19. April 2009

Die Rosenauer Burg zwischen Bürgermeisteramt, italienischem Intermezzo und rumänischem Kulturministerium

Es bedarf wohl kaum einer Präsentation der Rosenauer Burg: Bauernburg, Fliehburg auf einem 150 m sich steil über der Burzenländer Gemeinde Rosenau erhebenden Kalksteinfelsen, ausgestattet mit allem Notwendigen, um den Bewohnern von Rosenau und anfangs auch der umliegenden Gemeinden Schutz zu bieten. Vor nicht allzu langer Zeit waren noch Spuren von achtzig Häuschen – die den Rosenauern in Zeiten der Gefahr Zuflucht boten und in denen sie ihren Speck und ihr Getreide aufbewahrten –, der Kirche und der Schule zu sehen.
Seit einem Dreivierteljahr ist das Bürgermeisteramt Rosenau wieder im Vollbesitz der Burg, nachdem die – ursprünglich auf eine Dauer von 50 Jahren terminierte – Ära unter dem italienischen Burg­herrn Alberto Drera nur von 2000 bis 2008 währte. Über die Zukunft der baugeschichtlich auf den Deutschen Ritterorden zurückgehenden Burg beraten Experten in Bälde am Runden Tisch.

Zur Zeit des Deutschen Ritterordens (1211-1225) begann die Besiedlung des Burzenlandes. In dieser Zeit und danach wurden Orte gegründet, die aus zwei bis vier Zehntschaften bestanden. Drei bis vier Ortschaften bildeten eine Hundertschaft und gleichzeitig einen Gerichts­stuhl. Jede Hundertschaft errichtete eine Burg. In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts wird unter fünf Stühlen im Burzenland auch der Rosenauer Stuhl (mit Rosenau, Neustadt und Weidenbach) erwähnt. Seine Burg war die Rosenauer Burg, der älteste Teil der heute bekannten Burg. Schon 1335, beim Einfall der Mongolen, erwies die Burg den umliegenden Gemeinden gute Dienste und konnte sich behaupten. Auch als die Kurutzenkriege (um 1700) wüteten und das gesamte Burzenland wiederholt geplündert wurde, suchten die Bewohner von Rosenau jahrelang Schutz in ihrer Burg. Nur einmal, 1612, nach einem fünf Tage dauernden Beschuss durch die Truppen von Gabriel Batory, ergab sich die Burg. Danach wurde innerhalb von drei Jahren der 147 m tiefe Brunnen gegraben, damit die Burg auch während einer längeren Belagerung nicht ohne Wasser bleibe. Mit der Verbesserung der Feuer­waffen verlor die Burg im ausgehenden 18. Jahrhundert ihre strategische Bedeutung, was zu ihrem Verfall im 19. Jahrhundert führte. Lange Jahre dienten die Kammern in den Häusern in der Burg nur noch als Vorrats­kam­mern. Die Burg blieb selbst als Ruine aber ein stolzes Wahrzeichen des Burzenlandes, durch ihre exponierte Lage auf einem Felskegel von weither sichtbar. Archäologische Grabungen im Jahre 1970 im Vorhof, auch Burggarten genannt, brachten Spuren von Wohnstätten aus der Zeit vor dem Deutschen Ritterorden ans Tageslicht (einige Historiker schrieben sie sogar den Dakern zu!).

Im November 2000 schloss das Rosenauer Bürgermeisteramt (unter Bürgermeister George Soiu) einen Assoziationsvertrag mit einer AG des Italieners Alberto Drera als geschäftsführendem Partner mit dem Ziel, „Restaurations-, Konsolidierungs- und Instandsetzungsarbeiten auszuführen, ... um das historische Objekt zu erhalten, um kulturelle und touristische Aktivitäten mit Profit zu ermöglichen ...“. Die Dauer des Vertrages wurde auf 50 Jahre (!) festgelegt. Die auszuführenden Arbeiten sind kapitelweise gelistet. Dafür musste der Geschäfts­führer in den ersten fünf Jahren eine Million US-Dollar bereitstellen. Es wurde vereinbart, dass alle Arbeiten nur aufgrund von Projekten mit den gesetzlich erforderlichen Vermerken und Genehmigungen ausgeführt werden. Als Kündigungsgrund wurde die Nichterfüllung von einer der eingegangenen Verpflichtungen des Geschäftsführers festgelegt.
Rosenauer Burg von Südwesten aus gesehen, 2006. ...
Rosenauer Burg von Südwesten aus gesehen, 2006. Foto: Karin Wermescher
Und dann begann der italienische Partner mit den Arbeiten. Anfangs gab es regen Beifall. Doch schon im August 2003 stellte die Kron­städter Kreisbehörde für Kulte, Kultur und nationales Kulturpatrimonium Verstöße gegen die Vorschriften fest. So wurde das Einstellen aller Arbeiten und der Abriss der illegal ausgeführten Arbeiten angeordnet. Aber es geschah nichts, außer dass mit einer Mitarbeiterin der Behörde ein Vertrag abgeschlossen wurde, um die anstehenden Arbeiten zu überwachen. Im September 2003 besuchte der damalige Minis­ter des Kultus- und Kulturministeriums, Răzvan Teodorescu, persönlich die Burg, stellte all die Vergehen fest, doch es geschah wieder nichts. In den folgenden Jahren kam es zu einem Katz- und Maus-Spiel zwischen den Behörden, Ministerium, Polizei (!), Gericht und dem Geschäfts­führer, der fleißig weiter baute, manches mit den notwendigen Genehmigungen (wie die Ar­beiten an der Ringmauer und an einigen Tür­men), die meisten Arbeiten aber ohne diese und ohne Rücksichtnahme auf die historische Subs­tanz. Im Burggarten wurden wertvolle Spuren alter historischer Bauten zerstört. Immer wieder stellte man schwerwiegende Ver­stöße gegen bestehende Vorschriften fest. Das Einstellen aller Arbeiten wurde verordnet und gerichtliches Vorgehen angedroht, doch immer wieder verlief alles im Sand. Im Nachhinein erteilte das Kultus- und Kulturministerium Genehmigungen für illegal ausgeführte Arbeiten. Im Februar 2007 starb Alberto Drera. Seine Familie führt die Arbeiten jedoch weiter, auf die Unterstüt­zung oder mindestens Duldung seitens des Mi­nisteriums bauend.

Seit 3. Juli 2008 ist das Bürgermeisteramt Rosenau durch Zwangsvollstreckung wieder im vollen Besitz der Burg, wobei der Streit mit Dreras Nachkommen noch nicht beigelegt ist. Im September 2008 wandte sich das Bürger­meisteramt an die zuständige Kreisbehörde und bat um eine fachliche Untersuchung der im Zeitraum 2000-2008 durchgeführten Arbeiten. In der Antwort des Ministeriums für Kulte und Kultur im Januar 2009 stahl sich dieses aus seiner Verantwortung, und warf dem Bürger­meis­teramt indirekt ein schädliches Verhalten vor. So mahlen zurzeit die Mühlen in Rumänien!

Nun will Rosenau einen eignen Weg gehen: Der Rosenauer Bürgermeister hat für den 1. bis 3. Mai 2009 diverse Fachleute – Architekten, Historiker, Archäologen, Siedlungshistoriker u. a. m. – zu einem Runden Tisch zur Zukunft der Burg geladen. Auch der Siebenbürgisch-Säch­sische Kulturrat wurde dazu geladen. Der neue Kulturminister zeigte sich begeistert über dies Vorhaben und versprach Unterstützung, was sehr zu begrüßen ist. Also ein Lichtschimmer, aber die „dunklen Mächte“ schlafen nicht: Auf das Rosenauer Bürgermeisteramt wird inzwischen Druck ausgeübt, die ganze Angelegenheit ruhen zu lassen.

Die Frage bleibt offen: Wie geht es weiter mit dem „Baudenkmal der Wertegruppe A von na­tio­naler Bedeutung“, wie die Rosenauer Burg im Verzeichnis der rumänischen Baudenkmäler klassifiziert wird?

Manfred Kravatzky

Schlagwörter: Siebenbürgen und Rumänien, Burzenland, Rosenau

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