3. Oktober 2002

Junge Musiker gefördert

Im Kontext von zunehmender Globalisierung und fortschreitenden europäischen Kristallisationsprozessen ost-westlicher Kulturlandschaften ist diese VII. Auflage des "Carl Filtsch Wettbewerb-Festivals 2002" vom 4. bis 8. September in Hermannstadt ihren musikerzieherischen, schöpferisch-interpretativen Zielsetzungen gerecht geworden. Es leistete einen substantiellen Beitrag zur bewusstseinserweiternden Erfahrung geistig-emotionalen Wachstums.

Die bereits in frühem Kindesalter geförderte Auseinandersetzung mit dem Phänomen "Klang" ist sicher ein probates Mittel, Kindern und Jugendlichen charakterbildende, ästhetisch-künstlerische, aber auch ethisch-moralische Werte zu vermitteln. Der diesjährige Wettbewerb hob sich hinsichtlich seiner großen Teilnehmerzahl von 51 Kandidaten aus sieben Ländern, vor allem aber dank seiner hohen Leistungsdichte deutlich von den bisherigen Austragungen ab. Auch erwies sich die Aufgliederung der Altersgruppe bis 16 Jahre in zwei Kategorien - Gruppe A bis 12 und Gruppe B zwischen 12 und 16 Jahren - als sinnvoll. So werden die zahlreichen Preise (ausgezeichnet wurden in Altersgruppe A zehn von 17 Teilnehmern, in Altersgruppe B dreizehn von 24 Teilnehmern, daneben gab es einen Filtsch-Sonderpreis je Altersgruppe sowie vier lobende Anerkennungen) die jungen Kandidaten auch in Zukunft zu diszipliniertem Üben ermutigen.
Preisträger (von links nach rechts): Gabriela Ungureanu (1. Preis und Carl-Filtsch-Preis, Altersgruppe C), Valentin Muresan (1. Preis, AG A), Silvia Zervu (Komposition, 2. Preis, AG B), Adela Liculescu Ratoi (1.Preis, AG A), Octavian Renea (2. Preis, AG C), Calin Andrei (3. Preis), Catalin Draghici (1. Preis), Lovato Frederico (Großer Carl-Filtsch-Preis).
Preisträger (von links nach rechts): Gabriela Ungureanu (1. Preis und Carl-Filtsch-Preis, Altersgruppe C), Valentin Muresan (1. Preis, AG A), Silvia Zervu (Komposition, 2. Preis, AG B), Adela Liculescu Ratoi (1.Preis, AG A), Octavian Renea (2. Preis, AG C), Calin Andrei (3. Preis), Catalin Draghici (1. Preis), Lovato Frederico (Großer Carl-Filtsch-Preis).

Obwohl sich heuer in der Sparte "Eigenkomposition" nur sieben Teilnehmer der beiden ersten Altersgruppen bewarben, hatte die Qualität dieser Beiträge, was Originalität und Erfindungsgeist anbelangt, ein beachtliches Niveau, so dass für beide Altersgruppen je zwei 2. Preise vergeben werden konnten. Persönlich vermerkte ich mit nicht geringem Stolz die Teilnahme dreier Hermannstädter Nachwuchspianisten/innen, von denen zwei sich einen 3. Preis der beiden ersten Altersstufen erspielen konnten.

Zur Überraschung der Jury zeigten die zehn Kandidaten der Altersgruppe ab 16 Jahre bereits im ersten Durchgang ein überaus anspruchsvolles Repertoire, das sich von den schwierigsten Bach'schen Präludien und Fugen des Zweiten Bandes über Chopin- und Liszt-Etüden zu den höchst virtuos angelegten Filtsch-Variationen erstreckte. So blieb der Jury keine andere Wahl, als alle zehn Kandidaten für die Finalrunde zuzulassen. Nach einem fünfstündigen Finaldurchgang, der in pianistisch-brillanter und musikalisch hochrangiger Manier verlief, wurden acht der zehn Finalisten mit Preisen ausgezeichnet. Und wenn der 1. Preis allein an die in Paris studierende Gabriela Ungureanu ging, die auch den Carl-Filtsch-Preis erhielt, und weitere zwei 2. Preise an Rumänen sowie drei 3. Preise an Kandidaten aus Rumänien, der Ukraine und der Moldau verliehen wurden, so wurde erstmals seit sieben Jahren der "Große Carl-Filtsch-Preis" für die herausragendste musikalische Persönlichkeit des Wettbewerbes dem Italiener Frederico Lovato einstimmig zuerkannt. Mit seiner überragenden hochsensibel-poetischen Interpretation versetzte er die Jury samt Publikum in helle Begeisterung.

Ohne die großzügige Unterstützung der Sponsoren hätte dieser Wettbewerb nicht stattfinden können. Deshalb verdienen die Geldgeber angemessene Würdigung, so das Haus des Deutschen Ostens in München, die Siebenbürgisch-Sächsische Stiftung München, die HOG Hermannstadt sowie die Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Deutschland. Nicht zuletzt ist die großzügige Bereitschaft rumänischer Sponsoren vor Ort hervorzuheben. Der Hermannstädter Kreisrat, das Bürgermeisteramt Hermannstadt (dessen Bürgermeister Klaus Johannis seinen positiven Einfluss als Schirmherr dieser Veranstaltung hoffentlich auch ín Zukunft ausüben wird) und die Hermannstädter Staatsphilharmonie haben durch finanzielle, als auch organisatorische Unterstützung wesentlich zu einem optimalen Ablauf des Festivals beigetragen. Nicht zu vergessen das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien, das auch heuer wieder allen Teilnehmern kostenlose Unterkunft ermöglichte und den Konzertflügel im Spiegelsaal für Übungszwecke zur Verfügung stellte.

Das Wettbewerbsgeschehen wurde künstlerisch abgerundet durch drei Klavier- bzw. Kammermusikabende: Klavierabend von Boldizsár Csiky-Adleff (5. September), Klavierabend von Vlad Dimulescu (6. September) und Duett Klavier-Querflöte mit der jungen, bereits äußerst erfolgreichen Hermannstädter Flötistin Cristina Bojin, derzeit Studentin an der Musikhochschule in Stuttgart, und dem Münchener Pianisten Leonhard Westermayr (7. September).
Erfreulich viele Zuhörer verfolgten die Veranstaltungen mit großem Interesse. Der Saal der Philharmonie erwies sich wiederholt als zu klein. Dies galt auch für das mit viel Spannung erwartete abschließende Preisträgerkonzert mit Preisverleihung, worin vornehmlich erste Preisträger ihr außergewöhnliches Können dem begeisterten Publikum vorführten. Den Abschluss bildete in gemütlich entspannter Atmosphäre ein Stehempfang, zu welchem das Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland eingeladen hatte.

Hoffentlich wird das positive Echo dieses Wettbewerb-Festivals auch im nächsten Jahr zahlreiche begabte junge Pianisten/innen und Komponisten/innen in Hermannstadt zusammenführen. Ein Ereignis, das übrigens fast vollständig vom Bukarester Rundfunk aufgezeichnet wurde. Innerhalb des künftigen Repertoires der Kammermusikkonzerte sollten vermehrt auch Werke siebenbürgischer Komponisten zu Gehör gebracht werden, ob Waldemar von Bausznern, Paul Richter, Heinrich Neugeboren, Rudolf Wagner-Régeny, Norbert von Hannenheim oder die lebenden Dieter Acker, Hans Peter Türk und Helmut Sadler. Sie würden es allemal verdienen, ihren im Ausland erlangten Bekanntheitsgrad auch an ihrem Geburtsort zu bestätigen.

Peter Szaunig


(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 15 vom 30. September 2002, Seite 6)

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