18. September 2002

Mehr als nur sächsische Trachtenträger beim Rakoczifest

Das diesjährige Rakoczifest in Bad Kissingen wurde durch einen vielbeachteten Vortrag von Dr. Meinolf Arens vom Ungarischen Institut München über das Leben und Wirken von Fürst Franz II. Rakoczi eröffnet. Die Siebenbürger Sachsen brachten sich abermals erfolgreich ihren Trachtengruppen ein.
Dank des Einsatzes der Kreisgruppe Schweinfurt-Gochsheim konnte Arens als Referent eingeladen werden, um die komplexen Zusammenhänge zwischen dem Namensgeber des größten Stadtfestes der Kreisstadt Bad Kissingen, seinen Besitztümern im ehemaligen Nordsiebenbürgen, den Fürstbischöfen von Schönborn und dem Barockbaumeister Balthasar Neumann transparent zu machen. Der Referent wurde von einer Abordnung, bestehend aus dem diesjährigen Darsteller der historischen Persönlichkeit Fürst Franz II. Rakoczi und drei Paaren in siebenbürgisch-sächsischen Trachten verschiedener Landesteile, empfangen. Fürst Franz II. Rakoczi war von 1704 bis 1711 der letzte Fürst in Siebenbürgen. In den Geschichtsbüchern ist er bekannt als Anführer des Kurutzenkrieges und als Freiheitskämpfer gegen die Habsburger, ein Kampf, in dem die Bevölkerung dieses Landesteils aufgerieben wurde. Nach 1711 ging der Kampf zwischen den Parteien der Kurutzen und der Gegenpartei der Labantzen zu Ende. Die siebenbürgischen Ortschaften wurden zerstört und größtenteils entvölkert. Die Habsburger schlossen die so entstandenen Lücken in den sächsischen Ortschaften mit rumänischer Bevölkerung aus den Gebirgen, ein Ausweg aus der desolaten wirtschaftlichen Lage, aber ein weiterer Schritt in Richtung der Vorherrschaft der rumänischen Bevölkerung in Siebenbürgen. Dr. Meinolf Arens gelang es, trotz einer Vielzahl von unbekannten Details die 250 Zuhörer in seinen Bann zu schlagen. Der Vortrag endete mit dem Hinweis, dass die Antwort auf die meist gestellte Frage „Wie kamen die Quellen Rakoczi und Pandur zu ihrem Namen ?“ in den neuen Erkenntnissen gesucht werden sollte. Aus den über eine Stunde dauernden Diskussionen im Anschluss an den Vortrag war ersichtlich, wie interessiert und kompetent die Zuhörer waren.
Rakoczifest in Bad Kissingen, vorne von links nach rechts: Ehepaar Elsen, Ehepaar Müller, Timo Baier, der Darsteller der historischen Persönlichkeit des Fürsten Franz II. Rakoczi, Dr. Meinolf Arens vom Ungarischen Institut München und das Ehepaar Radler, ferner Trachtenträger von der Kreisgruppe Schweinfurt-Gochsheim, im Bildhintergrund das Denkmal Ludwig I., König von Bayern, und der Arkadenbau. Foto: J. Göbbel
Rakoczifest in Bad Kissingen, vorne von links nach rechts: Ehepaar Elsen, Ehepaar Müller, Timo Baier, der Darsteller der historischen Persönlichkeit des Fürsten Franz II. Rakoczi, Dr. Meinolf Arens vom Ungarischen Institut München und das Ehepaar Radler, ferner Trachtenträger von der Kreisgruppe Schweinfurt-Gochsheim, im Bildhintergrund das Denkmal Ludwig I., König von Bayern, und der Arkadenbau. Foto: J. Göbbel

Die siebenbürgische Tanz- und Trachtengruppe aus Rottendorf stellte ihr Können am Samstag, dem 27. Juli, vor dem Regentenbau im Herzen der Kurstadt Bad Kissingen einer großen Menge von Stadtfestbesuchern vor. Die Gruppe besteht seit 1958 sowohl aus nord- als auch aus südsiebenbürgischen Trachtenträgern, die einen bunten Strauß von Tänzen vorführten, z.B. den „Budaker“ aus Nordsiebenbürgen, den „Stolzenburger Masur“ aus Südsiebenbürgen, einen Figurenländler, einen schwedisch-schottischen Tanz aus Norddeutschland, „Hack und Zeh“ aus Ostpreußen, die schwedische „Maskarade“ und den Mühlradtanz. Die Reihenfolge der Tänze war von Karin Staedel, der Leiterin und Vorsitzenden der Tanzgruppe, nach Rhythmus und Melodien der Livemusik so zusammengestellt, dass die sechs bis acht Tanzpaare 80 Minuten durchtanzen konnten. Die vielen Stadtfestbesucher würdigten die rhythmisch und lebhaft vorgeführten Tänze mit großem Applaus. In den kurzen Pausen wurden die Kirchen- und Festtagstrachten in ihrer Vielfalt vorgestellt. Die 2. Vorsitzende und Sprecherin der Tanzgruppe, Monika Kasper–Schlottner, stellte die nordsiebenbürgische Frauentracht aus Nieder-Eidisch, die südsiebenbürgische Frauentracht aus Stein und die Männertracht mit dem jungsächsischen Hemd vor. Nicht nur auf dem Tanzparkett, sondern auch beim anschließenden Gang durch die dichtbevölkerte Stadt wurden die Trachten sehr bewundert. Ein Höhepunkt des Rakoczifestes ist der Festzug, der am Sonntag, dem 28. Juli, stattfand. Unter den 93 Umzugsgruppen war auch die Kreisgruppe Schweinfurt-Gochsheim mit 38 Trachtenträgern vertreten. Als Volk des Fürsten marschierten sie vor dem Wagen des Namensgebers des Stadtfestes, Fürst Franz II. Rakoczi.

Neben den Mitgliedern der Kreisgruppe Schweinfurt-Gochsheim marschierten zum zweiten Mal Mitglieder der Kreisgruppe Würzburg mit. Die mittelalterlichen und jungsächsischen Trachten stammen aus dem Burzenland, Repser Land, der Schäßburger Gegend, dem Mediascher Umland, der Hermannstädter Gegend, dem Unterwald und Brooser Land. Vertreten waren sowohl die Festtags- als auch die Kirchentrachten für Erwachsene und Jugendliche. Die Organisatoren des Rakoczifestes bestätigten auch in diesem Jahr den qualitativen Beitrag der siebenbürgischen Tanz- und Trachtengruppen zum Gelingen des Stadtfestes.

Für ihren Einsatz dankt der Vorstand den Teilnehmerinnen und Teilnehmern und besonders den jugendlichen Trachtenträgerinnen und Trachtenträgern, die zahlreich vertreten waren. Dank gilt auch den Mitgliedern der Kreisgruppe Würzburg und den Tanzpaaren der siebenbürgischen Trachten- und Tanzgruppe aus Rottendorf. Ganz herzlich bedankt sich der Vorstand bei Dr. Arens für seinen hervorragenden Vortrag.

Johann Göbbel


(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung vom 15. September 2002, S. 20)

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