2. Februar 2022

Aktiv bis ins hohe Alter: Zum Tode von Katharina Gaadt

Bei einer berührenden Trauerfeier am 14. Januar in der Trauerhalle von Nordheim verabschiedeten sich Familie, Freunde und Trauergäste von Katharina Gaadt, die im gesegneten Alter von knapp 95 Jahren verstorben ist. In seiner Trauerrede bezeichnete Pfarrer i.R. Horst-Werner Neth Frau Gaadt als starke Frau mit einem starken Herzen, die immer für andere da gewesen sei. Sie habe in zwei Welten gelebt, in der ihrer siebenbürgischen Gemeinschaft, aber auch in der ihrer neuen Heimat, wo sie sich zu Hause gefühlt und mit viel Liebe und großem Engagement eingebracht habe.
Katharina Gaadt (1927-2022) ...
Katharina Gaadt (1927-2022)
Im Namen der Steiner Nachbarschaft drückte Enni Janesch als Vorstandsmitglied und gleichzeitig als Nichte der Verstorbenen im Namen der großen Familie ihre tief empfundene Anteilnahme aus. Auch die Vorsitzende der Kreisgruppe Heilbronn des Verbandes der Siebenbürger Sachsen, Ines Wenzel, hatte sie gebeten, der Familie den Dank und aufrichtiges Beileid zum Tode des verstorbenen Mitgliedes auszusprechen.

Mit persönlichen Worten verabschiedete sich Tochter Carmen Gaadt: „Ein heller Stern hat die Seite gewechselt. Meine Mutter war ihr ganzes Leben lang aktiv und in Bewegung und hat unermüdlich Kontakte gehalten. Sie hat Tausende von Menschen berührt. Das wichtigste Ziel im Leben war Geben. Ihr Lebensmotto ,Größer als das Schickaal selbst ist der Mut, der es willig trägt‘ hat ihr geholfen, viele schwere Schicksalswendungen hinzunehmen. Zum Schluss hat ihre Seele die Schmerzen und die Qual, nicht mehr die zu sein, die sie sein wollte, nicht mehr ertragen Ein starker Mensch hat – endlich – loslassen gelernt. Ein großes Herz schlägt nun in der Ewigkeit.“

Umrahmt wurden die Trauerreden von Chorälen und Liedern, die Katharina Gaadt selbst ausgesucht hatte. Zum Schluss spielte draußen eine kleine Gruppe von Musikern des Karpatenorchesters Heilbronn unter der Leitung des Dirigenten Helmut Haner die Melodie des Liedes „Wenn Du noch eine Mutter hast“. Anschließend begleiteten die Bläser die Beisetzung der Urne in die Urnenwand mit Trauermusik. In Stein in Siebenbürgen läuteten zur gleichen Zeit als Zeichen der Verbundenheit die Heimatglocken.

Katharina Gaadt, geborene Kellner, auch Treny und Tuschi genannt, wurde am 2. Februar 1927 in Stein geboren. Nach einer glücklichen Kindheit bekam sie wie alle siebenbürgisch-sächsischen Familien die Folgen der Kriegs- und Nachkriegszeit zu spüren. Der frühe Tod des Vaters 1943 im Alter von nur 52 Jahren, beide Brüder im Krieg, die Schwägerin zur Schwerstarbeit nach Russland verschleppt, die Enteignung und Vertreibung vom Hof waren Schicksalsschläge, die ihr Leben veränderten. Auf dem großen Bauernhof mit Wohn- und Geschäftshaus lebten nun das junge Mädchen mit der Mutter, der alte kranke Großvater und die vierjährige Nichte. Es waren harte Jahre für alle, geprägt von materieller Not und Zukunftssorgen. Trotzdem schaffte Treny es, das Lehrerseminar in Schäßburg zu besuchen und eine Anstellung als Lehrerin in Felmern zu erhalten. Nach Genesung von einer schweren Krankheit kam sie als Lehrerin nach Heltau und studierte neben ihrem Beruf im Fernstudium die Fächer Mathematik und Physik, die sie dann am Gymnasium unterrichtete.

In Heltau lernte sie ihren Mann Karl Gaadt kennen. Sie heirateten 1958, der jungen Familie wurden zwei Kinder, Harald und Carmen, geboren. Heltau wurde ihnen zur Heimat trotz Schikanen durch das kommunistische System. Sie erlebten auch glückliche Zeiten im eigenen Haus mit einem großen Freundeskreis sowie in der sächsischen Gemeinschaft und bei Wanderungen in den nahegelegenen Bergen.

Doch eine schwere Krankheit machte eine Ausreise unumgänglich. 1973 siedelte die Familie nach dem Tod der geliebten Mutter, die sie bis zuletzt gepflegt hatte, nach Deutschland aus. Wieder musste Familie Gaadt neu anfangen. Mit ihrer positiven Einstellung und mit Durchhaltevermögen gelang es ihnen, eine neue Heimat zu finden. In Nordheim erwarben sie für die Familie ein Haus in der Frankenstraße 7, das mit den vielen Blumen und dem großen Rosenbogen am Eingang immer offen war für die alten und auch für neue Freunde. Vielen, die Hilfe brauchten, wurde großzügig geholfen. Für die Mitglieder der Großfamilie wurde das gastfreundliche Haus zum Treffpunkt. Sie waren dort immer herzlich willkommen. Das bis ins hohe Alter aktive Ehepaar Gaadt ließ sich nicht unterkriegen.

Geprägt vom Gemeinschaftsleben in ihrer alten Heimat, setzte sich Katharina Gaadt nach ihrer Aussiedlung für die Gemeinschaft der Siebenbürger Sachsen ein und übernahm Aufgaben in verschiedenen Vorständen. So war sie 14 Jahre im Vorstand der Kreisgruppe Heilbronn der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen tätig. Zahlreiche Berichte im Nachrichtenblatt der Kreisgruppe „Gehört-Gesehen“ und in der Siebenbürgischen Zeitung stammen aus ihrer Feder. 1992 wurde sie mit dem Silbernen Ehrenwappen der Landsmannschaft ausgezeichnet. Sowohl im BdV als auch in der Diakonie hat Katharina Gaadt aktiv mitgewirkt und viele Veranstaltungen am Gaffenberg mitgestaltet.

Mit ihrem Geburtsort Stein ist sie ein Leben lang verbunden geblieben und hat mit den von dort stammenden Menschen Kontakte gepflegt. Von den Steinern wurde sie als geachtete Persönlichkeit geschätzt. Der Zusammenhalt der Steiner in Deutschland war ihr von Anfang an ein besonderes Anliegen. An der Gründung der Steiner Nachbarschaft 1988 war sie maßgeblich beteiligt und bestimmte im Komitee der Nachbarschaft als Kulturreferentin viele Jahre das Geschehen mit. Das Heimatbuch „Stein in Siebenbürgen“ wäre ohne ihren unermüdlichen Einsatz nicht zu Stande gekommen. Beim Nachrichtenblatt der Nachbarschaft, dem Steiner Gruß, gehörte sie von Anfang an bis 2003 zur Redaktion. Nachher hat sie fast für jede Ausgabe Artikel und Gedichte geschrieben. Für ihren jahrzehntelangen erfolgreichen Einsatz in der Steiner Nachbarschaft wurde sie beim Steiner Treffen 2018 in Heilbronn von Ilse Welther, der Vorsitzenden des Verbandes der Siebenbürgisch-Sächsischen Heimatortsgemeinschaften, mit der Ehrennadel in Gold ausgezeichnet.

Seit ihrer Jugend hat Treny gern gedichtet, geschrieben und Reden zu allen sich bietenden Anlässen gehalten. 1998 gab sie einen Gedichtband „Wege meines Lebens“ im Eigenverlag heraus, im Dezember 2006 folgte die Familienchronik „Wie Strandsteine am Meer“. Es ist ein mehrere hundert Seiten dickes Familienbuch der weit verzweigten Organisten-Familie Kellner aus Stein und der Familie Gaadt aus Heltau. Stein – Heltau – Nordheim, die wichtigsten Stationen und gleichzeitig auch Heimat im Leben der Autorin und vieler Menschen, die sie auf ihrem Lebensweg begleitet haben.

Nun ist Treny Gaadt nach einem langen, von schwerer Krankheit geprägten und doch erfüllten Leben am 2. Januar 2022 zu Hause gestorben. Bis zum Ende wurde sie von ihren Lieben betreut. Liebe Treny, wir verabschieden uns in Dankbarkeit und Liebe von dir und verneigen uns vor deiner Willens- und Schaffenskraft. Unser Herrgott möge dich gnädig in seinem Reich aufnehmen und schenke dir den ewigen Frieden. Wir werden uns immer gern an dich erinnern!

Enni Janesch

Schlagwörter: Nachruf, Verbandsleben, Stein, Lehrerin

Bewerten:

16 Bewertungen: ++

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.