10. Dezember 2007

Adolf Oberth - herausragender Forscher und Erfinder

Kürzlich ist bei Sacramento in Kalifornien der aus Siebenbürgen stammende Forscher und Er­finder auf dem Gebiet der raketenbezogenen Treibstoffchemie, Dr. Adolf Eduard Oberth, jüngster Sohn des Raumfahrt- und Raketenpioniers Hermann Oberth, im Alter von 78 Jahren verstorben. Er lebte seit 1957 in den Vereinigten Staaten von Amerika, wohin er seinem berühmten Vater gefolgt war, und die dann zu seiner neuen Heimat werden sollten.
Dr. Adolf E. Oberth wurde am 29. Dezember 1928 im siebenbürgischen Mediasch geboren. Er war das vierte (und letzte) Kind des Raum­fahrtpioniers, der sein Hauptwerk „Wege zur Raumschiffahrt“ abgeschlossen hatte. Der Vater weilte gerade in Berlin, wo gerade der welterste Raumfahrtfilm „Frau im Mond“ unter seiner Mitwirkung gedreht wurde. Noch war Adolf kaum zehn Jahre alt, als die Familie 1938 nach Wien und 1940 dann nach Dresden umzog, wo der Vater eine Forschungsprofessur angenommen hatte. Als die Familie 1943 in Feucht bei Nürnberg ein eigenes Anwesen erwarb, zogen Mutter mit Schwester Erna in die mittelfränkische Marktgemeinde um, die zum festen Wohn­sitz der Familie wurde. Nach dem Krieg, den sein Bruder Julius und die Schwester Ilse nicht überlebten, kam auch Adolf nach Feucht, von wo aus er sein Abitur machte.
Dr. Adolf E. Oberth mit dem berühmten Vater ...
Dr. Adolf E. Oberth mit dem berühmten Vater (Hermann Oberth) bei einem der üblichen Fachgespräche. Foto: Vorabdruck aus der neuen Biografie „Hermann Oberth. Der wirkliche Vater der Weltraumfahrt“ von Hans Barth, die Januar 2008 im VDI Verlag erscheint.
Anschließend stu­dierte Adolf Oberth an der Universität Regensburg und promovierte an der Technischen Universität München zum Doktor der chemischen Wissen­schaften. An dieser angesehenen Hochschule fand er gleich auch seine erste Einstellung als Assistent. Die Arbeit bereitete ihm zwar sehr viel Spaß, wurde aber schlecht bezahlt. Das machte seine Entscheidung leichter, dem Vater nach Italien zu folgen, wo dieser in den Jahren 1950-53 an der Entwicklung einer Feststoffra­kete für die italienische Marine arbeitete, und dabei gerade die Hilfe eines sachkundigen Che­mi­kers benötigte.

Der aus München nach La Spezia herbeigeholte frischgebackene Doktor der Chemie er­wies sich auf Anhieb als der rechte Mann zur rechten Zeit am rechten Ort: Dr. Adolf Oberth was es nämlich, der eine originelle Methode ersann, das Treibstoffgemisch derart in Formen zu gießen, dass dabei keine raumverschwendenden und explosionsgefährlichen Luftblasen entstanden, eine technische Schwierigkeit, we­gen der man monatelang auf der Stelle getreten war. Die berufliche Konsequenz davon: die ra­ke­ten­bezogene Treibstoffchemie wurde zu seinem Spezialfach, in dem er sich in den folgenden Jahren durch herausragende Erfindungen und Veröffentlichungen hervortun sollte. Dies aber nicht mehr in Europa, sondern in den USA, wohin er 1957 seinen Eltern mit Frau und Kin­dern gefolgt war. Adolf hatte nämlich bereits 1952 die in Feucht lebende Zahntechnikerin Helga Mattejat geheiratet. Aus dieser Ehe stammen seine drei Kinder: Michael, Eva und Christine, die ihrerseits ihren Eltern dann insgesamt sieben Enkelkinder schenken sollten.

Während der berühmte Vater Hermann Oberth 1955 von Wernher von Braun nach Hunts­ville, Alabama, geholt worden war, versuchte der zwei Jahre später in die USA nachkommende Sohn, Dr. Adolf E. Oberth, es bei der einschlägigen Privatindustrie. Auf diese Art und Weise gelangte er 1960 nach Sacramento, in die Hauptstadt Kaliforniens, zur Firma Aerojet, die als Großlieferant von Raketentreibstoffen weltweit bekannt war. In der Forschungs- und Entwicklungsabteilung dieses Chemieriesen arbeitete Dr. Oberth praktisch bis zu seinem Lebensende, denn selbst nach seiner Berentung und Erkrankung blieb er der Firma als begleitender Berater und Gutachter noch über viele Jahre hinweg treu.

Aus dieser Zeit bei Aerojet stammen denn auch seine wissenschaftlichen und erfinderischen Leistungen auf dem Gebiet der Treib­stoffchemie, einem Kernbereich der modernen Raketentechnik. Dazu zählen über 30 Fach­veröffentlichungen, darunter vor allem sein 1986 erschienenes Buch „Principles of Solid Propelland Development“, ein bis heute benutztes Standardwerk für Feststofftantriebe in der Raketentechnik, sowie insgesamt 30 Patente über Treibstoffkombinationen und Treibstoff­bindemittel für leistungsstarke Feststoffra­ke­ten. Für seine Pionierleistungen in der Ent­wick­lung von Bindungsstoffen für feste Raketen­an­triebsmittel wurde er 1985 mit dem Wyld Pro­pulsion Award ausgezeichnet, dem höchsten Preis, den das American Institute of Aeronau­tics and Astronautics in diesem Fachbereich zu vergeben hat.

Sofern sein Beruf und die Familie noch Frei­zeit zuließen, verbrachte Dr. Adolf Oberth diese meistens mit Sport an der frischen Luft. An Wo­chenenden unternahm er unzählige Berg­wan­derungen, Skiausflüge, Fahrradtouren, Wild­was­serfahrten und Tiefseetauchungen. Den Kindern war er ein hilsbereiter und liebevoller Vater. In seinem Wesen und Aussehen ähnelte er dem Vater von allen Geschwistern wohl am eindeutigsten. Von tragischen Einschnitten blieb die Familie dennoch nicht verschont: 1990 starb seine Frau Helga nach langem Leiden an einer heimtückischen Krankheit, und nur kurze Zeit darauf erlitt die Tochter Eva einen tödlichen Verkehrsunfall; sie war eine angesehene Hochschullehrerin und hinterließ drei unmündige Kinder. Wie tief dieser Schmerz saß, zeigt nicht zuletzt auch die Tatsache, dass Dr. Adolf Oberth darauf ganze elf Jahre lang unverheiratet blieb. Erst als er auf einer Flugreise die kürzlich aus Russland ausgewanderte Valentina Krymova kennen lernte, heiratete er 2001 die hilfsbedürftige und alleinstehende Frau, die ihn bis zu seinem Tod begleiten sollte.

Dr. Adolf E. Oberth hat seine alte Heimat Sie­benbürgen nie wieder besucht. In den siebziger Jahren (des vorigen Jahrhunderts), als die Eltern und vor allem seine Schwester Erna mit ihrem Mann Josef Roth Rumänien öfters be­suchten, durfte er (als Geheimnisträger) das nicht, danach gab es lange Zeit keinen Anlass dazu, und als sich nach der Wende die schönen Veranstaltungen zu Ehren seines Vaters in Klausenburg, Mediasch und Hermannstadt ergaben, hatte sich seiner bereits die heimtückische Krankheit (Prostata-Krebs) bemächtigt, gegen die er tapfer und geduldig noch vier Jahre lang vergebens ankämpfe.

Dr. Oberth starb am 24. Oktober 2007, die Trauerfeier fand am 4. November in der Woh­nung seiner Tochter Christine in Fair Oaks bei Sacramento statt, seine Asche wurde über die Weiten Kaliforniens verstreut. Über Gesund­heitsfragen hatte Adolf eine ganz eigene Mei­nung. Wie uns sein Sohn Michael, der Agro­nomie studierte und heute in Kalifornien eine Farm betreibt, berichtet, wollte sein Vater die Kontrolle über seine eigene Gesundheit „auf keinen Fall einem Gesundheitssystem überlassen, das er intellektuell und moralisch für korrupt fand. Am Ende hatte er die Genugtuung, dass er starb, wie er es sich ausbedungen hat­te“, berichtet Sohn Michael.

In dem Nachruf, den Dr. Oberths Fachkol­legen und Freunde veröffentlichten, steht der viel besagende Schlusssatz nachzulesen: „Alle, die ihn kannten, werden seinen Humor, seine Rechtschaffenheit, Intelligenz und Güte schmerz­lich vermissen.“

Hans Barth

Schlagwörter: Nachruf, Oberth, Technik

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