9. Juni 2002

In München: Vortrag über Herta Müller

Einen Vortrag über „DissemiNation. Identität und Differenz im Werk Herta Müllers“ hält die Mailänder Germanistin Dr. Paola Bozzi am Montag, dem 10. Juni, 18.00 Uhr, im Institut für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas in München.
Begrüßung: Dr. Krista Zach, Einführung: Dr. Peter Motzan. Wie das Münchner Institut mitteilt, dokumentiert der Weg Herta Müllers (geb. 1953 in Nitzkydorf/Banat) von den „Rändern“ der deutschen Literatur in deren „Mitte“ eine außergewöhnliche Erfolgsgeschichte: Das erzählerische Werk der seit 1987 in Deutschland lebenden Schriftstellerin, die bereits in Rumänien zwei Bücher veröffentlicht hatte, wurde in 15 Sprachen übersetzt, mit renommierten Literaturpreisen ausgezeichnet und in zahlreichen Studien und Dissertationen befragt und kommentiert.
Kennzeichnend für Herta Müllers hochgradig komplexe Texte sei der Einbezug des geo-kulturellen Raumes ihrer Sozialisation, die andere Wahrnehmung, die geformt wurde aus einer Erfahrung der jeweiligen nationalen, geschlechtsbedingten und sprachlichen Differenzen in einer kommunistischen Diktatur. „Bewegung, Veränderung und Ambivalenz prägen ihr Werk“, so das Münchner Institut weiter. Erzählt aus der Perspektive von Außenstehenden, verbinden ihre Geschichten die Entfremdung des Individuums von Staat und Gemeinschaft bzw. den Ausschluss der Frauen und derjenigen, die der gesellschaftlichen Norm nicht entsprechen. So bringt die Autorin Momente des Fremden in die zeitgenössische deutsche Kultur und Gesellschaft ein, die als solche nicht assimilierbar sind.
In den Mittelpunkt ihrer Darstellungen rückt die Mailänder Germanistin Paola Bozzi die Vorstellung der Differenz bei Herta Müller als Artikulation einer wechselseitigen kulturellen Beeinflussung und als Versuch einer ständigen Neuverhandlung und Neuformulierung gesellschaftlicher, nationaler und individueller Identitäten sowie entsprechender hybrider Entwicklungen. ‚Ausgerüstet‘ mit dem fremden Blick, untergräbt die Schriftstellerin Herta Müller binäre Strukturen und entwirft Konzepte einer multidimensionalen Identität, Kultur, Geschichte und Sprache im Zwischenraum einer reziproken Wahrnehmung von Minderheiten) und Mehrheit innerhalb der deutschen Gesellschaft.
Dr. Paola Bozzi, die 1996 mit einer Arbeit über die Lyrik Thomas Bernhards an der Humboldt-Universität zu Berlin promovierte, ist seit 1995 wissenschaftliche Assistentin im Fachbereich Germanistik der Universität Mailand. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Frühaufklärung, deutschsprachige Literatur des 20. Jahrhunderts, Literaturtheorie, Gender Studies. Zurzeit arbeitet sie an einem Buch über Herta Müller.
Das Institut für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas, Halskestr. 15, 81379 München, Tel.: 089-78 06 09-0, ist mit der U-Bahn 3, Richtung „Fürstenried West“, Haltestelle „Aidenbachstraße“, zu erreichen.

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