20. November 2002

Dokumentation der Schulgeschichte angestrebt

Ende Oktober tagte zum dritten Mal innerhalb der letzten fünf Jahre im gastfreundlichen Haus des Deutschen Ostens (HDO) in München die Sektion Schulgeschichte des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde (AKSL). Generalthema der Tagung war die Präsentation von Berichten und Referaten über die Schule und das Bildungswesen der Siebenbürger Sachsen in den Jahren 1944 bis 1989.
Wesentliches Ziel des vom langjährigen Leiter der Sektion, Prof. Dr. h. c. Walter König, angeregten und organisierten Seminars war die Vorstellung und die schriftliche Dokumentation von Aspekten der Schulgeschichte in Siebenbürgen seit dem 23. August 1944. Dabei sollten die Referenten in erster Linie ihre eigenen Erinnerungen für eine Zeit zu Protokoll bringen, über die wenig Geschriebenes vorhanden ist.

"Quod non in actibus, non in mundo" (sinngemäß: was nicht in den Schriften steht, ist nicht in der Welt, kann also nicht in die Geschichte eingehen) - dieses bekannte lateinische Sprichwort galt als Motto des Seminars. So berichteten einige der etwa 35 Teilnehmer - fast alle waren Lehrer in Siebenbürgen gewesen - über ihre Erfahrungen aus dem Bildungswesen während des Kommunismus, u.a. Gudrun Schuster ("15 Jahre Pädagogische Fachzirkel der Deutschlehrer des Kreises Kronstadt - zwischen ideologischer Vorgabe und Narrenfreiheit auf der Suche nach einem einheitlichen Unterrichtskonzept"), Brigitte Niedermaier ("Zur Arbeit des Pädagogischen Kreises der Grundschullehrer mit deutscher Unterrichtssprache im Kreis Kronstadt") und Jutta Caplat (" Der Kampf um das Überleben der Neppendorfer Schule in den 70er Jahren"). Weitere Referate brachten Informationen über größere Bereiche der Schulgeschichte, so z.B. Prof. Walter König zum Thema "Überlegungen zur Geschichte der Mädchen- und Frauenbildung - ein lange vernachlässigtes Thema" und Odette Fabritius "Aus der Geschichte des Mädchenschulwesens". Auf neuen, bislang unausgewerteten Zeitdokumenten beruhte das Referat von Hansgeorg von Killyen mit dem Titel "Zur Geschichte der Honterusschule in Kronstadt im Schuljahr 1947/48". Mit der Auswertung von Dokumenten der Jahre 1945-1989 aus dem Stephan-Ludwig-Roth-Gymnasium in Mediasch befasste sich der Beitrag von Rebecca Trinks, Kollegiatin am Leverkusener Fr.-v.-Stein-Gymnasium (Leistungskurs Geschichte), desgleichen die Vorstellung von "Methoden und Erfahrungen bei der Dokumentation siebenbürgisch-sächsischer Schulgeschichte im Rahmen des Projektes ,Schule in Europa, Europa in der Schule'" am eben genannten Gymnasium durch Hans Gerhard Pauer. In die Problematik Aufarbeitung der Vergangenheit im Schulleben der Siebenbürger Sachsen von 1944 bis 1989 passte auch der Beitrag von Erwin Jikeli mit dem Titel "Unvermeidlich oder berufliches Muss? - Die siebenbürgisch-sächsischen Lehrer und die Kommunistische Partei".

Dass die Seminare der Sektion Schulgeschichte auch die Gegenwart beleuchten, zeigten zwei Berichte von in Siebenbürgen tätigen Kollegen. Gerold Hermann, der jetzige Direktor der Brukenthalschule Hermannstadt, referierte anschaulich über seine Schule, die Schüler und die Lehrer sowie über Stand und Perspektiven des deutschsprachigen Unterrichts in Rumänien. Die komplexe Weiterbildung der deutschsprachigen Grundschullehrer in Siebenbürgen, die vom Mediascher "Zentrum für Lehrerfortbildung in deutscher Sprache" getragen wird, stellte Adriana Maris vor. Fazit der beiden Berichte über das deutschsprachige Unterrichtswesen im heutigen Siebenbürgen: An deutschen Kindergärten, Klassen und Schulen besteht weiterhin ein großes Interesse, auch wenn für viele Kinder Deutsch nicht mehr Muttersprache ist.

Abschließend wurden Anregungen zu der zukünftigen Arbeit der Sektion gesammelt und diskutiert. Die Dokumentation siebenbürgisch-sächsischer Schulgeschichte, die so viele Interessenten aktiviert hat, ist längst nicht abgeschlossen. Es wurden Möglichkeiten erörtert, die Arbeit der Sektion auf eine breitere (und wenn möglich jüngere) Basis zu stellen, die Arbeit der "Ortschronisten", die sich im Rahmen der Heimatortsgemeinschaften mit dem Kapitel Schulgeschichte befassen, einzubeziehen und zu versuchen, Brücken zu nichtsiebenbürgischen Jugendlichen zu schlagen und bei ihnen das Interesse an Siebenbürgen und seiner Schulgeschichte zu wecken - wie das in Leverkusen geschieht. Demnächst soll ein Faltblatt zu Werbe- und Informationszwecken erstellt werden.

Hans Gerhard Pauer, der neue Leiter der Sektion Schulgeschichte des AKSL, dankte allen Referenten und Gesprächsteilnehmern, die wertvolle Informationen einbrachten. Lobend erwähnt wurden auch die idealen Tagungsbedingungen im HDO. Vor und während der Tagung war der stellvertretende Leiter des Hauses, Udo Acker, der Ansprechpartner vor Ort. Ein besonderer Dank gilt Professor König, dem Gründer der Sektion Schulgeschichte des AKSL, Mentor aller Seminare und zahlreicher Veranstaltungen sowie Autor vieler Publikationen und Dokumentationen über das Bildungswesen in Siebenbürgen.

Hansgeorg von Killyen

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