2. Juli 2002

"Große Bereicherung für gesellschaftliches Leben"

Bei den Aussiedlerkulturtagen 2002 in Nürnberg wurden Heimatbekenntnis und praktizierter Gemeinsinn ein übriges Mal Wirklichkeit. Oberbürgermeister Ulrich Maly und andere Politiker würdigen den Beitrag der Aussiedler zur kulturellen und gesellschaftlichen Bereicherung der mittelfränkischen Metropole.
„Die vielfältigen Aktivitäten im Rahmen der Aussiedlerkulturtage wie Musik, Literatur, Ausstellungen im Haus der Heimat, der Trachtenumzug und der Volkstumsnachmittag im Gemeinschaftshaus Langwasser vermitteln der Bevölkerung Traditionen und Brauchtum der verschiedenen Landsmannschaften und Vertriebenenverbände. Sie zeigen die kulturelle Vielfalt und machen deutlich, wie wichtig die gegenseitige Akzeptanz aller Bevölkerungsgruppen in unserer Stadt ist.“
Oberbürgermeister Maly bei seine Rede im Haus der Heimat zu Nürnberg. Foto: Doris Hutter
Oberbürgermeister Maly bei seine Rede im Haus der Heimat zu Nürnberg. Foto: Doris Hutter


So schätzte der neue Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg, traditionell Schirmherr der Aussiedlerkulturtage, Dr. Ulrich Maly (SPD), diesen gewichtigen Beitrag der Vertriebenen- und Aussiedlerverbände im sozio-kulturellen Gefüge der nordbayerischen Metropole am 7. Juni im Haus der Heimat ein und fügte hinzu: „Die verschiedenen Kulturen und Bräuche, die vom Verein Haus der Heimat und den Vertriebenenverbänden und Landsmannschaften gepflegt und fortentwickelt werden, stellen eine große Bereicherung für das gesellschaftliche Leben unserer Stadt dar.“

Zahlreiche Aussiedler und deren Freunde nahmen am Wochenende 7./8. Juni die vielseitigen Angebote der Aussiedlerkulturtage wahr – zum 17. Mal in ununterbrochener Folge. Das Organisationsteam – sicher geleitet von Doris Hutter, Geschäftsleiterin des Hauses der Heimat - setzte sehr erfolgreich Musik, Tanz, bildende Kunst und gemütliches Zusammensein in Szene. Um ein deutliches Zeichen für die Bedeutung des Hauses der Heimat als Begegnungs- und Kulturzentrum der Aussiedler zu setzen, wurden auch die diesjährigen Veranstaltungen am Freitag hier eröffnet. Mit dem Hinweis, dass Miroslav Klose, unser Fußball- und Salto-Künstler im fernen Asien Aussiedler aus Schlesien sei, hieß Horst Göbbel, Vorsitzender des Vereins Haus der Heimat, zur Eröffnung beim musikalisch-literarischen Abend im Haus der Heimat die Anwesenden – darunter erstmals den neuen Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly – herzlich willkommen. Christine Schubert, derzeitige Vorsitzende des Aussiedlerbeirats, begrüßte anschließend eine stattliche Anzahl von Ehrengästen – neben dem Oberbürgermeister den Bundestagsabgeordneten Horst Schmidtbauer (SPD), den Landtagsabgeordneten und Staatssekretär im Kultusministerium Karl Freller, aus dem Nürnberger Stadtrat Prof. Dr. Hartmut Beck und Franz Gebhardt (CSU), Christine Limbacher (SPD), Helmine Buchsbaum (CSU), den Bezirksrat Manfred Klemz (CSU), Wolfgang Lang, Aussiedlerbeauftragter der Stadt Nürnberg sowie zahlreiche Vorsitzende und Kulturreferenten der im Haus der Heimat aktiven Landsmannschaften und Kulturvereine. Schmidtbauer und Freller hoben in ihren Grußworten die besonders positive Ausstrahlung der Kulturarbeit des Hauses der Heimat im Prozess der Integration der Aussiedler und die Integrationskraft der Aussiedlerkulturtage hervor. Den musikalischen Einstieg besorgten gefühlvoll Ingrid Hutter, Fagott, und Ina Wirries, Klavier, mit der Humoreske „Der alte Brummbär“, eine Polka comique von Julius Fucik. Lilli Uhlmann stellte die Ausstellung „200 Jahre Deutsche Kulturgeschichte am Schwarzen Meer“ vor, Christine Kulisch erfreute am Klavier mit zwei Stücken von Carl Maria von Weber und Ludwig van Beethoven. Peter Krier entführte das Publikum in einer geschickt als Power-Point-Präsentation erarbeiteten Bilderschau in unnachahmlicher Weise in den Mikrokosmos und die Seele der Banater Schwaben anhand des umfassenden Lebenswerkes des Malers Stefan Jäger. Valentin Madorski, Cello, und Valeria Antonenko, Klavier, beschlossen den musikalischen Part mit einem „Adagio und Allegro" von Robert Schumann, bevor Dorothea Gina Fleiss ihre exquisite Ausstellung„Abstrakte Acrylbilder“ und Joachim Czernek „Schlesische Nobelpreisträger“ präsentierten. Durch das Programm führte Dorothea Walter.

Der Samstag begann traditionell mit einem farbenfrohen festlichen Trachtenumzug vom Haus der Heimat zum Gemeinschaftshaus Langwasser. Die Begrüßung erfolgte durch Wolfgang Lang, Aussiedlerbeauftragter der Stadt Nürnberg.

Ausgehend von seinem oft angeführten Wort, Heimat sei dort, wo wir gemeinsam unterwegs sind, machte Horst Göbbel zu Beginn des Volkstumsnachmittags klar, dass Aussiedlerkulturtage für uns ebenso Bekenntnis zu unserer Heimat Banat, Buchenland, Ost- und Westpreußen, Russland, Sathmar, Schlesien, Siebenbürgen oder Sudetenland wie zu unserer Heimat Franken, Bayern, Deutschland sei. Nach einem schwungvollen musikalischen Einstieg mit der siebenbürgischen Blaskapelle Nürnberg e.V. unter der Leitung von Hans Welther präsentierten Doris Hutter und Michael Orend zwei beachtenswerte Ausstellungen: Selbst gemachte Handarbeiten von Katharina Müller, geborene Platz aus Schaas, und Aquarelle von Friedrich Eberle, einem Banater Schwaben aus Liebling, der seit 1977 in Nürnberg wohnt, von Beruf Schriftenmaler, Plakatmacher und Graphiker ist und mit Vorliebe sächsische Kirchen und Burgen malt.

In Vertretung des Oberbürgermeisters und im Beisein des Altoberbürgermeisters Ludwig Scholz betonte Helmine Buchsbaum (Banater Schwäbin und CSU-Stadträtin), dass es nur an uns läge, in einer sich ständig verändernden Welt „unsere mitgebrachte deutsche Kultur aufrecht zu erhalten, um für die nächste Generation das Erbe weiter zu geben.“ Dies könne nur mit viel Engagement und ehrenamtlicher Leistung gelingen, was auch im dankenswerten Miteinander der Landsmannschaften und Kulturgruppen – besonders im Haus der Heimat – feststellbar sei. „Wir sind alle Bürger und Bürgerinnen Nürnbergs und bauen an der Zukunft der Stadt mit. Das heißt für uns auch, dass wir zu unserer Herkunft stehen, sie in Ehren halten und durch unsere Veranstaltungen – wie auch die Aussiedlerkulturtage - an die Öffentlichkeit tragen.“

Die folgenden Darbietungen – gekonnt moderiert von Helmine Buchsbaum – zeigten die Vielfalt kultureller Unternehmungen der Aussiedler: Der Fürther Chor der Siebenbürger Sachsen (Leitung: Reinhold Schneider) sang „Zur Feih“ von C. Willibald Gluck und „Wo’s Dörflein traut zu Ende geht“, ein deutsches Volkslied, Anja Henning und Markus Holler spielten an der Querflöte Briccialdis Duo Concertant Nr. 2 Opus 100, der von Anneliese Krutsch geleitete Liederkranz der Banater Schwaben tat sich mit „Zieh doch an das Trachtenkleid“ und einem Volkslieder-Medley hervor, die Kindertanzgruppe der Deutschen aus Russland (Leitung: Olga Philipp) brachte die „Musikspatzen“ (Musik und Text von Anneliese Krutsch), die Kindertrachtengruppe der Banater Schwaben (Leitung: Elke Anselm und Herta Funar) „Liebe Schwester, tanz mit mir“, der Chor der Deutschen aus Russland „Heimatklänge“ unter der Leitung von Andreas Wagner sang „Wenn alle Brünnlein fließen“ und „Am Brunnen vor dem Tore“, eine weitere Kindertanzgruppe der Deutschen aus Russland “Miami” (Leitung: Eduard & Christine Fischer) hob die Stimmung mit einem „Mambo“ auf Musik von Lou Bega “Mambo Nr. 5” und einem „Cha-Cha-Cha“ auf Musik von Lou Begas „Gentleman“, Ingeborg Höverkamp las aus ihrem Roman „Zähle nicht, was bitter war...“, die siebenbürgische Kindertanzgruppe (Leitung: Anette Folkendt, Musikalische Begleitung: Kurt Folkendt) erfreute mit dem „Klapptanz“ und „Auf der Jagd“, der „Marienchor“ der Banater Schwaben (Leitung: Willibald Baumeister) mit Volksliedern, die Alzener Tanzgruppe der Siebenbürger Sachsen (Leitung Heidi und Martin Mehburger) mit einem „Dreffner Ländler“, die Banater Trachtengruppe Nürnberg (Leitung: Ewald Schuster und Elfriede Dietz) überraschte nach ihrer Einlage zusammen mit den Alzenern im gemeinsamen Tanz „Im Kronenwald“. Abschließend ließen die Teilnehmer bis in den späten Abend hinein ihrer Tanzeslust freien Lauf. Es spielte die „Siebenbürger Blaskapelle Nürnberg e.V.“ unter der Leitung von Hans Welther.

An diesem großen Fest der Aussiedler paarten sich Musik mit Literatur und Tanz, aufmerksames Zuhören und Zusehen mit betonter Ausgelassenheit, Interesse mit Freude, wissenschaftlicher Vortrag mit lockerer Geselligkeit. Heimatbekenntnis und praktizierter Gemeinsinn sind mit Tatkraft Wirklichkeit geworden. Der langjährige Erfolg auch dieser Unternehmung spornt uns an, das Begonnene weiterzuführen.

Horst Göbbel


(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 10 vom 30. Juni 2002, Seite 12)

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