3. Dezember 2002

Banater Gemeinde im Wandel der Zeit

Wilhelm Helfrich, gebürtiger Dreispitzer, zeichnet in seinem Buch "Segenthau-Dreispitz im Wandel der Zeit" anhand seiner früher gesammelten Aufzeichnungen und Originaldokumenten, ein reelles Bild von der deutschen Banater Gemeinde Dreispitz-Segenthau.
In seiner Einleitung schreibt der Verfasser: "Offen und wahrheitsgetreu, ohne Übertreibungen, überlassen wir unseren Nachkommen dieses Werk". Einen kurzen geschichtlichen Rückblick steuert Nicolaus Kopf als Einführung bei.

In drei Teilen werden Bilder und Dokumente in die Aufzeichnungen eingebaut. Der Autor führt den Leser durch den Alltag, der viel Müh und Plage mit sich bringt. Er lässt ihn die Wichtigkeit des Tabakanbaus als Broterwerb erkennen und zugleich die frohen Stunden, in welchen Feste in der schönen Dreispitzer Tracht gefeiert wurden, erleben. Lebhaft erzählt er über die Kirchweih, das Fest der Feste, wobei die ganze Gemeinde tanzte, über den geschmückten Kirchweihbock und die Nachkirchweih. Doch auch Allerseelen und Allerheiligen wird im Buch gedacht. Dass Kathrein die Geigen einsperrt und im Winter das große Schlachten mit Schabernack und Spaß beginnt, erfährt der Leser ebenfalls. Die Großmutter war auch in Dreispitz die beliebteste Person der Kinder, vor allem im Winter wenn sie Zeit zum Erzählen fand.

"Ein glückseliges neues Jahr, wir wünschen euch von Herzensgrund...", wurde in Dreispitz am Neujahrstag gesungen. Die Kinder wurden von Path und Godl reich beschenkt. Der Dreikönigstag erfreute die Kinder mit den schmackhaften Krapfen mit eingebackener "Königsmünze" oder einfachem Knopf. Ausführlich wird über Kirche und Schule, über Festbräuche im Jahres- und Lebenslauf berichtet, über schmackhaftes Essen und Trinken der Dreispitzer im Allgemeinen.

Im zweiten Teil des Buches ruft Wilhelm Helfrich dem Leser den Zweiten Weltkrieg und seine Folgen in Erinnerung, mit dem Hinweis: Verschweigen hieße vergessen. Auch der Verschleppung in die Sowjetunion und der deportierten Banater Schwaben wird im Buch gedacht. Mit Originaldokumenten belegt der Verfasser Enteignungsverfahren, zeichnet unmenschliche illegale Handlungen der Enteigner auf und gewährt dem Leser einen bescheidenen Einblick in Kriegs- und Nachkriegsgeschehen.

Der dritte Teil des Buches enthält mehrere Deportationserlebnisse aus der Ukraine in Petrowka, Lager 1023, von Helfrich, der selbst fünf Jahre lang verschleppt war. Auch unvergessliche Ereignisse werden im Buch festgehalten, etwa die Misshandlung einer alten Frau, die in schwäbischer Kleidung Schlange stand und aus der Reihe gestoßen und beschimpft wurde, weil sie Schwäbin war. Zudem werden Übergriffe der Geheimpolizei erwähnt. Der Leser lernt aber auch das Leben im Zuge der "Verbrüderung" in staatlichen Unternehmen, in Kollektivwirtschaften und Syndikaten kennen. Hassgefühle wurden im gemischten Deutsch-Rumänischen Chor und bei kulturellen Tätigkeiten, vor allem unter Jugendlichen, allmählich abgebaut.

Als Abschluss klingt im Buch Wehmut mit über die verlorene, aufgegebene Heimat: Als letztes Zeichen dieser einst wirtschaftlich und kulturell blühenden Gemeinde im Banat sei der Gedenkstein im Frankenthaler (Pfalz) Friedhof zu finden. "Ein einfacher Stein, der unsere tiefe Trauer über den Verlust unserer Heimat zum Ausdruck bringen soll."

Das Buch kann bei Wilhelm Helfrich, Mahlastraße 21/A, 67227 Frankenthal/Pfalz, zum Preis von 15,00 Euro, zuzüglich 1,50 Euro Versand, bezogen werden.

Rose Schmidt


(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 19 vom 30. November 2002, Seite 19)

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