2. Oktober 2002

Konzert in München: Musik aus dem Banat und Siebenbürgen

Am Samstag, dem 12. Oktober 2002, um 19 Uhr, wird in der Kirche Königin des Friedens (München, Giesing) in deutscher Erstaufführung die Missa Solemnis für Chor, Soli und Orchester des Banater Komponisten Franz Limmer aufgeführt.
Es handelt sich dabei um ein Meisterwerk Limmers, das im Jahre 1825 in der Wiener Augustinerkirche mit riesigem Erfolg zum ersten Mal erklang. Die Wiener Zeitungen priesen damals den erst 17-jährigen Komponisten als einen neuen Stern am Firmament des Musikhimmels. Und das zu einer Zeit, als noch Beethoven und Schubert zu dessen Zeitgenossen in der damaligen Musikhauptstadt Wien zählten.

Über dieses frühe Werk Franz Limmers (Wien 1808 – Temeswar 1857) berichteten selbst die Temeswarer Musiker Desiderius Braun und Josef Brandeisz, ohne aber dieses Werk selbst zu kennen. Erst vor zwei Jahren konnte eine zeitgenössische Abschrift dieser Messe zufällig in einer Wiener Pfarrei entdeckt werden. Diese wertvolle Musik wird nun in München in deutscher Erstaufführung präsentiert werden. Dabei hat man die Gelegenheit, eine Musik des frühen 19. Jahrhunderts kennenzulernen, die für die damalige Zeit als äußerst progressiv angesehen werden kann.

Dass Limmer samt seinen Kompositionen für die europäische Musikgeschichte in Vergessenheit geraten ist, liegt daran, dass er die Stelle als Theater- und Domkapellmeister in Temeswar angetreten ist – also irgendwo am Rande der Monarchie. Das gleiche Schicksal erlitten auch andere Komponisten wie Franz Wilhelm Speer, Martin Novacek oder Heinrich Weidt. Die meisten seiner Kompositionen gingen verloren, nur einige Werke konnten in den letzten Jahren in rumänischen und österreichischen Archiven entdeckt werden. So auch sein Requiem, komponiert 1842, das im Jahre 1995 im Temeswarer Dom und in der Arader Minoritenkirche erstaufgeführt wurde. Sein berühmtes Streichquartett wurde vom Augsburger Streichquartett (Leitung Harry Christian) vor einigen Jahren in Hammelburg aufgeführt und das Klavierquintett im Frühjahr dieses Jahres in Amsterdam. Somit kann man von einer wahren Limmer-Renaissance sprechen. Zu den verschollenen Kompositionen Limmers gehört u.a. auch eine Serenade für Männerchor, die zu Ehren Liszts 1846 anlässlich dessen Anwesenheit in Temeswar gewidmet wurde.

Philipp Caudella (1771 Olmütz/Olomouc, Mähren/Tschechien - 1826 Hermannstadt/Sibiu, Siebenbürgen) studierte vermutlich bei M. Clementi und J. G. Albrechtsberger in Wien; war hier als Organist, Klavierlehrer und Kapellmeister des russischen Gesandten Graf Alexis Kurakin tätig. Um 1814 ging er als Hauslehrer des Barons Wolfgang Wesselényi nach Klausenburg (rum Cluj, ung. Kolozsvár). Ab dem Jahre 1817 wirkte Caudella als Kantor und Regenschori an der katholischen Stadtpfarrkirche (ehemalige Jesuitenkirche) in Hermannstadt. 1818 ernannte man ihn zum "Professor der Tonkunst" des evangelischen Gymnasiums dieser Stadt. Von ihm stammt die erste in Siebenbürgen gedruckte Klavierschule Vom Leichten zum Schweren fortschreitende Übungsstücke. Caudella gab 1823 das Choralbuch für die Kirchengesänge der christlichen Gemeinden A.B. in Siebenbürgen heraus, das bis Ende des 19. Jahrhunderts Verwendung fand. Zu seinen Kompositionen zählen Messen, Motetten, ein Te Deum, eine Sonate für Violine und Klavier, Variationen für Klavier, u.a. Seine Werke waren auch außerhalb Siebenbürgens bekannt und verbreitet.

Die Motette VIAS TUAS, DOMINE entstand vermutlich um 1820. Auf der vorderen Umschlagseite des Manuskripts ist vermerkt: "Motetto de omni tempore / Soprano concerto / 4 Voci in ripieno / 2 Violini / Viola / 2 Oboa / 2 Fagotti / 2 Corni / 2 Clarini / Timpani / Basso / et / Organo concerto / D. S. Caudela". Wie in seiner Motette CANTATE DOMINO schenkt Caudella der konzertierenden Orgel große Aufmerksamkeit.

Die Aufführung von Franz Limmers Missa Solemnis wird von mehreren Seiten unterstützt: Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen, Haus des Deutschen Ostens, München, Gesellschaft für deutsche Musikkultur im südöstlichen Europa e.V., Pfarreien St. Pius und St. Franz Xaver, München.

Die Chöre der Missa Solemnis wurden von den beiden Kirchenchören St. Pius und St. Franz Xaver wie auch vom Banater Chor München einstudiert. Solisten sind: Leonore Laabs (Sopran), Aura Twarowska (Alt, als Gast von der Temeswarer Oper), Markus Durst (Tenor), Peter Tilch (Bass), Anne Kaiser (Orgel). Die Gesamtleitung liegt in den Händen von Franz Metz.

Bei diesem Konzert erklingen auch zwei weitere Solowerke, ebenfalls in Erstaufführung: die Arie Difusa est gratia von Franz Novotny (1749 – Fünfkirchen/Pécs 1806) und das Offertorium Confirma hoc Deus von Leopold Herrmann (1819 – 1897 Neuarad).

Das Konzert findet in der Kirche Königin des Friedens (München-Giesing, Werinherstr. 50) am Samstag, den 12. Oktober 2002, um 19 Uhr statt. Der Eintritt ist frei, zur Deckung der Unkosten wird eine Spende erbeten.

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