23. März 2024

Sektion Karpaten des DAV: Durch Information zu mehr Verantwortung

Der Deutsche Alpenverein (DAV) will bis 2030 klimaneutral werden. Cristina de la Rua, seit mehreren Jahren Mitglied der Sektion Karpaten des DAV, ist neue Klimaschutzkoordinatorin der Sektion Karpaten. Sie widmet sich dieser Aufgabe und führt konkrete Daten zusammen, aus denen wir unser Handeln ableiten können. Die gebürtige Spanierin ist Anfang 40 und dank ihrer Ausbildung für dieses Ehrenamt bestens geeignet. Das folgende Hüttengespräch mit Cristina führte Hans Werner, Vorsitzender der Sektion Karpaten des DAV.
Wann und wieso bist du nach München gekommen?

Seit meinem vierzehnten Lebensjahr habe ich eine gewisse Verbindung zu Deutschland. Ich lebte in einer kleinen Stadt in Spanien, und es gab nicht viele Plätze für den Englischunterricht an der Schule, aber die Plätze für Deutsch waren immer frei. Wie konnte das sein? Meine Eltern schlugen mir vor, Deutsch zu lernen. Danach machte ich mein Erasmusjahr (das Förderprogramm der EU) in Osnabrück. Erst viel später, im Jahr 2016, erhielt ich ein Forschungsstipendium für einen sechsmonatigen Aufenthalt in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität München (TUM) und meinen spanischen Arbeitsplatz am CIEMAT (Centre for Energy, Environmental and Technological Research Madrid). Danach wurde mir angeboten, hier in München zu bleiben und zu arbeiten – und ich bin geblieben.

Wo arbeitest du jetzt und was machst du dort (beruflich)?

Ich arbeite an der TUM am Lehrstuhl für Erneuerbare und Nachhaltige Energiesysteme. Ich bin Wissenschaftlerin, und mein Forschungsgebiet ist die Analyse der ökologischen und sozioökonomischen Auswirkungen energiebezogener Systeme während ihres gesamten Lebenszyklus, das heißt von der Gewinnung natürlicher Ressourcen, dem Transport, der Verarbeitung, der Herstellung und der Nutzung bis hin zum Ende ihrer Nutzungsdauer und dem End-of-Life-Management, zum Beispiel unter Verwendung von Kreislaufwirtschaftsstrategien. Praktisch alle Aktivitäten in unserem Leben hängen von Energie ab, daher untersuchen wir verschiedene Optionen für Mobilität, Energieerzeugung, Biokraftstoffe, Wasserstoff, aber auch die Lebensmittelerzeugung oder die Auswirkungen des Haushaltsverbrauchs. Darüber hinaus ist eine unserer Hauptaufgaben, an der Universität zu lehren. Ich lehre Methoden zur Analyse dieser Auswirkungen. Es geht nicht darum, mit dem Leben aufzuhören, sondern zu verstehen, woher unsere Auswirkungen kommen und wie wir sie minimieren können. Unsere Studenten sind Ingenieure und sie müssen dieses Wissen haben, um in Zukunft Entscheidungen zu treffen, vom Produktdesign bis hin zu politischen Planungsstrategien.


Gibt es noch etwas, was du lernen oder erleben möchtest (privat oder beruflich)?

Auf beruflicher Ebene möchte ich natürlich eine Menge lernen. Ich möchte schon seit Jahren programmieren lernen. Obwohl es für meine Arbeit nicht unbedingt notwendig ist, wäre es sehr nützlich. Aber ich müsste viel Zeit dafür investieren, und bisher habe ich das noch nicht getan. Und auf privater Ebene möchte ich jetzt, da ich Hunger habe, etwas chinesisch kochen lernen. Ich liebe die Eintöpfe mit ihren vielen frischen Kräutern. Neben den Bergen sind das Essen und Kochen ein weiteres großes Vergnügen für mich.

Was würdest du machen, damit die Welt eine bessere ist?

Das ist nicht etwas, was ich tun würde, sondern etwas, was ich jeden Tag tue. Ich bringe meine Studierenden dazu, zu diskutieren, sich zu beteiligen, alles zu hinterfragen und über das hinauszudenken, was wir normalerweise sehen, unsere Verantwortung als Verbraucher zu analysieren. Ich will, dass sie versuchen, sich richtig zu informieren und durch das, was sie lernen, fundierte Meinungen und Argumente bilden zu können. Auf persönlicher und sozialer Ebene sollten wir versuchen, einfühlsamer zu sein, auch wenn es schwierig ist, wenn man etwa mal eine schlechte Antwort erhalten hat. Ich denke auch, wir sollten öfter sagen: „Es tut mir leid, ich habe mich geirrt.“ Das mag nicht viel erscheinen, aber es ist ein guter Anfang, um die Welt zu verändern.

Cristina de la Rua. Foto: Florin Zalum ...
Cristina de la Rua. Foto: Florin Zalum
Vielleicht noch ein paar Worte über das Projekt mit deinen Studenten, Stichwort CO2-Fußabdruck unserer Sektion …

Meine Minions, wie ich eine Gruppe von fünf Studenten liebevoll nenne, führen ein Projekt durch, um den CO2-Fußabdruck der Aktivitäten der Sektion Karpaten des DAV im Jahr 2023 zu analysieren. Das Projekt heißt: Green Adventure on the Summits: Unveiling the carbon footprint of a German Alpine Club (Nachhaltiges Abenteuer auf den Gipfeln: Der CO2-Fußabdruck eines deutschen Alpenvereins).

Dazu haben sie alle Daten zu den von der Sektion angebotenen Ausbildungen und Veranstaltungen herangezogen, wobei sie die Anzahl der Teilnehmer und die Entfernung zwischen dem Zentrum von München und dem Zielort berücksichtigen. Zudem haben sie verschiedene Hypothesen über die benutzten Verkehrsmittel, Auslastung der Autos (falls dies das Hauptverkehrsmittel war), Unterkünfte und Art der Ernährung der Teilnehmer aufgestellt. Mit diesem Projekt werden mehrere Ziele verfolgt. Eines davon ist, dass sie lernen, in einer Mannschaft zu arbeiten. Es handelt sich um eine multikulturelle Gruppe mit fünf Mitgliedern aus vier Ländern und drei Kontinenten. Sie müssen sich selbst organisieren, um die Arbeit zu erledigen, Aufgaben verteilen, manchmal die Führung übernehmen und keinen ihrer Kollegen zurücklassen, denn der Erfolg der Gruppe hängt von den Einzelnen ab. Außerdem müssen sie in den Bereichen, die sie nicht beherrschen, von ihren Kollegen lernen, ihnen aber auch beibringen, was sie können.

Schließlich wird uns das Projekt sehr nützliche Informationen für die Sektion Karpaten des DAV liefern. Durch die Analyse werden wir in der Lage sein, einen absoluten Wert der Treibhausgasemissionen der Sektion zu erhalten. Wir werden sehen können, welche Faktoren/Aktivitäten am meisten zu diesem Wert beitragen und entsprechende Maßnahmen ableiten. So können wir z.B. feststellen, unter welchen Umständen Carsharing besser ist als öffentliche Verkehrsmittel oder ob das Bevorzugen vegetarischer Menüs unsere Auswirkungen leicht und einfach verringern kann. Langfristig würde ich mir wünschen, dass jedes Mal, wenn sich eine Person für eine Veranstaltung anmeldet, sie in der Beschreibung der Aktivität Informationen findet wie: Wenn Sie eine Fahrgemeinschaft mit drei anderen Personen bilden, sind Sie für diese Emissionen verantwortlich, wenn Sie alleine fahren, dann für diese. Wenn Sie ein vegetarisches Menü wählen, dann hat das diese Auswirkung. Manche Dinge im Leben sind schwer zu ändern. Das Leben wirkt sich auf alle Bereiche aus: Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt. Wenn wir etwas in unserem Leben und unseren Routinen ändern wollen, müssen wir mehr wissen. Wenn wir gut informiert sind, können wir bessere Entscheidungen treffen.

Schlagwörter: DAV, Sektion Karpaten, Rua, Interview, information

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