18. Juni 2023

Kabarett vom Feinsten: Sächsische Brauchtumsveranstaltung beim Heimattag in Dinkelsbühl

Traditionell lässt der Heimattag der Siebenbürger Sachsen jeweils am Pfingstsamstag in einer Brauchtumsveranstaltung heimatliche Erinnerung und Mundart auf unterhaltsame Weise lebendig werden. In gekonnt humoristischer Weise wurde das am 27. Mai 2023 auf der Bühne des Dinkelsbühler Schrannen-Festsaales verwirklicht. Drei Namen zeichneten dafür verantwortlich: Roland Widmann, von dem auch das Bühnenbild stammte, Michael Kenst und Doris Hutter.
Sie gestalteten das "Sächsische Kabarett zum ...
Sie gestalteten das "Sächsische Kabarett zum Mitmachen", von rechts: Roland Widmann, Doris Hutter und Michael Kenst. Fotos: Siegbert Bruss
Mit ihrem Programmpunkt „Sächsisches Kabarett zum Mitmachen: Et wor emol… und äs nea, wä et äs“, nahmen sie ein dankbares Publikum mit auf die Reise zu im Rückblick als erheiternd empfundenen Erinnerungen im Zusammenhang mit Themen wie: Ernährung damals und heute, Arbeiten und Einkaufen damals und heute, ein bisschen Politik damals und heute, lustige Charakterzüge nicht nur der Siebenbürger Sachsen u.a.m. Erinnerung an typische Ausdrücke von einst lud zum Mitmachen ein. Fast alle wussten, dass ein „Pix“ ein Kugelschreiber war, und dass der durchsichtige Regenmantel, den Doris Hutter angezogen hatte, einmal „fîş/fâş“ geheißen hatte.

Hinter der unterhaltenden Vordergründigkeit des Programmes verbarg sich jedoch tiefere Absicht. „Mein Hauptanliegen“, so Roland Widmann in einer privaten Notiz, „ist ein Hinweis auf die Wichtigkeit unserer Mundart und den Zusammenhang zwischen ihr und unserer Identität“. Für die Lebendigkeit der Sprache lieferten Michael Kenst, Doris Hutter und Roland Widmann abwechselnd durch Vorträge eigener Gedichte den Beweis.

Sprache ist freilich nur ein Teil der Wesensart, die die Identität des Einzelnen oder der Gemeinschaft, der er angehört, ausmacht. In einer multiethnisch und multikulturell geprägten Landschaft wie Siebenbürgen alles „unter einen Hut“ zwingen zu wollen, geht nicht ohne Beschädigung ab; man erinnere sich etwa an den Begriff: Sozialistische Nation. Es war der kabarettistische Kunstgriff Widmanns, dass er über einem neutralen Mantel verschiedene Hüte, Symbole gelebter Toleranz, trug. Und siehe da: Das Publikum erkannte an der charakteristischen Hutform jeweils die zugehörige Ethnie. „Der Effekt des Kabaretts fußt auf dem Wissen des Zuschauers.“ (Wikipedia) Kabarett hat immer etwas Augenzwinkerndes an sich.
Zum Schluss wurden alle anwesenden Mundartautoren ...
Zum Schluss wurden alle anwesenden Mundartautoren auf die Bühne des Schrannen-Festsaales gebeten, v.l.n.r. Angelika Meltzer, Malwine Markel, Helmuth Zink, Hilde Juchum, Elisabeth Kessler, Bernddieter Schobel, Michael Kenst, Doris Hutter und Roland Widmann.
Muttersprachliches Kabarett kann freilich nicht in der Unverbindlichkeit künstlerischen Genusses ausklingen. Muttersprache verbindet – so sie denn gepflegt wird. Der Schritt aus der Kunstwelt in die sprachpflegerische Realität geschah durch die unmittelbar an das Publikum gerichtete Frage: „Wer kennt die Rubrik Sachsesch Wält in der Siebenbürgischen Zeitung?“ Bernddieter Schobel wurde als Betreuer dieser Rubrik auf die Bühne gebeten. Ihm wurde für die geistige Förderung und Unterstützung vieler Mundartautorinnen und -autoren gedankt. Anschließend wurden die im Saal anwesenden Mundart Schreibenden ebenfalls auf die Bühne gerufen. Doris Hutter erinnerte an die in diesem Jahr verstorbene Hanni Markel und ihre wegweisenden Verdienste um die Schreibung des Siebenbürgisch-Sächsischen. Es folgt eine Minute stillen Gedenkens.

Wie wird sprachliche Verbundenheit deutlicher erlebt als im gemeinsam gesungenen Lied? So sangen zum Schluss Bühne und Saal miteinander, begleitet vom Schäßburger Posaunenchor unter der Leitung von Theo Halmen, das beliebte Lied von Ernst Thullner, Weise: Hermann Kirchner: „Af deser Iërd …“. Auf dieser Erde – miteinander – weltweit.

Bernddieter Schobel

Schlagwörter: Heimattag 2023, Saksesch Wält, Mundart, Mundartautoren

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