8. Oktober 2002

Begeistert: erstmals in Siebenbürgen

Baden-Württembergs Ministerpräsident Erwin Teufel besuchte vom 29. September bis 2. Oktober Rumänien. Mit einer Pressekonferenz am 30. September beendete er seinen Besuch in Hermannstadt. Und das Fazit: "Ich war begeistert und sicherlich nicht das letzte Mal hier".
Allerdings das erste Mal besuchte der hohe Gast aus dem "Schwabenländle" ab dem 29. September das Sachsenland in den Karpaten. Teufel war zugleich der erste deutsche Spitzenpolitiker, der sich sechs Tage nach der Bundestagswahl auf die Reise nach Rumänien machte. Bereits 1971 hatte Erwin Teufel sich erstmals auf den Weg in das Banat gemacht – im Gegenzug zu den Auftritten des Temeswarer Schubertchors 1970 in Baden-Württemberg. Damals war er noch Bürgermeister von Spaichingen, später sollte er immer wieder nach Rumänien kommen, "mal als Ministerpräsident, mal als Vorsitzender des Bundesrates", wie er vor der Presse gestand. Sein Wunsch, auch Siebenbürgen kennen zu lernen, erfüllte sich erst gut 30 Jahre später. Und selbst wenn er sich nun "länger am Zibin aufhält als Bundespräsident Johannes Rau oder Bundesinnenminister Otto Schily im letzten Frühjahr, so ist sein Besuchsprogramm zumindest so gedrängt", meinte im Vorfeld der Visite der BRD-Generalkonsul in Hermannstadt, Peter Adamek.

Der Diplomat vermittelte denn auch gleich nach Ankunft des schwäbischen Ministerpräsidenten am Abend des 29. September ein Arbeitsessen im "Römischen Kaiser" und mithin ein erstes informelles Gespräch zwischen dem Gast und den Spitzenvertretern der deutschen Minderheit. Daran beteiligten sich der DFDR-Vorsitzende Klaus Johannis, der Ehrenvorsitzende Paul Philippi, der DFDR-Abgeordnete Wolfgang Wittstock, Bischof und Bischofsvikar Christoph Klein bzw. Hans Klein sowie Benjamin Jozsa, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaften der Deutschen Jugend in Rumänien. Dazu erklärte der Gast gegenüber dieser Zeitung: "Klagen der deutschen Minderheit habe ich dabei keine gehört, vielmehr Befriedigung, dass es deutsche Schulen gibt, dass die evangelische Kirche zunehmend Grundstücke und Gebäude zurückbekommt und so ihre Arbeit verbessern kann." Zum Wahlausgang in der Bundesrepublik hingegen wollte der CDU-Politiker keine Stellung beziehen, er "betreibe im Ausland keine deutsche Innenpolitik". Zur Wahl des deutschen Bürgermeisters vor zwei Jahren in Hermannstadt sagte er allerdings anerkennend: "Seht euch mal diesen Mann an. Er ist einfach gut."

Denn vor dem Mittagessen im Altenheim "Carl Wolff", ebenfalls am 30. September, gab es eine gesonderte Begegnung mit Bürgermeister Klaus Johannis, die, nach dem historischen Exkurs davor, nun ausschließlich der Gegenwart und Zukunft dieser Region gewidmet war. "Vorrangig deswegen sind wir ja hierher gekommen", meinte Erwin Teufel und war offen für alle von Bürgermeister Johannis angesprochenen Probleme.

Für den historischen Exkurs zuvor ließ man sich gut zwei Stunden Zeit. Schließlich bekundete der Ministerpräsident ein besonders Faible für die Altstadt und genoss sichtlich den Stadtrundgang in Begleitung und mit fachkundigen Erläuterungen von Bischof D. Dr. Christoph Klein, Landeskirchenkurator Dr. Paul Niedermaier und GTZ-Fachberater Steffen Mildner. Praktisch den gesamten "Hermannstädter Kulturweg", einst von Arch. Hermann Fabini konzipiert, haben Erwin Teufel mit Gattin Edeltraut und der siebenköpfigen Begleitung nachvollzogen und dabei vorrangig GTZ-Sicherungsmaßnahmen und Demonstrationsprojekte für denkmalgerechte Sanierungen und Restaurierungen auch dort bewundert, wo andere Honoratioren nur selten waren: in der Reispergasse, am Neustift und Fingerlingsplatz, entlang der Fingerlings-, Burger- und Sagstiege, natürlich am Großen und Kleinen Ring und querfeldein dann noch durch die Fleischergasse mit einer Zwischenstation im künftigen Friedrich-Teutsch-Begegnungszentrum neben der Johanniskirche.

Den wohl aufwendigsten Empfang mit Sekt in der Eingangshalle und Kammermusik in dem Konferenzsaal gab es nach dem Besuch der Evangelischen Akademie Siebenbürgen jedoch bei "Wenglor Sensoric Romania". Zur Einweihungsfeier jenseits des neuen Viadukts waren nicht nur lokale Würdenträger erschienen, eigens dafür waren auch der Bürgermeister aus dem schwäbischen Tettnang, Harald Meichle, und der Bukarester Staatssekretär Mihai David eingeflogen worden. Sie alle würdigten die unternehmerische Entscheidung der Firmengründer Dieter Baur und Peter Pramann, als neuen Betriebsstandort Hermannstadt ausgesucht zu haben. Das Unternehmen für optische, elektronische und induktive Sensoren hat zwar seit seiner Gründung 1983 in Tettnang - mit einer "Hermannstädter-Straße", wie man erfuhr - bereits Tochtergesellschaften fast in aller Welt gegründet, doch die erste mit einer Fertigungsstrecke wurde nun am Zibin eröffnet und von den Kollegen aus Holland über die Schweiz und bis hin in die USA per Internet verfolgt. "Ein Paradeunternehmen auch für Baden-Württemberg" nannte Erwin Teufel die Firma auf der abschließenden Pressekonferenz.

Am 1. Oktober reiste Teufel nach Schäßburg und Birthälm und von hier weiter ins schwäbische Banat. In Temesvar wurde eine Kooperationsbörse eröffnet, auf der Unternehmen aus Baden-Württemberg und Rumänien Möglichkeiten zur Zusammenarbeit ausloteten. Der Universität für Landwirtschaft und Tierarzneikunde in Temesvar überreichte Erwin Teufel Forschungsinstrumente zur Verbesserung ihrer wissenschaftlichen Arbeit.

Martin Ohnweiler

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