21. September 2002

SJD-Weinseminar: Spannend und interessant

Unter dem Motto „Studieren geht über Probieren“ lud die Bundesjugendleitung der SJD für den 30. August bis 1. September zum ersten Mal zu einem „Weinseminar“ nach Rüdesheim am Rhein ein.
Zum Seminarwochenende im Rheingau fanden sich ca. 45 jugendliche und jung gebliebene Mitglieder siebenbürgischer Tanzgruppen aus ganz Deutschland ein. Nach Begrüßung und Einquartierung in der Rüdesheimer Jugendherberge ließen die Teilnehmer den Freitagabend gemütlich in einem für die Gegend typischen Weinlokal ausklingen.
Siebenbürgische Jugendliche vor dem Kloster Eberbach
Siebenbürgische Jugendliche vor dem Kloster Eberbach

Am Samstagmorgen fand eine kurze Wanderung und Führung durch das Staatsweingut „Steinberg“ statt. Dr. Hans Ambrosi, der über viele Jahre hinweg dieses Gut mit bewirtschaftete, erläuterte den allgemeinen Vorgang des Weinanbaus, die Bedeutung in der Agrikultur sowie historische Hintergründe der Weinwirtschaft. Die Weinwirtschaft ist bis in unsere Zeit ein äußerst anspruchsvoller Zweig der Landwirtschaft geblieben, da weitgehend die Natur die Qualität und somit den Wert dieser edlen Tropfen prägt. Nicht optimale Reifung der Reben und eine mangelnde Ernte können einen Winzer in äußerste Missstände führen. Güter, in denen ausschließlich von Hand und nicht maschinell geerntet wird, sind am schwersten betroffen. Eine manuelle Lese aber garantiert erstklassige Früchte, die optimal ausgereift und gelesen worden sind. Zu den Qualitätsfaktoren zählt auch die geographische Lage eines Weinberges, da Sonneneinstrahlung und Strömung der Winde von großer Bedeutung sind.

Die Arbeit des Winzers erfordert auch das Wissen und das Geschick der Schädlingsbekämpfung und die Erhaltung der Fruchtbarkeit des Bodens. Dazu wird zwischen jede zweite Weinstockfurche jährlich, jeweils in abwechselnder Reihenfolge, Gras gepflanzt, um dadurch einen bestimmten Nährstoffgehalt im Boden zu garantieren. Das abgemähte Gras wird wiederum nicht aufgelesen, es bleibt zur Humusbildung liegen. Dieser sogenannte „biologische Zyklus“ erleichtert die Pflege der heranwachsenden Frucht und auch die Bekämpfung von unliebsamen Schädlingen und Pilzerkrankungen. Weinanbau wird im Rheingau seit ca. 1135 betrieben und führt in die Zeit zurück, in der noch ein asketisches Klosterleben vorzufinden war. Einen Eindruck aus dieser längst vergangenen Epoche erhielten wir während einer Führung, ebenfalls durch Dr. Hans Ambrosi, durch das etwa zwei Kilometer entfernte Kloster Stiftung Kloster Eberbach. Die ehemalige Anlage, in vollständig erhaltener Architektur und Formgebung eines typischen Zisterzienserklosters, bot Einblick in einen uns unbekannten Alltag.

Das Kloster ist gegliedert in einen Kreuzgang, der ca. 1250/70 erbaut wurde, ein heute nur noch im Fundament erhaltenes Brunnenhaus, ein Refektorium (Speisesaal der Mönche), ein Laienrefektorium (Laienbrüder gehörten auch zum Klosterpersonal und leisteten das klösterliche Gelübde, waren aber von der priesterlichen Weihe ausgeschlossen), den Küchen- und Bibliotheksbau, ein Mönchsdormitorium (Schlafsaal), den Kapitelsaal und natürlich den Cabinetkeller. Als einstiger Arbeits- und Aufenthaltsraum erbaut, wurde er später als „Schatzkammer“ zur Einlagerung besonders wertvoller Weine genutzt.

Dr. Ambrosi referierte über den Orden der Zisterzienser und seine historischen Hintergründe. Klösterliche Musterbetriebe förderten damals Obst- und Weinbau, Pferde- und Fischzucht, Wollhandel und Bergbau. Sie beeinflussten den gotischen Architekturbau in ganz Europa und sammelten Schriften für ihre Bibliotheken. Heute liegt der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit auf dem Gebiet der Seelsorge und des Unterrichts. Fasziniert und mit erweitertem Wissen verließen wir um die Mittagszeit herum das Kloster und nahmen in der Jugendherberge unser Mittagessen ein.

Am Nachmittag ging es zum Niederwald-Denkmal mit der Germania-Statue. Einige Teilnehmer wählten einen Fußmarsch, andere bevorzugten die Seilbahnfahrt, um zum Denkmal zu gelangen. Der Samstagabend begann mit einer Weinprobe im „Alten Kelterhaus“ in Rüdesheim. Nach Begrüßung durch einen Winzer und dessen Erläuterungen wurden uns fünf verschiedene Weine zum Probieren angeboten. Man begann mit der sauren Sorte und ging dann in den süßen Bereich über. Als erste Testweine wurden Tafelweine angeboten. Ein Rosé und eine Spätlese rundeten die Weinprobe mit spezifischen Erklärungen der einzelnen Sorten ab. In der inzwischen feuchtfröhlichen Stimmung wurde der Abend in einem Tanzlokal in der Rüdesheimer Altstadt bis in die späte Nacht fortgesetzt.

Am Sonntagvormittag gestaltete der Historiker Dr. Michael Kroner den Abschluss des Seminars. Er hielt einen Vortrag über die mittlerweile 800 Jahre alte Zisterzienser Abtei in Kerz am Alt in Siebenbürgen. Die Abtei „Unsere liebe Frau zu den Kerzen“ wurde in einem für die Zeit öden Streifen der damaligen südöstlichen Grenze des ungarischen Königreiches am linken Ufer des Alt-Flusses angelegt. Es war zugleich der südöstlichste Punkt des mit deutschen Kolonisten besiedelten Sachsenbodens, der von „Broos bis Draas“ reichte. Die Besiedlung wurde im Rahmen der deutschen Ostkolonisation vollzogen, war aber trotzdem vielmehr ein Werk französischer Mönche, die in Kerz eine ihrer Tochterabteien gründeten. Die Mönche hier verstanden sich als Schutzherren mit kolonisatorischen Aufgaben und missionarischer Berufung. Eine Dia-Show, die Aufnahmen der Kerzer Abtei zeigte, verlieh dem Vortrag einen optischen Rahmen. Als Krönung zeigte und erläuterte Dr. Michael Kroner weitere sehenswerte Kirchenburgen und Wehrkirchen aus Siebenbürgen, u.a. Wurmloch, Großschenk, Honigberg, Tartlau, Eibesdorf und Hamruden. So ging für die Teilnehmer ein spannendes, interessantes und auch sehr lustiges Tagungsprogramm dem Ende zu.

Die Bundesjugendleitung der SJD bedankt sich im Namen aller Teilnehmer bei den Referenten Dr. Ambrosi und Dr. Kroner für ihre sehr informativen Referate, die unser Wissen bereichert haben. Großer Dank gilt auch der Organisatorin der Veranstaltung, Inge-Erika Knoll, die für uns das ganze Wochenende stets geduldig als Bezugsperson zur Verfügung stand.

Betina-Michaela Zerbes

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