31. Januar 2023

Schweineschlachten in Rode

Da unser Großvater Ludwig Roth (*1934) uns oft vom Schweineschlachten in Rode erzählt hatte, hegten wir schon lange den Wunsch mit ihm gemeinsam in die alte Heimat zu fahren, um dies einmal selbst mitzuerleben. Wir hatten auch gehört, dass man früher die Schweine überwiegend im Winter, in der Vorweihnachtszeit, schlachtete, was auch praktische Gründe hatte, da es im Sommer keine Kühlmöglichkeiten gab. Zudem hatten die Familien in den kalten Monaten mehr Zeit, da die Feldarbeit ruhte. Im Winter 2021 machten wir uns schließlich auf den Weg: Gerhard, Hermann, Thomas, Julius und Sarah Roth, gemeinsam mit unserem Vater bzw. Großvater Ludwig Roth.
Fleischverarbeitung im Hof in Rode, v.l.n.r. ...
Fleischverarbeitung im Hof in Rode, v.l.n.r. Sarah, Hermann, Julius, Ludwig und Thomas Roth sowie der rumänische Metzger. Fotos: Thomas Roth
Am Sonntag, dem 12. Dezember 2021, fuhren wir früh am Morgen aus Würzburg nach Rode. Am Montag konzentrierten wir uns auf die Vorbereitungen auf dem Hof von Katharina Wagner, den uns unsere Gastgeberin für unser Vorhaben freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat. Wir haben den Hof gekehrt, alle notwendigen Utensilien bereitgestellt und Unmengen an Knoblauch geschält. Zwischendurch gab es immer wieder gutes Essen und nette Unterhaltungen.

Dann war der mit Spannung erwartete Tag da! Nachdem die wichtigsten Vorbereitungen abgeschlossen waren, holte uns am Dienstag um 7.30 Uhr der Metzger mit dem Pferdewagen ab und wir machten uns auf den Weg zum Bauern, bei dem das Schwein auf uns wartete. Der Stall lag südlich außerhalb des Ortes „an der Pärch“. Dort angekommen wurde der Eber nach draußen gebracht, auf Stroh gelegt und auf der Stelle erlegt. Ein Teil des Blutes wurde in einem Eimer aufgefangen, um später daraus Blutwurst machen zu können. Im Anschluss haben wir das schwere Tier gemeinsam auf den Pferdewagen gehoben und sind damit nach „Mexiko“ und schließlich bis zur großen Waage gefahren, die sich heutzutage am Südende der Großgasse in Privatbesitz befindet (früher befand sich die Waage der Gemeinde auf der Au).

Stolze 172 kg brachte das Schwein auf die Waage. Im Anschluss ging es damit zum Wagner-Hof. Dort wurde der Eber in eine Wanne gelegt, mit heißem Wasser übergossen und darin gebadet. Willi Wagner hatte das Wasser zuvor in zwei großen Kesseln erhitzt. Nach dem Einweichen wurden die Borsten mit den Händen herausgezupft und mit Messern abrasiert. Der schwere Körper wurde dabei mit Hilfe zweier Eisenketten immer wieder von Seite zu Seite im heißen Wasser gewendet. Um uns warm zu halten, gab es selbstgemachten heißen Glühwein. Anschließend wurde das Schwein aus der Wanne heraus auf den gereinigten Betonboden gelegt und die oberste Hautschicht mit einem Gasbrenner bearbeitet, bis es pechschwarz war. Dadurch wurden die letzten Borsten und Härchen entfernt. Danach wurde es mit Salz eingerieben und mit heißem Wasser übergossen, um die verbrannte Haut mit Messern und Bürsten abkratzen zu können. „So sauber ist das Schwein bisher im Leben noch nie gewesen“, merkte Opa Ludwig an, der uns ständig über die einzelnen Schritte des Schlachtens informierte. Nun ging es ans Zerlegen.

Erfreulicherweise half uns ein rumänischer Metzger. Das Schwein wurde auf den Rücken auf eine Holzpalette gelegt, um zunächst die sogenannte „Krawatte“ (Genitalien) herauszuschneiden und die Beine abzulösen. Umgedreht auf den Bauch wurden die ersten Schnitte links und rechts am Schädel, entlang der Wirbelsäule bis zum Hinterteil vorgenommen. Außerdem wurden die Ohren abgeschnitten und zur Stärkung mit Schmalzbrot, Salz und Knoblauch auf traditionelle Weise verzehrt. Ein „Pali“ (Schnaps) zwischendurch durfte natürlich auch nicht fehlen. Mit einer Axt trennte der Metzger die Rippen von der Wirbelsäule und hob diese einschließlich den Oberkopf heraus. Ein Teil des Specks wurde in Würfel geschnitten, daraus sollten Grieben und Schmalz zubereitet werden. Das Fleisch wurde feinsäuberlich zurechtgeschnitten und sortiert, je nach geplanter Zubereitungsart.
Julius, Hermann und Sarah Roth beim Befüllen der ...
Julius, Hermann und Sarah Roth beim Befüllen der Würste.
Die Innereien wurden in einem Topf gekocht, um diese später für Kochwurst zu verwenden. Ein Teil des Wassers, in dem die Innereien gekocht wurden, wurde abgegossen, um daraus eine Krensuppe zu machen, die am Abend verzehrt wurde. Diese enthielt unter anderem Hirn und Sauerkrautsaft. Außerdem gab es frische Kochwurst mit geriebenem Meerrettich. In der Zwischenzeit wurde das Fleisch für die Kochwurst durch den Fleischwolf gelassen hatten. Das Fleisch für die normale Bratwurst wurde in einen extra Topf gegeben. Beides wurde mit Gewürzen und zuvor gepresstem Knoblauch vorbereitet und anschließen in die Därme gefüllt. Die fertigen Würste und das Fleisch wurden über Nacht zunächst im Keller gelagert.

Am nächsten Morgen wurden Teile des Fleischs und der Wurst schließlich in der Räucherkammer von Willi geräuchert. Insgesamt haben wir Bratwurst, Blutwurst, Kochwurst, Speck, Grieben, Grillfleisch und Kochfleisch verarbeitet und waren sehr zufrieden mit dem Ergebnis unserer Arbeit. Für einen sicheren Transport und eine längere Haltbarkeit haben wir die fertigen Produkte in dafür vorgesehenen Plastikbeuteln vakuumverpackt.

Unsere Gastgeberin Katharina Wagner überraschte uns zum Abschluss mit frischer Hanklich, die sie im Steinbackofen gebacken hatte. Dabei gab es auch „jefolden Haunklich“ (gefaltete Hanklich), wobei der Teig mehrfach eingefettet, gefaltet und erneut flachgewalzt wurde. Diese traditionelle Art von Hanklich gab es früher vor allem zu besonderen Anlässen, wie Hochzeiten.

Nach getaner Arbeit gingen wir durch Rode, besuchten Bekannte, waren in der Kirche und auf dem Friedhof. Außerdem fuhren wir nach Kleinalisch, um die dortigen Büffel anzusehen und frische Milch zu kaufen, die wir mit nach Deutschland nahmen. Zum Schluss verpackten wir alles im Dachkoffer, um am nächsten Tag früh zur Heimfahrt aufbrechen zu können.

Für uns war es ein großartiges Erlebnis mit der Familie, und wir sind froh, diese Möglichkeit gehabt zu haben. Wir möchten uns noch einmal bei allen beteiligten Helfern bedanken, ganz besonders bei unseren Gastgebern Katharina und Willi Wagner.

Sarah und Thomas Roth

Schlagwörter: Schweineschlachten, Rode

Bewerten:

23 Bewertungen: ++

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.