29. Mai 2002

"Hermannstadt - Einblicke eines Partners und Freundes"

Im Rahmen des Heimattages in Dinkelsbühl fand am Pfingstsamstag und -sonntag die Fotoausstellung „Hermannstadt - Einblicke eines Partners und Freundes“ statt. Die Schwarzweißaufnahmen von Dr. Karl Heinz Rothenberger zeigen Impressionen aus der Stadt am Zibin. Diese sind anlässlich einer Siebenbürgenreise des Rotary Club Landshut Trausnitz, dessen amtierender Präsident Rothenberger ist, am 25. - 26. Mai 2001 entstanden.
Der gebürtige Landshuter Rothenberger ist Chefarzt der dortigen Urologischen Klinik. Als Wanderer zwischen den Kulturen hat sich der Künstler der Schwarzweißfotografie verschrieben. Die Motivsuche für seine Ausstellungen führte ihn schon nach Kuba und Kanada, nun, im Mai vergangenen Jahres, auch nach Siebenbürgen. Nicht ohne Hintergrund. Angesichts der sich zu dem Zeitpunkt anbahnenden, am 13. April diesen Jahres vollzogenen Städtepartnerschaft zwischen Landshut und Hermannstadt lag Rothenbergers Fokussierung auf die Stadt am Zibin nahe.
Foto-Ästhet Karl Heinz Rothenberger im Gespräch mit Karin Servatius-Speck
Foto-Ästhet Karl Heinz Rothenberger im Gespräch mit Karin Servatius-Speck

Zur Ausstellungseröffnung begrüßte die Stellvertretende Bundesvorsitzende der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen Karin Servatius-Speck die anwesenden Ehrengäste. Niemand war berufener für die Einführung als Professor Ortwin Schuster. Der Stellvertretende Vorsitzende des Stiftungsrates der Siebenbürgisch-Sächsischen Stiftung, dem jüngst Bundespräsident Rau das Bundesverdienstkreuz verliehen hatte, war der eigentliche Initiator dieser Siebenbürgenreise. Schuster lud in seiner feinsinnigen, hintergründigen Eröffnungsansprache zum Bilderspaziergang ein und nannte Rothenberger einen Freund und Partner: Ich habe in seinen Fotografien meine Heimat wiedergefunden, dieses bilderbeschwörende, erinnerungsstarke Duftgemisch, das wir so notwendig brauchen, um nicht entwurzelt zu werden. Die vorliegenden Bilder zeichnen voller Wärme und Wohlwollen, eben mit Herz und Hand eines Freundes, das Weichbild Hermannstadts, das sein Gesicht verändert, aber nicht verloren hat.
In dem hellen, erdgeschössigen Ausstellungsraum des Evangelischen Gemeindehauses wurden insgesamt 29 großformatige Aufnahmen auf Vorder- und Rückseite von vier parallel aufgestellten Rampen platziert. Der virtuelle Spaziergang führte an viele bekannte Plätze in Hermannstadt: Brukenthal-Lyzeum, Altes Rathaus, Generalsloch am Großen Ring, Hartenecktürme, Denkmal Josephs II., Fingerlingsstiege, Evangelische Stadtpfarrkirche, Schiller-Denkmal oder Lügenbrücke. Mit geübtem (Seiten)Blick erspähte Rothenberger aber auch jenseits dieser touristischen Anziehungspunkte ansprechende Motive. So im Halbschatten ein Portal mit antikem Türklopfer, als Löwenmaul gestaltet, darauf das Graffiti Atenție Garaj. - In der Piața Aurarilor sitzt eine Frau am offenen Fenster ihrer Wohnung im ersten Stock und streckt wohlig-entspannt ihre Füße auf das Fensterbrett hinaus.
Unter den Frühling atmenden Stimmungsbildern befindet sich jenes eines jungen Paares, das am Rande eines Biergartens im Grünen den Augenblick auskostet. Oder das mit den beiden übermütigen Kindern, die in einem einfachen Holzkarren mit improvisierten Autoreifen, den ein Pferd zieht, um eine Hausecke fliegen.
Die meisten Fotos, Porträts und Stillleben, sind Ausdruck ruhigen Fließens, als Zustandsbeschreibungen beschaulich und nicht provokativ. Selbst die mit 35 mm-Breitwinkel-Objektiv eingefangenen Motive von Verwitterung und Verfall. Die Fotos sind nicht technisch verfremdet. Es gibt keine einzige Ausschnittsfotografie. Aus diesem Grund betrachtet man die Motive unbefangen vor der Schablone seiner Erinnerung, ohne Irritationen, ohne Misstrauen. Rothenbergers Bilder setzen auf Kontraste, nicht auf grelle Effekte. Sie stellen Ansprüche an den Betrachter. Der Ausstellungsbesucher, so der Landshuter Künstler, kann diese Fotografien nicht einfach nach Kriterien wie schön, farbig oder wohlgefällig konsumieren, er muss sich engagieren. Ich möchte ihn dazu verleiten, in die Perspektive des Fotografen einzutauchen. Dieses Unterfangen ist Rothenberger bravourös gelungen.

Christian Schoger

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