23. Mai 2022

Erfreuliches aus Brukenthals Sommerresidenz in Freck

Viele Siebenbürger Sachsen, die beim Theaterstück „Bäm Brännchen“ anlässlich des Sachsentreffens 2017 in Freck dabei waren, mussten gar manchen Schaden am Gebäudekomplex des Palais der Sommerresidenz Brukenthals feststellen. Besonders am rechten Flügel war das Dach schon sehr beschädigt. Nun ist in dieser Hinsicht Bewegung eingetreten.
Der rechte Gebäudeflügel der Brukenthalschen ...
Der rechte Gebäudeflügel der Brukenthalschen Sommerresidenz in Freck wird neu eingedeckt. Foto: Oswald Kessler
Wenn man Anfang April durch das große Wirtschaftstor an der Ostseite des Brukenthalschen Gartens eintritt, überrascht das satte Grün zwischen den Bächlein des Englischen Gartens, mit Scharen von Buschwindröschen bedeckt. Es ist ein richtiger Auwald, flankiert von sehr hohen Erlen, fast alle mit dichtem Efeu umwunden. Nach der Brücke über die Bächlein beginnt der Waldweg durch die hohen Tann zu steigen, man fühlt sich fast schon im Gebirge. Von hier oben sieht man auch die ehemalige Zuleitung des Gebirgsbaches zu den heutigen Resten der Bassins für Kneippkuren – dieser Garten war in den 1920-1930er Jahren ein beliebter Kurort. Steigt man den Weg weiter hinauf, entdeckt man die Überraschung: Das ganze Dach des rechten Gebäudeflügels ist mit kräftig dimensionierten Latten akkurat eingefasst, die Dachgauben sind mit wasserfesten Holzplatten neu eingefasst. Diese erhalten nun stilgerechte Verzierungen.

Aus den Gauben steigen die Arbeiter wie nordische Trolle aus der Erde, um auf den Latten über das Dach zu wandeln und noch fehlende Details anzubringen. Der Leiter der siebenköpfigen Mannschaft aus Turdeni in Harghita trägt den sinnhaften Namen Moses. In seiner Nachbargemeinde Medișoru Mare befindet sich eine Kirchenglocke aus dem 15. Jahrhundert mit einer Inschrift in szeklerischen Runen. Initiator und Finanzierer dieser wohl historischen Arbeit, über die sich Baron Samuel von Brukenthal sicher gefreut hätte, ist die Hermannstädter Brukenthal Stiftung unter der Leitung von Stadtpfarrer Kilian Dörr.

Auf den Tafeln der vielseitigen Dauerausstellung über Brukenthals Leben und Wirken, im Hof und Garten verteilt, ist auch das handschriftliche Testament zu sehen. Deutlich lesbar ist seine Unterschrift „Bruckenthal“ zu sehen, wie es von der Grammatik eigentlich richtig ist. Nun, österreichische Beamte haben seinerzeit auch das Dorf mit dem siebenbürgisch-sächsischen Namen „Warme Lage“ (Worem Liech) in Wurmloch als Ortsname umgewandelt. Wir haben uns längst an solche Eingriffe gewöhnt.

Neues Glasmuseum in Freck

„Wenn das neue Dach des rechten Flügels fertig sein wird, werden wir mit den Innenräumen beginnen“, sagt Moses. Und danach kommt das Dach des linken Gebäudeflügels an die Reihe. Und dieser linke Flügel, der hat es neulich in sich. Die schon auf einer Landkarte des Jahres 1912 eingetragene Frecker Glasfabrik wurde im Oktober 2020 für immer stillgelegt. Nun hat die Verwalterin der Brukenthalschen Sommerresidenz, Mihaela Klingeis, die Sammlung sämtlicher in dieser Glasfabrik hergestellten Gläser für eine Summe, die ein Haus mit Hofstelle ausmacht, angekauft und in fachlichen und ästhetischen Vitrinen im linken Flügel der Brukenthalschen Sommerresidenz für die Besucher ausgestellt. Es fällt sofort auf: Das ist eine Geste im Sinne des Kunstsammlers Samuel von Brukenthal, dessen Geist sich die überall gegenwärtige Freckerin aus Gheorghe Lazărs Verwandtschaft verpflichtet fühlt.
Frecker Glasmuseum im linken Flügel des ...
Frecker Glasmuseum im linken Flügel des Brukenthalpalais, mittlere Vitrine mit Gläsern für Wasser und Wein. Foto: Oswald Kessler
Beim Betreten des Ausstellungsraumes empfängt einen ein Meer aus Kristall und Licht. In der Mitte ist eine lange Vitrine mit drei Etagen, die sämtlichen Gefäßen für frisches Quellwasser und edlen Wein gewidmet sind. Hier findet man wunderbar facettierte Karaffen, Weinflaschen mit Kugelkopf, Bowlegefäße, Dekantierer für französischen Rotwein, Gläser aller Arten, bodenständige oder auf hohem Stengel mit Knauf.

An den Seiten des Raumes stehen, zwischen den Fenstern, die je einer Glassorte gewidmeten hohen Spiegelvitrinen. Hier findet man das tief gravierte Bleikristall, das seltene gelbe Bleikristall, die ebenfalls gravierten Überfanggläser in Rubinglas und Überfangglas in Blau. Hier und dort entdeckt man mit farbigem Email bemalte Gläser, die anscheinend alle dem Frühling gewidmet sind. Und auf den Fensterbrettern, wer kennt sie noch, die wie Forellen ausschauenden Glasfische? Seit dem Auftauchen der Fernseher verleihen sie dem stumpfen Grau des ausgeschalteten Bildschirmes ein lebendiges Gegengewicht. Mit der Zeit wurden sie dem Kitsch zugeordnet.

Doch der Sohn eines Frecker Glasbläsers erzählte mir, dass bei der Herstellung eines solchen Exemplars mindestens drei Glasarbeiter gleichzeitig beschäftigt waren, manchmal sogar fünf. Jeder Fisch ist durch die aufgelegten Scherben aus farbigem Glas ein absolutes Unikat, das bei Sammlern gute Preise erzielt. Dann gibt es noch ein seit vielen Jahren selten gewordenes Stück in der Ausstellung, das ich Ihnen jedoch nicht verraten werde. Denn Frau Viorica, die Aufseherin des Museums, die früher als Fachkraft in der Glasfabrik gearbeitet hat, stellt zum Schluss allen Besuchern die Frage: Wissen Sie, was dieses hier ist? Da will ich Ihnen die Antwort nicht vorwegnehmen.

Oswald Kessler, Kerz am Alt

Schlagwörter: Freck, Brukenthal, Sommerresidenz, Museum

Bewerten:

20 Bewertungen: ++

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.