24. März 2018

Zum Gedenken an Hedwig Kellner

Denke ich an meine Schulzeit in Reps in den 1950er Jahren, sehe ich unter anderen meine jüngst verstorbene Lehrerin Hedwig Kellner (siehe Rubrik „Sachsesch Wält“) vor mir. Wir hatten bei ihr die Fächer Physik und Chemie. Abgesehen davon, dass dieses nicht gerade meine Lieblingsfächer waren, empfand ich Frau Kellner als eine äußerst strenge Lehrerin. Sie legte viel Wert auf Zuverlässigkeit, Ordnung, Gewissenhaftigkeit und Disziplin in jeder Hinsicht.
In Ermangelung von benötigtem Vorführmaterial zeichnete sie sehr sorgfältig die Versuchsgeräte an die Tafel und erklärte anhand jener Bilder Funktionen oder chemische Reaktionen. Wir mussten alles genau abzeichnen und lernen. Ich sehe heute noch ihre akkurate, etwas steile Schrift in unseren Heften und Zeugnissen. An der Schule gab sie auch Musikunterricht und übte mit uns Tänze und Theaterstücke ein, die immer ein dankbares Publikum fanden. Die Musik blieb ihre Leidenschaft und Begleiterin bis an ihr Lebensende. Meine Schuljahre fielen in die Zeit kommunistischer Schikanen, denen wir alle, auch die Lehrer, ausgeliefert waren. Frau Kellner verstand es aber immer wieder, uns vor manchen kommunistischen Auswüchsen zu bewahren. Wie sie den Spagat hinbekommen hat, erzählte sie in der Zeit ihrer Rente mit viel Humor. Dafür bewundere ich sie sehr.

Viele Schülergenerationen gingen im Laufe der Jahre durch ihre Hände, sie konnte viel erzählen. Darüber schrieb sie auch humorvolle Gedichte meist in siebenbürgisch-sächsischer Mundart, deren Themen aus dem Leben gegriffen waren und ihre Freude auch an den Kindern zeigten. Diese Gedichte werden immer wieder gerne an unseren Klassentreffen vorgelesen. Als ich nach Jahren den gleichen Beruf ergriff, erlebte ich manche schöne und unterhaltsame Kaffeestunde bei ihr, mit Erzählungen aus der Schulzeit, aus denen ich immer noch lernen konnte. Bis zuletzt hatte Hedwig Kellner Kontakt zu ehemaligen Schülern und war sehr dankbar für jedes sächsische Gespräch, besonders aber für die Begleitung und Fürsorge eines Schülerehepaares.

Nun ist sie mit 97 Jahren nach kurzer Krankheit gestorben. Diese Lehrerin werde ich immer in sehr guter und dankbarer Erinnerung behalten.

Ingrid Brang

Schlagwörter: Nachruf, Lehrerin, Reps, Mundartautorin

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