8. Mai 2002

Brisanter Vortrag in Stuttgart

Zum Vortrag von Dr. Michael Kroner "Die Siebenbürger Sachsen in den Monaten nach dem 23. August 1944. Ihre Existenz zwischen Flucht, Vertreibung, Internierung, Deportation, Verfolgung und antideutscher Hetzkampagne" im Rahmen der Stuttgarter Vortragsreihe waren am 26. April die Zuhörer erwartungsgemäß zahlreicher als sonst im Haus der Heimat zu Stuttgart erschienen.
Siegfried Habicher, Öffentlichkeitsreferent der Landegruppe Baden-Württemberg, begrüßte die Anwesenden und stellte den Referenten als einen der profiliertesten Kenner siebenbürgisch-sächsischer Zeitgeschichte vor. Michael Kroner, der wiederholt und minutiös über die Ereignisse um den 23. August 1944 publiziert hat, berichtete zunächst chronologisch über den Ablauf der Ereignisse ab der Kündigung des Waffenbündnisses mit Deutschland durch Rumänien. Obwohl schon vorher genügend "Gerüchte" kursierten, waren alle deutschen Stellen völlig überrascht. Der Luftangriff auf Bukarest als Reaktion der deutschen Heeresleitung förderte nicht nur antideutsche Stimmungen, sondern führte auch zum Kriegseintritt Rumäniens gegen Deutschland, womit nicht nur die Karpaten als Verteidigungslinie entfielen, sondern auch der Balkan nicht mehr zu halten war - ein Zusammenbruch, der nur mit Stalingrad vergleichbar ist.
Aber nicht nur für die deutsche Wehrmacht wurde der 23. August zum "schwarzen Tag". Gewissermaßen mit stockendem Atem verfolgten die Zuhörer, wie das Rad der Geschichte erbarmungslos über die Deutschen in Rumänien hinwegrollte. Durch die gleichgeschaltete Volksgruppenführung diskreditiert, sahen sie sich einer der größten Herausforderungen ganz ohne Führung und Vertretung ausgesetzt: Viele Amtswalter waren interniert, untergetaucht oder geflohen. Die vom Volksgruppenführer mitgetragene Fallschirmspringer-Aktion, die einen Umsturz hinter der Front einleiten sollte, war nicht nur militärisch nutzlos, sondern nährte den Verdacht der Spionagetätigkeit seitens der deutschen Minderheit. Kollektiv als "Hitleristen" diffamiert, hatten deren Mitglieder vielfältige antideutsche Repressivmaßnahmen zu erdulden.
Die Sachsen, die sich auf eine sowjetische Besatzung einstellten, versuchten zu retten was zu retten war. Hans Otto Roth mahnte zu Ruhe und Ordnung, zu Ausharren und Beherrschung und versuchte eine neue Volksvertretung zusammenzubringen. Die evangelische Kirche bewahrte nicht nur deutsches kirchliches Leben, sondern ihr gelang es auch die Schulen aufrecht zu erhalten. Die noch verbliebenen Presseorgane versuchten Orientierung zu geben. Aber alle diese Versuche wurden von den antideutschen Reflexen zunichte gemacht: Nach den verordneten Registrierungen kam es zur Deportation von 30 336 arbeitsfähigen Rumäniendeutschen in die Sowjetunion, zur Entrechtung und zur Enteignung aller Deutschen.
Das alles und ebenso die Lage der Siebenbürger Sachsen in dem zu Ungarn gehörenden Nordsiebenbürgen - 95 % verließen im Treck ihre Heimat und ihren Besitz - hat Dr. Kroner mit Fakten belegt in seinem sachlich gehaltenen Vortrag angesprochen. Dafür dankte ihm nicht nur der Landesvorsitzende Alfred Mrass. Bei weiteren Zuhörern wallten indes in der anschließenden Aussprache die Emotionen hoch. Ob es um Fragen bezüglich der Straflager und der Rückkehr der Deportierten ging oder um die Agrarreform und sonstige Enteignungen, in dem übersteigerter Nationalismus und Neid die Gunst der Stunde ausnutzten - sie offenbarten Erfahrungen und Einzelschicksale, über die die Akten schweigen. Damit blieb noch genügend Gesprächsstoff für den letztendlich versöhnenden kleinen Umtrunk, der wie immer von der Familie Habicher dargeboten wurde.

Dp.

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