27. April 2012

Ausgezeichnete Klausenburger Babeș-Bolyai-Universität

In der europäischen Hochschullandschaft sticht die Klausenburger Babeș-Bolyai-Universität (UBB) mit ihrem multikulturellen Profil hervor. Studenten und wissenschaftliche Mitarbeiter studieren und forschen in den drei historischen Sprachen Siebenbürgens. Über 51000 Studenten und 1400 Lehrkräfte zählt die Universität, deren Rektor seit März Prof. Ioan-Aurel Pop als Nachfolger des bedeutenden Hochschullehrers und Bildungspolitikers Andrei Marga ist. Prorektor Prof. Rudolf Gräf leitet die deutsche Studienlinie der UBB. Für seine Verdienste wurde Gräf am 13. Januar 2012 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet, das ihm der deutsche Botschafter in Bukarest, Andreas von Mettenheim, am 26. März überreichte. Das Interview führte Holger Wermke.
Die UBB gehört in Wissenschaft und Lehre zu den renommiertesten Universitäten Rumäniens. Auf welchen Säulen fußt dieser Erfolg?
Wir gehören laut der letzten Evaluierungen zu den Top-Unis des Landes. In elf von zwölf Bereichen, in welchen die Forschung bewertet wurde, belegen wir den ersten Platz. Ein hervorragender Lehrkörper mit zahlreichen namhaften Wissenschaftlern in den verschiedensten Forschungsbereichen, eine ausgezeichnete materielle und technische Ausstattung, eine bewusst verfolgte intensive Forschungs- und Publikationspolitik, ein zukunftsorientiertes, modernes Management der jetzigen Leitung und nicht zuletzt eine Studentenschaft, die sich selbst selektiert.


An Ihrer Universität wird neben Rumänisch und Ungarisch auch auf Deutsch gelehrt und geforscht. Welche Studiengänge werden im deutschen Zweig angeboten und wie viele Studenten nutzen das Angebot?
Das Angebot existiert in allen Bereichen, es wird nicht in allen wahrgenommen, je nach Orientierung der Studierenden, nach den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes und nach dem, was eben „in“ ist. Erfolgreich sind jetzt die Bereiche Wirtschaftswissenschaften, Germanistik, Biologie, Europa-Studien, Geografie, Journalismus und Kommunikationswissenschaften und Erziehungswissenschaften, aber wir bilden auch Mathematiker, Physiker, Chemiker, Historiker und Philosophen aus.
Botschafter Andreas von Mettenheim (links) ...
Botschafter Andreas von Mettenheim (links) überreicht Rudolf Gräf das Bundesverdienstkreuz I. Klasse. Foto: Ioan Felecan

Welche Kontakte und Partnerschaften gibt es mit Hochschulen im deutschsprachigen Raum?
Wir haben sehr gute Kontakte mit Universitäten und Forschungseinrichtungen aus allen deutschsprachigen Ländern, besonders mit jenen aus Deutschland und Österreich. Partnerschaften mit den Universitäten Tübingen und Wien, Doppeldiplom-Programme mit den Universitäten Rostock, Regensburg, Münster und Magdeburg, Joint Degree-Programme mit der Universität Graz. Einen sehr guten Kontakt gibt es mit dem Karlsruhe-Institut für Technologie, der leider nicht genügend von unseren Studierenden genutzt wird. In Österreich haben wir gemeinsame Projekte mit allen großen Universitäten: den Unis in Wien, Graz, Innsbruck, aber auch Salzburg und Klagenfurt sowie mit der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.


Nutzen Studenten aus dem deutschsprachigen Ausland das Angebot der UBB?
Studenten aus dem Ausland sind vor einigen Jahren mit den Austauschprogrammen gekommen, jetzt kommen sie in den Doppeldiplom-Programmen, aber auch als Doktoranden. In den letzten Jahren kommen immer mehr Studierende aus dem Ausland auf eigene Faust und Rechnung. Das ist ein guter Trend.


Welche Funktion hat das seit 2010 existierende Institut für deutschsprachige Lehre und Forschung (IDLF)?
Das IDLF führt das 1998 gegründete Deutsche Institut fort. Das IdLF wurde im Oktober 2010 von der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel eröffnet. Es versteht sich als eine Schirmorganisation für die ganze deutschsprachige Forschung und Lehre in der Universität. Das Institut veröffentlicht zwei Publikationsreihen: „Studia Germanica“ und „Geschichte, Urkunden Quellen“.


Am 7. Dezember 2011 wurde an der UBB ein Zentrum für Europawissenschaften und Internationale Beziehungen eröffnet. Welches Ziel verfolgt die Universität mit diesem Zentrum?
Das Zentrum für Europawissenschaften und Internationale Beziehungen – kurz ZEWI – wurde im Rahmen des IDLF gegründet und verfolgt drei zentrale Ziele: 1. die Stärkung unser deutschsprachigen und transdisziplinären Forschung zu Europa- und weltpolitischen Themen durch eine noch engere Zusammenarbeit; 2. Ausbau unserer Funktion für die deutschsprachige Forschung in Südosteuropa; 3. die institutionelle Verstetigung unserer Forschung.


Im deutschsprachigen Bildungswesen in Rumänien macht sich immer stärker der Mangel an gut ausgebildeten Lehrkräften bemerkbar. Wie wirkt sich dieser Mangel auf die Lehre an der UBB aus?
Sie haben jetzt die Ergebnisse der Volkszählung in Rumänien gesehen, es wird sicher immer schwieriger sein, Deutsche in Rumänien zu finden, die sich dieser Aufgabe annehmen, die sowohl die Fachkenntnisse wie auch die notwendigen Sprachkenntnisse haben. Wir gleichen dies aus mit jungen Leuten aus Rumänien, die über gute Deutschkenntnisse verfügen und nicht ­unbedingt aus einer schwäbischen oder sächsischen Familie stammen, sondern aus rumänischem oder ungarischem Milieu kommen. Unterstützung erhalten wir auch von Lehrenden aus Deutschland und Österreich. Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) hilft hier sehr massiv, ebenso die kulturpolitische Sektion des Bundeministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten der Republik Österreich. Und die Universitäten, mit denen wir Beziehungen haben, sowie unsere Gastprofessoren, machen immer wieder Kollegen ausfindig, die bereit sind, bei uns zu unterrichten oder Vorträge zu halten.


Wie bewerten Sie die Entwicklung des deutschen Zweiges in den vergangenen 15 Jahren?
Die Babeș-Bolyai-Universität in Klausenburg ist die einzige Universität im mittel- und südosteuropäischen Raum, die dreisprachig funktioniert, und die einzige zwischen Wien und dem Schwarzen Meer, die ein komplettes Studienangebot in deutscher Sprache hat. An der deutschsprachigen Studienlinie sind namhafte Wissenschaftler tätig, aber auch eine Generation von jungen Lehrenden und Forschern, die diese Richtung weiterführen können und auch werden, wenn sich die Politik nicht oder nur im positiven Sinn einmischt. Dazu kommt erfreulicherweise die Tatsache, dass die Studenten unserer Studienlinie ausgezeichnete Organisatoren sind und viel von dem, was in der Uni geschieht, mitgestalten. Ich würde hier nur die hervorragende Tätigkeit des Gutenberg-Vereins erwähnen.


Wie wird sich die deutschsprachige Hochschulausbildung in Klausenburg weiter entwickeln?
Diese Studienlinie hat sich etabliert, sie ist ein fester Bestandteil der siebenbürgischen und rumänischen Hochschullandschaft, und sie kann und soll mit oder ohne Rumäniendeutsche weitergeführt werden, denn sie ist eine Brücke zwischen Rumänien, Deutschland, Österreich und der Schweiz. Deutschsprachige Studierende kommen in Klausenburg mit einer Welt in Kontakt, die den meisten wenig bekannt ist. Für die Teilnehmer des „Secondos“-Programms der Uni Regensburg bietet sich die Chance, ihre kulturellen und geographischen Wurzeln zu finden und im Land ihrer Eltern oder Großeltern zu studieren.


Vielen Dank für das Gespräch.

Schlagwörter: Klausenburg, Bildung, Studium, Interview

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