23. Mai 2010

Pfingsten ist das Geburtstagsfest der Kirche

Zum dritten Hochfest des Kirchenjahres hat Dekan i.R. Hermann Schuller, Vorsitzender des Hilfskomitees, einen ausführlichen Artikel in der Beilage „Kirche und Heimat“ vom 20. Mai 2010 veröffentlicht. Die Beilage erscheint in der Siebenbürgischen Zeitung und wird eigenverantwortlich vom Hilfskomitee der Siebenbürger Sachsen und evangelischen Banater Schwaben im Diakonischen Werk der EKD herausgegeben. Der Artikel, der im Folgenden im Wortlaut wiedergegeben wird, nimmt Bezug auch auf eine Umfrage zur Rolle der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien zwischen 1945 und 1989, die unter www.siebenbuerger.de veröffentlicht wurde.
Das dritte Hochfest des Kirchenjahres zu verstehen, ist immer eine Herausforderung. Dabei spielen vordergründig die verinnerlichten Bilder die auch in Verbindung mit dem schönen Monat Mai stehen, eine Rolle. Es sind Bilder von aufgepflanzten Birken- oder Lindenbäumen vor den Häusern oder auch die "mit Maien, bis an die Hörner des Altars" geschmückten Kirchenräume in der Kirchenburg.

Ausgießung des Heiligen Geistes? Die unfassbare, aber immer aufs Neue beeindruckende Geschichte vom Sprachwunder in Jerusalem, steht an diesem Fest im Mittelpunkt. Dort wurden vierzig Tage nach Ostern die großen Taten Gottes verkündigt und von den unterschiedlichsten Völkern in ihrer Muttersprache gehört und verstanden. Welch ein Wunder! Dieses Ereignis, erzählt in der Apostelgeschichte, wurde zum Geburtstag der Kirche.

Ist das aber für die Menschen des 21.Jahrhunderts, im Kontext vielfacher politischer und sorgenvoller wirtschaftlicher Probleme, noch ein aktuelles Thema, oder nur ein bisschen Erinnerung bei der älteren Generation und bei den Jüngeren ganz fremd?

In den letzten Wochen und Monaten war die Kirche in den Schlagzeilen und wird es auch weiterhin immer wieder bleiben. Dabei ging es zunächst um Missbräuche in der Katholischen, aber dann auch in der Evangelischen Kirche. Dazu kommen die vielfältigen Orientierungsfragen, die sich in unserer global geprägten Welt ergeben. Die plurale Situation der Konfessionen und Religionen wirft die Frage nicht nur nach den unterschiedlichen Formen in denen sich das kirchliche Leben entfaltet, sondern auch nach dem Gottesverständnis, neu auf. Gott in der Kirche, Gott in der Synagoge, Gott in der Moschee? Die Antworten auf die sich ergebenden Fragen werden oft in der geschichtlichen Entwicklung gesucht. Die Glaubwürdigkeit ihrer Vertreter, wird in der Gegenwart auf den Prüfstein gestellt. Wie steht es in dieser Vielfalt um deinen evangelischen Glauben?

Auch unsere Evangelische Kirche A.B. in Siebenbürgen wurde im letzten Herbst in Frankfurt am Main, in der Paulskirche, in großer Öffentlichkeit über ihre Vergangenheit in Frage gestellt. Dabei kamen vor allem die Pfarrer und die kirchenleitenden Würdenträger ins Blickfeld. Seinerzeit wurden sie beschuldigt die Aussiedlung zu verhindern. Als sie selber auswanderten, wurden sie der Untreue angeklagt um wie kein anderer Berufsstand gedemütigt und sanktioniert zu werden. Nun kommt noch die Verdächtigung dazu, in der Zeit der kommunistischen Diktatur von den Staatsorganen für deren Zwecke kooperativ vereinnahmt gewesen zu sein. Darüber wurde in unseren Veröffentlichungen einiges, hoffentlich klärend, geschrieben.

Dürfen solche Gedanken allein bestimmend sein, wenn wir den Geburtstag der Kirche feiern?

Dazu haben wir im Internet unter www.siebenbuerger.de folgende Umfragen eingestellt:

Was denken Sie über die Rolle der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien zwischen 1945 und 1989?
    *Sie musste in einer atheistisch geprägten Diktatur oft Kompromisse eingehen. 35 (23%) *Sie hat scheinbar "vorauseilenden Gehorsam" geleistet. 44 (29%) *Sie war in schwerer Zeit alleiniger Halt für die Siebenbürger Sachsen . 52 (34%) *Sie war durch ihr Handeln und Erscheinungsbild Opposition im kommunistischen Staat. 5 (3%)
  • Ich kann das nicht beurteilen. 15 (10%)
(Am Ende des Satzes ist die Personenzahl die abgestimmt hat angegeben, mit dem Prozentsatz von der Gesamtabstimmung.)

Obiges Umfrageergebnis ist zahlenmäßig nicht überwältigend, aber mit 151 Meinungsäußerungen doch beachtlich. Immerhin stimmen 52 Personen zu, dass unsere Kirche "in schwerer Zeit alleiniger Halt" gewesen ist und andere deuten Verständnis an für die damals notwendigen Kompromisse, die zu schließen waren. Das ist erfreulich und lässt erkennen, dass die Aufarbeitung der Vergangenheit weiterhin sorgfältiger Zuwendung bedarf. Kirche kann zur Schule werden, in der eine Kultur der Erinnerung gepflegt wird, in der es selbstkritische Reflexion, im Vertrauen auf Versöhnung und Vergebung gibt.

Im Glaubensbekenntnis sprechen wir jeden Sonntag: "Ich glaube an den Heiligen Geist, eine heilige christliche Kirche, die Gemeinschaft der Heiligen..." In dieses Bekenntnis passt das Bild der Kirche wie wir sie in ihrer Unvollkommenheit erfahren, aber trotzdem, hier und dort, in ihr Heimat haben können, weil sie der Geist Gottes erfüllt und leitet. Pfingsten eröffnet neue Hoffnung im Glauben und in der Liebe und macht uns gleichzeitig zu Hoffnungsträgern, die nicht vom Geist der Zeit bestimmt sind, sondern von Gottes heiligem Geist.

Ich wünsche Ihnen allen ein schönes und gesegnetes Pfingstfest.

Hermann Schuller

Schlagwörter: Kirche und Heimat, Pfingsten

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