29. September 2010

Götz Teutsch gelingt „Cello-Apotheose“

Als nachhaltig ergreifendes Ereignis erwies sich der literarisch-musikalische Vortrag „Die Welt um Bach“, den der bekannte Cellist Götz Teutsch am 24. September im Bamberger Studio 13 im Rahmen der Vortragsreihe „Siebenbürgen/r im Blickpunkt“ hielt. In einer genialen Symbiose aus literarischer Dichtung und Musik gelang es dem 1941 in Hermannstadt geborenen ehemaligen Solocellisten der Berliner Philharmoniker, ein dialogisches Verhältnis zwischen barocker Lyrik und Bachscher Musik aufzuzeigen.
Wenn die Initiatorin dieser Vortragsreihe, Dagmar Zink, nach einer kurzen Vorstellung des Protagonisten das Barock als ein in allen Lebensbereichen von Vergänglichkeitsbewusstsein geprägtes Zeitalter kennzeichnete, so bestätigte sich dies auch in dem von Teutsch gelesenen Gedicht von Gabriel Voigtländer (1642), dessen letzte Strophe mit den Versen endet: „Lasset durch die Ohren dringen/ Meiner Muse schlichte Sachen,/ Kann sie nichts verdienstlich machen,/ So erfreut sich doch die Gnad',/ Daß man sie gehöret hat“. Hierauf brachte Götz Teutsch in eindrucksvoll ausgeloteter Tongebung die Klangwelt des Prélude, der Allemande und Courante aus der Solo-Suite Nr.1 in G-Dur von J. S. Bach zu Gehör. Dass der Cellist die Zuhörer gleich vom ersten Ton an in seinen Bann zog, ist seiner überragenden Künstlerpersönlichkeit und seinem geistig-emotionalen Einfühlungsvermögen in den Bachschen Schöpfergeist zuzuschreiben.
Literarisch-musikalischer Vortrag in Bamberg: ...
Literarisch-musikalischer Vortrag in Bamberg: Götz Teutsch am Cello. Foto: Fritz-Gert Weinrich
Teutschs Aussagekraft verdichtete sich in musikalischer Substanz. So etwa nach dem Gedicht „Die kleine Fliege“ von Barthold Heinrich Brockes (1680-1747), als sich dem Zuhörer in der Sarabande, dem Menuett I und II und der Gigue ein schillernder Mikrokosmos eröffnet, worin Musik nicht nur Ausdruck von Gefühlen ist, vielmehr das metaphysische Wesen der Welt und des Menschen erklingt. Nach dem „Lied der Freude“ von Simon Dach (1605-1659) und dem Gedicht „Das Leben des Menschen“ von Georg Philipp Harsdörffer (1607-1658) erklang die Suite Nr. 2 in D-Moll mit den sechs Tänzen Prélude, Allemande, Courante, Sarabande, Menuett I und II, Gigue.

Im Besitz eines stupenden technischen Rüstzeugs, einer hochgradigen musikalischen Intelligenz und Sensibilität, einer bis ins letzte Detail ausgereiften selbstkritischen Stilintuition, ist der Vollblutmusiker Götz Teutsch stets bestrebt, dem Werk zu dienen. In engster Zwiesprache mit seinem herrlichen, mit Darmseiten bespannten Instrument entstand so im Bamberger „Studio 13“ eine tönende Wirklichkeit, deren Musik als kreative, das Publikum einbeziehende Kommunikation sich zu einer faszinierenden „Cello-Apotheose“ verdichtete.

Den zweiten Teil des Abends leitete Teutsch ein mit dem Prélude der Suite Nr.3 in C-Dur, dessen zutiefst emotional geprägte Phrasierung die Zuhörer mitriss. Er las dann das lebens- und lustbejahende Gedicht von Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau (1617-1679): „Was ist die Welt/ und ihr berühmtes glänzen?“, von Martin Opitz (1597-1639) das fatalistische „Ei, so hab' ich edlen Wein,/ Will mit anderen lustig sein,/ Muß ich gleich alleine sterben.“, von Abraham a Santa Clara (1644-1709) das Gedicht „Die schlimmen Eheleut“. Kombiniert mit atemberaubenden Interpretationen der Allemande, Courante und Gigue der C-Dur-Suite las Teutsch von Paul Fleming (1609-1640) das süße Gedicht „Wie er wolle geküsst seyn“. Es folgten eine gesanglich überragend ausgelotete Sarabande, Bourrée I und II und eine mit virtuosen Akzenten versehene Gigue. Die Veranstaltung klang aus mit dem Gedicht „Der Abend“ von Andreas Gryphius sowie, in wundervoll verhaltener piano-Kantilene, der Sarabande aus Bachs düsterer C-Moll-Suite. Mit Bravo-Rufen und lang anhaltendem Applaus bedankte sich das zahlreiche Publikum für einen außergewöhnlichen Abend.

Peter Szaunig

Schlagwörter: Klassik

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