen Theaters war Ka­tharina Unberath über die Neuerscheinung begeistert. Und so fiel es ihr bei der Buch­prä­sen­ta­tion sehr leicht, die Zuhörer in ihren Bann zu zie­­hen und sie mit diversen Thea­terauf­führun­gen vergangener Zeiten direkt zu konfrontieren. Dabei wies sie auf eindrucksvolle Schaffens­perio­den im Zeidner Theaterleben hin und hob unvergessliche Bühnendarsteller/-innen und unermüdliche Theaterleiter/-innen (u.a. Dr. Hans Jakob Kolf und Hildegard Wagner) hervor. Frau Unberath attestierte Franz Buhn eine hervorragende Arbeit, lobte sein akribisches Re­cher­chie­ren und seine Mühe zum Detail. Besondere Aner­ken­nung zollte sie Carmen Kraus für die wohl überlegte Gliederung und die ansprechende Auf­machung des Theaterbuches, das in der Sieben­bür­gischen Zeitung vom 30. April 2008, auf der Homepage der Zeidner Nach­barschaft unter www.zeiden.de und im Zei­dner Gruß, Ausgabe 104, 2008, rezensiert wur­de.

Dr. Paul Milata während seines Vortrages in ...
Dr. Paul Milata während seines Vortrages in München. Foto: Udo Buhn
Am Nachmittag begrüßte Helmuth Mieskes den Historiker Dr. Paul Milata aus Berlin, der spätestens seit der Veröffentlichung seines Bu­ches „Unter Hitler, Stalin und Antonescu – Ru­mä­niendeutsche in der Waffen-SS“ die an Ge­schichte interessierte siebenbürgisch-sächsische Öffentlichkeit auf sich aufmerksam gemacht hat­te. Milata eröffnete seinen Vortrag „Die Eintritts­motivation der Rumäniendeutschen in die Waf­fen-SS“ mit einem geschichtlichen Vor­spann zur Neuzeit-Geschichte Rumäniens, der besonders die zwanziger und dreißiger Jahre und die Ent­wicklung der politischen Strö­mungen in Rumä­ni­en umschloss. Danach ging er auf die Argumente ein, die seiner Meinung nach 1943 den Aus­schlag für einen freiwilligen Eintritt der Rumä­ni­en­deutschen in die Waffen-SS gegeben haben. Seiner These, dass der freiwillige Eintritt nicht nur als Unterstützung NS-Deutschlands – trotz oder wegen Hitlers – gewertet werden kann, füg­te er weitere einleuchtende Argumen­te, die auf neuere Forschungsergebnisse basieren, an. Als wichtigste nannte er den Natio­nalismus des Hei­matstaates Rumänien, die Ablehnung des sowje­ti­schen Systems stalinistischer Prägung (Bol­sche­wismus), die hohe ideologische (nationalsozialistische) Überzeugung, die Freundschaft zum Deutschen Reich, den Wunsch vieler junger Leu­te, an etwas Größerem teilzunehmen, und den gesellschaftlichen Druck, der auf den Schultern der jungen Männer lastete. Besonders diesen Druck stellte Milata als wichtigen und nicht zu unterschätzenden psychologischen Aspekt heraus.
Zahlreiche an der Geschichte Siebenbürgens ...
Zahlreiche an der Geschichte Siebenbürgens Interessierte nahmen am elften Zeidner Ortsgeschichtlichen Gesprächskreis in München teil. Foto: Udo Buhn
Zudem behandelte Milata die Gegenargu­men­te, die damals gegen einen Eintritt in die Waffen-SS gesprochen haben. Hierbei kam besonders nach 1943 der Familie und den familiären Ver­hältnissen eine besondere Bedeutung zu. Bei­spie­le Milatas machten deutlich, wie die vorhandene NS-Sympathie bei den Volksdeutschen in Rumänien sich im Verlauf des Zweiten Welt­krieges entwickelte, ja gar steigerte und welche Auswirkungen diese auf die Eintrittsmotivation der „Freiwilligen“ hatte. Schließlich verwies Mi­la­ta auf seine jüngste Auswertung einer Ge­schichts-Datenbank, die unter 8000 Gefallenen auch 43 Angaben zu Zeidner SS-Soldaten enthält, und versprach, diese Datensätze weiter zu bearbeiten und jene mit Bezug zu Zeiden dem Gesprächskreis zur Verfügung zu stellen.
Udo Buhn, Nachbarvater der Zeidner Nachbarschaft ...
Udo Buhn, Nachbarvater der Zeidner Nachbarschaft (rechts), im Gespräch mit dem Ehepaar Dr. Claus und Brigitte Stephani.
Unter dem Tagesordnungspunkt „Zeidner Denk­würdigkeiten“ wurden die diversen Vor­haben, an denen mit unterschiedlichem Erfolg gearbeitet wird (u.a. Zeidner Waldbad), vorgestellt. Bis zum Zeidner Nachbarschaftstreffen 2009 sollen zwei weitere Bücher in der Schrif­tenreihe erscheinen, und zwar der erste Band der „Zeidner Persönlichkeiten“ und die zweisprachige Kurzchronik „Zeiden/Codlea“ von Rai­ner Lehni und Georg Aescht. Mit der neuen Dokumentation „Die Konfirmation in Zeiden im Wandel der Zeit“ beabsichtigt Helmuth Mieskes, erstmals ein Stück Kirchengeschichte in Bild und Text aufzuarbeiten. Die Dokumentation soll durch eine Bilderausstellung beim Zeidner Tref­fen 2009 in Friedrichroda erleichtert werden. Ehrgeizigstes Vorhaben des Zeidner Orts­ge­schichtlichen Gesprächskreises ist das „Lexi­kon Zeiden“. Carmen Kraus hat sich bereit erklärt, dieses mehrjährige Vorhaben zu koordinieren.

Helmuth Mieskes

Schlagwörter: Vergangenheitsbewältigung, Nationalsozialismus, Zeitgeschichte, Burzenland, Zeiden

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