31. Oktober 2023

36. Siebenbürgischer Kirchentag wurde in Ingolstadt gefeiert

Vom 6. - 8. Oktober hatte die Gemeinschaft Evangelischer Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben im Diakonischen Werk der EKD e.V. – Hilfskomitee zum 36. Kirchentag nach Ingolstadt, in die Sportgaststätte Zuchering, eingeladen. In Zusammenarbeit mit der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien (EKR), dem Dekanat Ingolstadt der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern sowie dem Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland - Kreisgruppe Ingolstadt und der HOG Großscheuern konnten die Teilnehmer drei ereignisreiche Tage zum Thema „Zur Freiheit hat uns Christus befreit (Galater 5,1) - Freiheit und Eigenverantwortung“, verbringen.
Gleich beginnt der Festgottesdienst, zu dem viele ...
Gleich beginnt der Festgottesdienst, zu dem viele Besucher in der schönen siebenbürgischen Kirchentracht gekommen sind. Foto: Martin Herche
Die Leitung des Kirchentages hatte der Vorstandsvorsitzende des Hilfskomitees, Prof. Dr. Berthold Köber, inne. Das kulturelle Programm gestalteten die Tanzgruppen der Kreisgruppe Ingolstadt, die Siebenbürger Banater Blaskapelle, die Burgberger Singgruppe und die Siebenbürgische Kantorei.

Nach einer gespielten Intrade von der Siebenbürger Banater Blaskapelle unter der Leitung von Hermann Mattes, begrüßte Prof. Dr. Berthold Köber in seiner Eröffnungsansprache alle Anwesenden und besonders die Ehrengäste. Es sei eine besondere Ehre und Freude, dass sie die Einladung zum Kirchentag angenommen hätten und gekommen wären. Im Besonderen begrüßte er Dekan Thomas Schwarz, Vertreter der Evangelischen-Lutherischen Kirche in Ingolstadt, Bischof Reinhart Guib sowie Hauptanwalt Friedrich Gunesch seitens der EKR, Kirchenrätin Melitta Müller-Hansen seitens der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche in Bayern, Franz Wöhrl, Fraktionsvorsitzender der CSU Ingolstadt, Rainer Lehni, Bundesvorsitzender des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V., Ilse Welther, Vorsitzende des HOG-Verbandes, und Prof. Martin Bottesch, Vorsitzender des Demokratischen Forums der Deutschen in Siebenbürgen, und bedauerte, dass die Ingolstädter Bürgermeisterin, Dr. Dorothea Deneke-Stoll, wegen einer plötzlichen Erkrankung nicht dabei sein konnte.
Die Schüler- und Jugendtanzgruppe Ingolstadt am ...
Die Schüler- und Jugendtanzgruppe Ingolstadt am 36. Siebenbürgischen Kirchentag mit von rechts: Prof. Dr. Berthold Köber, Manfred Binder, Gerda Knall, Bischof Reinhart Guib und Ilse Welther. Foto: Ingeborg Binder
Weiter führte er aus, dass der Anlass für das Thema des Kirchentages das 800jährige Jubiläum des sog. Goldenen Freibriefes des ungarischen Königs Andreas II. für die Siebenbürger Sachsen ist, der ihre Existenz und Freiheit jahrhundertelang gesichert habe. Vom König gerufen, um sich an der Verteidigung seines Reiches gegen die eindringenden asiatischen Nomadenvölker beteiligen, sicherte ihnen der Freibrief für die damalige Zeit ungewöhnlich große Freiheiten zu: Sie blieben Freie, es gab keine Leibeigenschaft, die Gemeinden durften sich selbst zu verwalten und ihre politischen Vertreter und sogar ihre Pfarrer frei wählen u.a.

Aus dieser Freiheit heraus hätten sie nicht nur Verantwortung für die Gestaltung ihres Gemeinwesens und die Verteidigung des ungarischen Königreiches übernommen, sondern auch für die Angehörigen der anderen, in Siebenbürgen lebenden Konfessionen und Ethnien. Ge­stärkt und getragen worden seien sie dabei von einem tiefen Glauben und Vertrauen auf Gott, der diese Frei­heit überhaupt geschenkt hat.

Ein besonderer Dank ging an Manfred Binder, den Vorsitzenden der Kreisgruppe Ingolstadt, und an seine Ehefrau Ingeborg, sowie an Udo Müller, den Vorsitzenden der HOG Großscheuern, für die Organisation des Kirchentages vor Ort.

Berthold Köber führte aus, dass das Hilfskomitee in seiner Tätigkeit seit seiner Gründung 1947 eine doppelte Zielrichtung verfolgt: Es unterstützt unsere in Deutschland lebenden Landsleute bei ihrer Integration in die hiesige Gesellschaft und Kirche und unterstützt gleichzeitig auch unsere Heimatkirche, die EKR, und ihre geistlichen, diakonischen und Bildungseinrichtungen sowie Gemeindeglieder in Notlagen.
Blick auf die im Saal versammelten zahlreichen ...
Blick auf die im Saal versammelten zahlreichen Gäste. Foto: Hans Ehrlich
Aus den Grußworten der Ehrengäste sei zu erwähnen: Dekan Thomas Schwarz gestand, ein wenig stolz zu sein, dass der Kirchentag in Ingolstadt stattfinde, und hob die Grundzüge der Demokratie in der Bundesrepublik hervor, zu denen im Wesentlichen die Freiheit und die freie Meinungsäußerung gehören. Für die Siebenbürger Sachsen hatte die Freiheit schon immer einen hohen Stellenwert, aber auch die Verantwortung. Diese leben sie, indem sie sich für die alte Heimat verantwortlich fühlen.

Bischof Reinhart Guib überbrachte herzliche Grüße der Heimatkirche. Er freue sich auf Begegnungen, die bekannten Menschen, mit denen Gemeinschaft erlebt wird, und die freundliche Verbundenheit mit der EKR. Er wies besonders auf das landeskirchliche Altenheim in Schweischer und das Schülerheim in Hermannstadt hin, die großzügig unterstützt werden.

Für Kirchenrätin Melitta Müller-Hansen war es ein Heimspiel in doppelter Hinsicht: Sie freue sich über die Einladung zum Kirchentag und über den Austragungsort, weil Ingolstadt nach ihrer Ankunft in Deutschland ihre erste Heimat war. Sie überbrachte Grüße von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, die gute geistliche Beziehungen zu der EKR und ihren Einrichtungen in Siebenbürgen pflege und wünschte ein herzliches geschwisterliches Miteinander und Gottes Segen.

In einer kurzen Pause konnte man dem Geigenspiel von der jungen Debora Mooser lauschen, bei dem sie das Stück „Gavotte“ von J.B. Lully vortrug.

Franz Wöhrl, Fraktionsvorsitzender der CSU Ingolstadt, lobte die Zusammenarbeit der Siebenbürger Sachsen und der Banater Schwaben mit der Stadt Ingolstadt. Dem Kirchentag wünschte er gutes Gelingen und Gottes Segen.

Bundesvorsitzender Rainer Lehni überbrachte Grüße vom Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V. und dankte dem Hilfskomitee und der Kreisgruppe Ingolstadt. Bei den Siebenbürger Sachsen sei die Kirche eng mit dem Volk verbunden; Kirche und Heimat, Identität, Kultur und Tradition gehören seit jeher zusammen. Dem Kirchentag wünschte er erfolgreiche Stunden und Tage.

Prof. Martin Bottesch, Vorsitzender des Demokratischen Forums der Deutschen in Siebenbürgen, hob das enge Verhältnis zwischen dem Forum und der Evangelischen Kirche hervor. Die früheren, verschiedenartigen Ansichten hätten sich schrittweise gewandelt, auch dank der Veränderungen in Europa, der Bewegungen der Menschen und der neuen Medien. Dem Kirchentag wünschte er gutes Gelingen.

Für Manfred Binder, den Vorsitzenden der Kreisgruppe Ingolstadt, war es eine Ehre, wie er sagte, dass der 36. Siebenbürgische Kirchentag in Ingolstadt in Zusammenarbeit mit der hiesigen Kreisgruppe ausgetragen werde. Sie sei eine starke Gemeinschaft. Der Glaube habe die Gemeinschaft in schwierigen Zeiten gestärkt und getragen.

Die Volkstanzgruppe Ingolstadt, geleitet von Monika Tontsch, eröffnete den kulturellen Teil mit den Tänzen „Der Nagelschmied“ und „Walzer für Mona“. Im Anschluss wurde für das leibliche Wohl mit einem Siebenbürgischen Büfett gesorgt, gespendet von Mitgliedern der Kreisgruppe. Das Hilfskomitee steuerte einen edlen Tropfen Bogeschdorfer Weines bei.

Nach der Stärkung informierte Philipp Harfmann über die Stiftung Kirchenburgen, die 2015 ins Leben gerufen wurde und aktuell unter der gemeinsamen Schirmherrschaft des rumänischen Staatspräsidenten Klaus Werner Johannis und des deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier steht. Die Aktivitäten der Stiftung gehen weit über die praktische Denkmalpflege hinaus: z.B. Bildung, Schulung und Weiterbildung der Burghüter, Fachtourismus und Öffentlichkeitsarbeit. Parallel konnte die Ausstellung der Kirchenburgen besichtigt werden. Als weitere Ausstellungsstücke konnten Bilder (Aquarelle) von Helite Tontsch-Schmidt (Ingolstadt) besichtigt werden. Zum Abschluss des ersten Tages sprach Pfr. i.R. Hans Ehrlich, aus Mannheim, den Abendsegen.

Der zweite Tag begann mit einer beeindruckenden Morgenandacht von Kirchenrätin Melitta Müller-Hansen, in der das Thema Freiheit im Mittelpunkt stand. Freiheit sei eine große Gabe, die Krönung für den Menschen. In früheren Zeiten wurde sie in den Nachbarschaften gelebt, aber nicht ohne Verbote. Eine strenge Ordnung habe für die Freiheit einen Rahmen geschaffen.

Es folgte der Vortrag „Freiheit und Eigenverantwortung – 800 Jahre Freibrief (Andreanum)“, gehalten vom Historiker Dr. Harald Roth, Direktor des Deutschen Kulturforum östliches Europa Potsdam. Darin ging er ausführlich auf die Entstehungs- und Wirkungsgeschichte sowie die Bedeutung des Freibriefes ein. Er habe durch die Jahrhunderte die Freiheit und Existenz der Siebenbürger Sachsen gesichert. Die Teilnehmer folgten dem Vortrag mit großem Interesse. Es entwickelte sich eine rege Diskussion mit vielen Fragen zum Vortrag.

Die Kreisgruppe Ingolstadt hatte ein großes ...
Die Kreisgruppe Ingolstadt hatte ein großes Büffet mit vielen siebenbürgischen Spezialitäten vorbereitet. Foto: Hans Ehrlich
Nach dem Mittagessen gab es die Möglichkeit zur Teilnahme an einer Stadtführung zum Thema „Evangelisch in Ingolstadt“. Bei der anschließenden Kaffeepause wurde siebenbürgisches Gebäck gereicht. Die fleißigen Bäckerinnen der Kreisgruppe Ingolstadt hatten ein vielfältiges Sortiment an Siebenbürgischen Schnitten, Hanklich und Baumstriezel vorbereitet.

Das anschließende Kulturprogramm gestaltete die Burgberger Singgruppe mit den Liedern „De Sälverfäden“, „De Astern“, „Glocken der Heimat“ und „Möge die Straße“, gefolgt von Tanzdarbietungen der Kinder- und Jugendtanzgruppe der Kreisgruppe Ingolstadt. Die Kinder führten die Tänze „Der Schlamperer“ und „La Chapeloise“ auf. Die Jugendlichen begeisterten mit den Tänzen „Hettlinger Bandritter“, „Holsteiner Dreitour“ und als Zugabe mit „Recklich Med“.

Im Vortrag „Beistand und Begleitung. Für unsere Landsleute. 75 Jahre Gemeinschaft evangelischer Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben im Diakonischen Werk der EKD – Hilfskomitee“ ging Prof. Dr. Berthold Köber auf die Entstehung und die Tätigkeiten des Hilfskomitees ein, die Einbindung ins Programm des Heimattages, die Zusammenarbeit mit der Heimatkirche und mit anderen Organisationen, die Mitgliedschaft im Siebenbürgischen Museum und im Schlossverein Gundelsheim und vieles mehr. Das Hilfskomitee gehört dem Konvent der ehemaligen Ostkirchen an. Neben der Beilage „Kirche und Heimat“ in der Siebenbürgischen Zeitung gibt es regelmäßig das Jahrbuch heraus.

Aus der Evangelischen Kirche A.B in Rumänien berichteten Bischof Reinhart Guib und Hauptanwalt Friedrich Gunesch über ihre Tätigkeiten, aktuelle Projekte, Sorgen und Hoffnungen. Bischof Guib erwähnte die Patenschaften mit einigen evangelischen Gliedkirchen der EKD und lobte das gute Miteinander.

Martin Bottesch schilderte die politische Situation des Forums seit der Gründung vor drei Jahrzehnten, berichtete über aktuelle Projekte und bot einen Ausblick: Die Zukunft des Forums hänge von der Jugend ab.

Es folgte der Vortrag von Martin Herche, Vorsitzender und Generalsuperintendant i.R. des Konvents der ehemaligen evangelischen Ostkirchen, der bereits 1951 gegründet worden war. Über den Verein Gustav-Adolf-Werk e.V. informierte Pfr. Wolfgang Layh, Vorsitzender in Bayern. Es ist das älteste evangelische Hilfswerk in Deutschland, gegründet 1832 in Leipzig, hat 50 Partnerkirchen und unterstützt jährlich bis zu 140 Projekte.
Die Siebenbürgische Kantorei. Foto: Georg Hutter ...
Die Siebenbürgische Kantorei. Foto: Georg Hutter
Die Siebenbürgischen Kantorei, geleitet von Andrea Kulin, beteiligte sich am kulturellen Programm mit sächsischen Liedern, wie „Äm Moa“, „Det Brommerchen“, „Kirscheblähn“, „Det Palamitzken“, mit Werken Banater Komponisten und mit einem Gedicht von Grete Lienert-Zultner, vorgetragen von Anette Königes.

Die Theatergruppe der Kreisgruppe vervollständigte den kulturellen Teil mit dem Theaterstück in sächsischer Mundart „Esi woor et...“ (Text: Hilde Juchum; Regie: Hilde Albrich, Helite Tontsch-Schmid), das auch beim diesjährigen Sachsentreffen in Keisd aufgeführt wurde. - Den Abendsegen sprach Dekan i.R. Hans-Gerhard Gross.

Der Abschluss des Kirchentages war ein Abendmahlsgottesdienst in der St. Markuskirche Ingolstadt. Es predigte Bischof Reinhart Guib, die Liturgie übernahm Pfarrer i.R. Hans Schneider, Katharina Kraus spielte die Orgel. Die Siebenbürgische Kantorei gestaltete den musikalischen Teil. In seiner Predigt gab Bischof Guib zu bedenken, wie unser Leben, egal ob in Hermannstadt oder Ingolstadt, ohne Regeln verlaufen würde. Gott hat uns die Zehn Gebote geschenkt, die uns Regeln und Ordnung vermitteln, Kooperation und Partnerschaft. Die Gebote sind wichtig für unser Leben, sie bringen uns die Botschaft, dass Gott uns alle liebt und beschützt. Die Gemeinde hat das Abendmahl von Bischof Reinhart Guib, Pfr. i.R. Hans Schneider, Kirchenrätin Melitta Müller-Hansen und von Prof. Dr. Berthold Köber empfangen.

Nach dem Gottesdienst spielte die Blasmusik bei dem kleinen Empfang. Das Hilfskomitee hielt in den Räumlichkeiten der St. Markuskirche seine Ordentliche Mitgliederversammlung mit Rechenschaftsbericht und Vorstandswahlen ab. Der bisherige Vorsitzende, Prof. Dr. Berthold Köber, kandidierte nicht mehr. Zum neuen Vorsitzenden wurde Dekan i.R. Hans-Gerhard Gross gewählt.

Es waren sehr informative und ereignisreiche Tage, die unsere siebenbürgisch-sächsische Gemeinschaft gestärkt haben. Für die Kreisgruppe Ingolstadt war es eine besondere Ehre Gastgeber zu sein und einen Beitrag zu leisten, durch die kulturelle Programmgestaltung und die kulinarische Verpflegung. Ein besonderer Dank gilt den aktiven Mitgliedern und den vielen Helfern, die all das ermöglicht haben.

Marianne Theil

Schlagwörter: Kirchentag, Kirche und Heimat, Hilfskomitee, EKR, Ingolstadt, Köber

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