7. Juli 2002

Forum auf eine andere Art attraktiv machen

Eine Klausurtagung des Siebenbürgenforums (DFDS) über die Zukunft der Interessenvertretung fand kürzlich in Sovata statt. Interview mit dem DFDS-Vorsitzenden, Dr. Paul Jürgen Porr.
Jüngst wurde er im Amt als DFDS-Vorsitzender bestätigt, kurz zuvor hatte ihm das Bukarester Präsidialamt sogar den Botschafterposten Rumäniens in Berlin angeboten: Dr. Paul Jürgen Porr, der gebürtige Mediascher, will seinen Beruf jedoch kurzfristig nicht an den Nagel hängen. Schon der Vorsitz des Siebenbürgenforums mit Sitz übrigens in Hermannstadt schafft dem Klausenburger Arzt so seine Probleme, da der Zusammenhalt dieser Interessenvertretung von Broos bis Draas nicht einfach zu bewerkstelligen ist. Das war mit ein Grund, den DFDS-Vorstand jüngst zu einer Klausurtagung nach Sovata zu berufen. In diesem Zusammenhang richtete unser Mitarbeiter Martin Ohnweiler einige Fragen an Dr. Porr.
Paul Jürgen Porr bei der Eröffnungsveranstaltung des diesjährigen Heimattages in Dinkelsbühl. Foto: Josef Balazs
Paul Jürgen Porr bei der Eröffnungsveranstaltung des diesjährigen Heimattages in Dinkelsbühl. Foto: Josef Balazs

Worum ging es bei der Klausurtagung?

Zunächst will ich die Tatsache hervorheben, dass eine solche Klausurtagung erstmals auf Anregung des Siebenbürgenforums stattgefand. So etwas hat es auch bei anderen Regionalforen noch nie gegeben. Die Idee wurde vor etwa zwei Jahren vom Kronstädter Dr. Albrecht Klein vorgebracht, der Anfang Mai auch sehr großzügig seine noble Villa in Sovata dafür zur Verfügung stellte.

Herr Klein sprach sich ursprünglich für ein so genanntes Brainstorming aus.

Ja, man kann die Klausurtagung auf Neuhochdeutsch auch als „Brainstorming“ bezeichnen, aber im Prinzip geht es ja um das Gleiche: Man will sich über bestimmte Dinge Gedanken machen.

Und worüber hat man sich nun in Sovata Gedanken gemacht?

Kurz formuliert, waren das folgende Überlegungen: Was will und was kann das Forum, mit wem sollte es neue Richtlinien ansteuern, und schließlich: Wie will oder soll man all das anpacken? Man muss dabei bedenken, dass sich das Forum zwar im 12. Jahr seines Bestehens befindet, die Bedingungen aus der Gründerzeit aber so nicht mehr vorhanden sind. Vorhanden ist lediglich ein Statut, ein Programm jedoch fehlt nach wie vor.

Die Wirtschafts- und dann auch die Schulkommission haben allerdings seinerzeit ein Rahmenprogramm für ihre Ressorts ausgearbeitet.

Richtig, die Kulturtätigkeit funktioniert auch, ebenso das Forum insgesamt und seine Untergliederungen. Nur fehlt ein Rahmenprogramm, wie das bei Parteien und anderen Interessenvertretungen üblich ist. Unser Statut ist verbesserungsbedürftig, einige Satzungsänderungen wurden schon vorgenommen. Das also wurde prinzipiell zur Diskussion in den Raum gestellt.

Und wer wurde hierfür als Diskussionspartner eingeladen, wer sollte über die Zukunft des Forums nachdenken?

Wir hatten praktisch den ganzen Vorstand des Siebenbürgenforums aufgerufen, an der Klausurtagung teilzunehmen, aber auch andere, die sich über die Zukunft des Forums Gedanken machen. Am runden Tisch kamen schließlich zwölf Leute unterschiedlichen Alters und aus verschiedenen Bereichen zusammen.

Dann also: Was will das Forum?

Es will, erstens: seine Mitglieder vertreten, dann aber auch Probleme lösen und, drittens: Brücken bauen. Im Klartext: Es geht zunächst um die Vertretung bei Regierungsstellen, im rumänischen Parlament sowie auf Kreis- und lokaler Ebene, ferner um engere Kontakte zu den Partnerforen, zu den politischen Parteien, zu den anderen Minderheiten, vor allem aber zu den anderssprachigen Medien. Stichwort: Öffentlichkeitsarbeit, die noch sehr nachhinkt. Zudem muss man intensiver mit den Landsmannschaften zusammenarbeiten und sich im Ausland verstärkt bei den deutschen wie österreichischen Behörden Gehör verschaffen. Erstmals wurden in diesem Sinne auch EU-Gremien in Erwägung gezogen.

Wurde in Erwägung gezogen, zu der Klausurtagung beispielsweise auch Vertreter der Landsmannschaft hinzuzuziehen, oder will man im Alleingang über die Zukunft der Sachsen nachdenken?

Wir sind ja viel zu schwach, um im Alleingang unsere Probleme zu lösen. Auch war dies lediglich eine erste Klausurtagung, andere werden in erweitertem Rahmen mit Sicherheit noch folgen. Ruhigen Gewissens kann ich vorweg behaupten, dass zumindest seit 1995 unsere Beziehungen zur Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen und zur Föderation sehr gut sind, die Banater und Sathmarschwaben pflegen übrigens schon seit viel früher gute Kontakte zu ihren Landsleuten im Ausland. Also von einem Alleingang kann nicht die Rede sein.

Dann weiter: Welche Probleme gibt es?

Die sind größtenteils bekannt und werden in den jeweiligen Fachkommissionen denn auch regelmäßig aufgeworfen und im Detail behandelt. Grundsätzlich steht das Forum insgesamt vor einem großen Problem: der Abhängigkeit von den Geldern des Bundesministerium des Innern (BMI). Hier muss man umdenken und verstärkt auf andere Geldgeber zugehen, denn das große Geld liegt, wie man weiß, künftig eher in Brüssel, wobei als Vermittler dann das Bundesentwicklungsministerium (BMZ) oder die GTZ, aber auch die Landsmannschaften sowie andere Gremien durchaus in Frage kommen.

An dem gefürchteten Tropf bleibt man doch weiterhin hängen?

Sicherlich. Jedoch für die wirtschaftlichen Anliegen kommen die Rückflussgelder unserer Stiftungen beispielsweise schon einmal in Frage. Bloß für unsere Kultur und unsere Schulen muss es, wie das unser neuer Landesvorsitzende Klaus Johannis treffend sagte, weiterhin Fördergelder geben, diese Institutionen können sich doch von selbst nicht tragen. Und das nirgends auf der Welt.

Aber dorthin, zur großen Welt, will man Brücken schlagen. Oder?

Nicht gleich zur ganz großen Welt, aber auch nicht nur zu Deutschland, wie das bisher größtenteils gehandhabt wurde. Vielmehr denke ich an unsere doppelte Brückenfunktion und meine hiermit die Beziehung unserer Minderheit zur rumänischen Majorität und überdies zu den anderen Minderheiten. An diese positive Tradition knüpften wir übrigens schon 1992 in Klausenburg, als wir einen Aufruf zum Dialog zwischen dem Ungarnverband (UDMR) und der damaligen Funar-Partei (PUNR) starteten, wenn auch ohne nennenswerten Erfolg. Aber danach wurde in Klausenburg dann doch die Gesellschaft für interethnischen Dialog gegründet, die auch heute noch besteht und Beachtliches in diesem unserem ursprünglichen Sinne einer Verständigung zwischen den Volksgruppen leistet.

Das konnte man einmal, aber kann man das heute noch angesichts des starken Mitgliederschwunds?

Zunächst brauchen wir eine neue Bestandsaufnahme, um überhaupt zu erfahren, mit wem wir weitermarschieren können. Es kommt dabei nicht nur auf die Quantität, sondern auch auf die Qualität der Mitglieder an, wobei man sich nach anderen, neuen Persönlichkeiten umsehen sollte, aber auch nach neuen Organisationen oder Gremien. So sind wir kürzlich mit der Liga "Pro Europa" von Smaranda Enache aus Neumarkt am Mieresch gemeinsam gegen das Projekt Dracula-Land angetreten - offenbar erfolgreich.

Woher soll man neue Mitglieder nehmen, wenn die "alten" dem Forum wegen der Aufhebung des Visazwangs den Rücken kehren?

Sicherlich: Mit den „Rama-Deutschen“, wie ich jene nannte, die vom Forum lediglich Hilfspakete erwarteten, kann man schon lange nicht mehr rechnen, mit den „Visa-Deutschen“ vermutlich demnächst auch nicht mehr. Daher war man auf der Klausurtagung der Meinung, unser Forum eben auf eine andere Art wieder attraktiv für andere zu machen. Und dafür sehen wir als einzigen Ausweg vorerst unsere Schulen, die ja immer noch attraktiv sind. Von dort also müssten wir unsere neuen Mitglieder rekrutieren. Die Schulen werden, wie man weiß, mehrheitlich nicht von deutschen Muttersprachlern besucht. In den Satzungen des Landesforums heißt es jedoch unter Artikel 6: Forumsmitglied ist der, der sich mit Deutsch als Muttersprache ausweist. Wir wollen das nun dahingehend ändern, dass es nicht mehr deutsche Muttersprache, sondern lediglich deutsche Sprache heißt. Das Siebenbürgenforum kann das nicht alleine durchsetzen, der Vorschlag muss zunächst im Landesvorstand und dann von der DFDR-Vertreterversammlung abgesegnet werden. Unsere Heimatkirche hat uns das übrigens schon vorexerziert: Sie ist zwar weiterhin evangelisch, aber nicht mehr nur pur sächsisch. Und unsere Schulen haben sich ohnehin schon in dieser Richtung seit langem geöffnet, anders hätten sie ja nicht bestehen können. Somit aber bekommt dann auch die Bevölkerungsstruktur innerhalb der Foren eine solidere Basis, die, laut Hans Klein, neuerdings schon den kritischen Punkt überwunden haben soll. Das jedoch werden letztendlich die Ergebnisse der Volkszählung ergeben.

Letztendlich jedoch muss diese Jugend auch den Weg zum Forum finden. Eine Satzungsänderung allein tut das vermutlich nicht.

Der Weg hierher wird über das Jugendforum geebnet, wobei der Vorschlag kam, dass diese Mitglieder auch schon viel eher als volle Mitglieder ins „alte“ Forum aufgenommen und da verstärkt beispielsweise in die Kultur- und Wirtschaftstätigkeit eingebunden werden sollen. Denn immer weniger Anträge für Wirtschaftsförderungen laufen beispielsweise derzeit bei unseren Foren ein. Das muss sich ändern, denn von daher kommen ja die Rückflussgelder und einmal auch unsere angestrebte finanzielle Unabhängigkeit.

Alles klar, nur: Wie verfolgt man nun, dass all das, was in Sovata angesprochen wurde, auch in die Tat umgesetzt wird.

Es war dies, wie gesagt, ein erstes Brainstorming, wobei man Ideen formulierte und rund um mögliche Lösungen debattierte. All das muss nun allerdings nach Prioritäten geordnet und bei weiteren Treffen dieser Art dann in einem programmatischen Rahmen zusammengefasst werden. Das war auch der eigentliche Sinn unserer Klausurtagung.

Herr Porr, wir danken für das Gespräch.

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