3. Juli 2020

Eine aktualisierte Chronik für Heldsdorf

Als einzige siebenbürgisch-sächsische Gemeinde verfügt Heldsdorf über drei Chroniken in deutscher Sprache. Die jüngste Ortsmonographie hat Karl-Heinz Brenndörfer herausgegeben. Schon 1967 erschien in Deutschland „Heldsdorf – Chronik einer siebenbürgisch-sächsischen Gemeinde des Burzenlandes aus 700 Jahren“ von Dr. Hans Mooser und 1977 „Heldsdorf – Monographie einer Burzenländer Gemeinde“ von Ernst Rothbächer im Kriterion Verlag in Bukarest.
Dr. Hans Mooser durfte alles schreiben, konnte es aber nicht, da er keinen Zugang zu Primärquellen hatte. Ernst Rothbächer hätte alles schreiben können, durfte es aber wegen der damals herrschenden Zensur in Rumänien nicht. Um diese Mängel zu beseitigen und um den letzten Stand der Geschichtsforschung einzubringen, nachdem nun alle Quellen zugänglich sind, ist kürzlich das dritte Heldsdorfer Heimatbuch entstanden.

Karl-Heinz Brenndörfer hat jahrelang an der neuen Chronik gearbeitet, die er als Gemeinschaftswerk der drei Autoren bezeichnet, die in alphabetischer Reihenfolge aufgeführt werden: Brenndörfer, Mooser und Rothbächer. In das Werk sind die beiden früheren Chroniken eingeflossen, wobei Ernst Rothbächers unzensiertes Typoskript verwendet wurde.

Das Heimatbuch dokumentiert, übersichtlich gegliedert in Kapiteln, das politische, gesellschaftliche, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Leben und somit die gesamte Geschichte Heldsdorfs von der Entstehung bis in die Gegenwart. Karl-Heinz Brenndörfer präsentiert, ohne ideologische oder nationale Einschränkungen, auch die Geschichte der Heldsdorfer Rumänen sowie die Neudorfs, das seit dem 19. Jahrhundert verwaltungstechnisch zu Heldsdorf gehört. Die Listen der Opfer der beiden Weltkriege, der Russlanddeportierten und der Evakuierten von 1952 hat er vervollständigt und überarbeitet. Erstmalig führt er auch die Lehrkräfte der deutschen Schule von 1948-1990, als diese nicht mehr der evangelischen Kirche unterstellt war. Eine Liste der rumänischen Kolonisten mit ihren Herkunftsorten und den Höfen, die ihnen 1945 zugeteilt wurden, hat ebenfalls Pioniercharakter.

Die Zeit nach 1945 und vor allem nach Erscheinen der beiden Chroniken (ab 1970) hat Brenndörfer aus eigenen Erinnerungen und Befragungen von Zeitzeugen erfasst. Als sehr ergiebige Quelle für die Nachkriegszeit nutzte er die Heimatzeitung Wir Heldsdörfer von Nr. 1/1959 bis Nr. 96/2007. Zahlreiche Berichte fanden ihren Niederschlag in der Chronik, einige werden ungekürzt wiedergegeben, z.B. die Forschungen zur Vorgeschichte Heldsdorfs von Alfred Prox, dem letzten Kustos des Burzenländer Sächsischen Museums in Kronstadt 1936-1941, oder die Berichte des Lehrers Hans Franz über den Sport in Heldsdorf. Als weitere Quellen verwendete der Autor das Heldsdörfer Gemeindeblatt, das wöchentlich vom 1. Juli 1927 bis zum 26. August 1944 erschien, sowie die Kirchenberichte von Pfr. D. Johannes Reichart über die Zeit von 1894 bis 1917.

Karl-Heinz Brenndörfer war es sehr daran gelegen, in eine wenig bekannte und schon vergessene Sache Licht zu bringen: die Revolte der rumänischen Kolonisten gegen die Rückgabe der Höfe an die ursprünglichen sächsischen Besitzer im Juli 1956. Zwei Jahre hat es gedauert, bis der Autor den Status eines akkreditierten Forschers und damit Einsicht in die Securitate-Archive in Bukarest erhielt. So konnte er die Geschehnisse von 1956 erfassen und in einem Kapitel des Buches behandeln. Bei der Abfassung eines Heimatbuches sei es nicht ausreichend, Quellen zu erschließen und Informationen niederzuschreiben, man müsse auch einen Bezug dazu und zumindest einiges selbst erlebt haben, meint Brenndörfer. Das Gleiche trifft auch auf Dr. Hans Mooser und Ernst Rothbächer zu, die mit Heldsdorf sehr verbunden waren.

Die Erstellung dieses aktualisierten Heimatbuches hat über 30 Jahre gedauert. Das heißt selbstverständlich nicht, dass Brenndörfer täglich daran gearbeitet hätte, doch er hat fortwährend abgewogen, was er noch einzufügen sei, und gezielt danach gesucht. Manche Kapitel waren, wie erwähnt, schon vorhanden und mussten nur umgeschrieben bzw. ergänzt werden, da sie überholt waren. Andere Themen mussten neu geschrieben werden, das gilt insbesondere für die Zeit nach der Wende mit den großen Umwälzungen in Heldsdorf. Unter den 253 Fotos befinden sich alle historischen Ansichtskarten von Heldsdorf und hauptsächlich vom Autor gemachte Fotos. Wegen des Urheberrechts verzichtete er auf Luftbildaufnahmen und verwendete Bilder, die er vom Kirchturm aus gemacht hat. Das Bilderverzeichnis soll die gezielte Suche nach Fotos vereinfachen.

Zusätzlich zum Buch gibt es auf einer DVD alle Drucksachen aus und über Heldsdorf sowie alles, was die Heimatgemeinschaft Heldsdorf im Laufe der Jahre herausgebracht hat. Tonaufnahmen der Glocken von Heldsdorf ergänzen das digitale Beiwerk.

„Heldsdorf. Eine aktualisierte Chronik“ hat einen Umfang von 444 Seiten. Sie ist als griffbereites Nachschlagewerk gedacht, ein detailliertes Inhaltsverzeichnis ermöglicht den schnellen Zugriff auf Kapitel oder Unterkapitel, die gerade interessieren. Das Buch, sehr aufschlussreich und übersichtlich gegliedert, ist eine empfehlenswerte Dokumentation, die sich auch als Geschenk für verschiedene Anlässe (Geburtstage, Jubiläen, Weihnachten usw.) eignet.

Hans Otto Tittes

Karl-Heinz Brenndörfer. Dr. Hans Mooser, Ernst Rothbächer: „Heldsdorf. Eine aktualisierte Chronik“, Selbstverlag, Stuttgart, ISBN 978-3-00-065189-2, 56 Euro (mit DVD 59 Euro), zuzüglich Versand, zu bestellen bei Karl-Heinz Brenndörfer, Werner-Haas-Weg 5, 70469 Stuttgart, Telefon: (07 11) 85 02 89, E-Mail: khbrenndoerfer [ät] gmx.de.

Schlagwörter: Rezension, Heimatbuch, Chronik, Heldsdorf, Burzenland

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