30. Januar 2001

Erfolgreicher Marketing-Direktor des Stuttgarter Flughafens

Der ehemalige Hermannstädter Brukenthalschüler Hans-Jörg Hadbawnik ist heute erfolgreicher Marketing-Direktor des Stuttgarter Flughafens. Unser Treffpunkt, nach einem kurzen Anruf, stand sofort fest: Am Info-Schalter in Terminal 1, Ebene 3, des Stuttgarter Flughafens, 9 Uhr.
Zwar rät man in der Regel auch hier den Fluggästen, mindestens eine Stunde vor Reiseantritt das Flughafengebäude zu betreten, doch im Telefonat hatte das der Marketing-Direktor des Hauses von uns, dem einfachen Besucher, nicht verlangt, denn er wusste, was wir noch nicht wussten, dann aber erfahren sollten: In nur wenigen Minuten kann man aus dem S-Bahnbereich oder von den Parklätzen vor dem Flughafen praktisch alle Winkel in dem auf imposanten Gebäude erreichen. Das Hamburger Architektenbüro Gerkan, Marg und Partner war nämlich 1983 beim Entwurf der originellen Baumstreben-Konstruktion des Terminals 1 darauf bedacht gewesen, einen Flughafen der kurzen Wege und einfachen Orientierung zu schaffen. Das ist den Architekten durchaus gelungen, und uns gelang es dementsprechend, binnen kürzester Zeit den Info-Schalter zu erreichen, wo der Treff vereinbart war.
Mag sein, dass der Stuttgarter Flughafen mit demnächst vier Terminals in ähnlicher Bauart jenen von Frankfurt, München, Düsseldorf oder Berlin an Größe nicht gleichkommt. Doch der kleinste Flughafen Deutschlands ist er nun auch nicht. Immerhin auf Platz sechs rangiert er mit derzeit knapp acht Millionen Fluggästen jährlich. Selbst größere Städte wie etwa Köln und Bonn zusammen oder Hamburg fertigen nicht so viele Fluggäste ab.
Und international angesehen ist er erst recht, der Stuttgarter Flughafen. Gut über hundert Ziele in 33 Ländern weltweit kann man mit 70 gleichfalls international anerkannten Fluggesellschaften im Linien- oder Charterverkehr von der über 3,3 Kilometer langen und 45 Meter breiten Lande- bzw. Startbahn aus erreichen. Auch das ist mit ein Verdienst von Hans-Jörg Hadbawnik, der nun schon seit 30 Jahren in und rund um diese knapp 400 Hektar große Anlage Verantwortung trägt. Einen Tag vor unserem Zusammentreffen war er im Dienst seines Unternehmens von einer Flugplankonferenz aus dem Fernen Osten zurückgekehrt, und bereits wenige Tage später sollte er die Koffer wieder packen müssen für den Flug zu einem nächstes Treffen dieser Art in den USA. Von daher schon war bei dieser "Zwischenlandung" das Wiedersehen nach bald 40 Jahren mit dem ehemaligen Hermannstädter mehr als nur ein erfreuliches Ereignis.
Zwar hatte man sich als Brukenthaler Anfang der Sechziger nicht allzu oft in die Augen gesehen, eher hinaufgesehen haben die jüngeren Lyzeaner auf den Geburtenjahrgang 1941/42, dem Hans-Jörg Hadbawnik angehörte. Es war dies der letzte Klassenzug am Zibin in getrennten Jungen- oder Mädchenklassen und in getrennten Schulen. Die Jungs vom "Bruk" jedoch haben damals Schulgeschichte geschrieben, jedenfalls maßgeblich zu dem beigetragen, was danach etwa im sportlichen Bereich den Schualltag bestimmte: Das Schauturnen, die Leichtathletik, der Handball, das Schwimmen oder Skifahren. Hans Hadbawnik gehörte mit zu der Turnerriege, die gar Landesmeister in dieser Sportart hervorbrachte, ihm aber den Spitznamen "Hans bafta" einbrachte.
Als "Hans im Glück" betrachtet er sich heute noch, selbst wenn Hürden und Stolpersteine immer wieder in seiner Berufslaufbahn auftauchten. Allein, das steckt er mittlerweile locker weg und landet oder startet in seinen Erinnerungen eben dort, wo es für ihn - ähnlich wie am Stuttgarter Flughafen für Reisende - bequem und zuverlässig war.
Und das begann spätestens mit der Ausreise nach Deutschland 1963, als er sein in Rumänien begonnenes Studium des Bauwesens in Stuttgart problemlos wieder aufnehmen konnte. Hier aber stieß er, erneut ein "Hans im Glück", auf den bekannten Professor Fritz Leonhard, der damals Maßstäbe in der Baukunst setzte. Allerdings erst ein Praktikum in den Vereinigten Staaten veranlasste Hans-Jörg Hadbawnik, die Vertiefungsrichtung Verkehr an der TH Stuttgart zu wählen und seinen Hochschulabschluss mit einer Diplomarbeit über Luftverkehr und Flughafenanlagen zu machen.
Dass der Stuttgarter Flughafen gerade solch einen ausgebildeten Fachmann Anfang der Siebziger suchte, war natürlich für den ehemaligen Hermannstädter bequem, wie es ihm aber auch angenehm war, dass ihm zur gleichen Zeit rund 70 Stellenangebote ins Haus flatterten. So kurvte er vorerst von Firma zu Firma quer durch die Republik, lernte dabei Land und Leute kennen und landete erst am Ende der für ihn durchaus nützlichen Reise am Stuttgarter Flughafen. Er wurde zunächst mit dem Aufbau einer total neuen Abteilung für Verkehrswirtschaft betraut. Dann kam in seinem Ressort eine Datenbank hinzu, und schließlich folgte das Anliegen der Chefetage, die "Flugdestination Stuttgart international, ja weltweit bekannt zu machen", erinnert sich Hans-Jörg an diese Herausforderung, die ja auf ihn irgendwie zugeschnitten war, denn: "Internationalität hat mich immer schon interessiert."
Nur nebenbei: Allein in der "Flughafen Stuttgart GmbH", die zu gleichen Teilen der Stadt und dem Land Baden-Württemberg gehört, arbeiten mit den Einheimischen auch 165 Beschäftigte aus 25 Nationen, zu denen sich Hadbawnik mit seinen Wurzeln in Siebenbürgen und der Bukowina zählen mag. Und in zehn international gebrauchten Sprachen kann sich unser Gesprächspartner mittlerweile verständigen, die letzte hat er in Sankt Petersburg gelernt, als ihm seine Freunde zum 50. Geburtstag einen intensiven Sprachkurs in der russischen Weltstadt zum Geschenk machten. Wer zu seinem Freundes- und Bekanntenkreis zählt, danach wollen wir erst gar nicht fragen, wohl wissend, dass man als Marketing-Direktor eines Flughafens Beziehungen zu den unterschidlichsten Unternehmen und Menschen zu pflegen hat.
Mal abgesehen von den Geschäftsleuten, die hierher geflogen kommen. Für sie steht das Konferenz- und Bankett-Center "Atrium" mit 18 Konferenzräumen sowie Sekretariats- und Dolmetscherservice für sogenannte Moonshine-Meetings zur Verfügung. "Überdies gingen hier schon Hochzeitsfeiern oder Staatsempfänge, aber auch Großveranstaltungen für bis zu 3000 Personen über die Bühne", erzählt Hadbawnik. Denn auch das gehört zum Flughafengeschäft, zum Marketing-Konzept dieser Einrichtung, wie alles andere Drumherum an Service, Einkaufszentren, Buchterrasse, Flugmuseum, Banken oder Bankautomaten gleichfalls den Umsatz der Flughafen GmbH steigert und Arbeitsplätze für insgesamt 7000 Mitarbeiter sicherstellen. Acht Millionen Fluggäste jährlich, wie gesagt, nutzen das zusammen mit ihren Begleitpersonen, aber auch mit solchen, die den Flughafen ganz einfach als "Korso" nach Alt-Hermannstädter Art genießen wollen. "Über zehn Millionen Menschen leben nämlich im Einzugsgebiet des Flughafens, sieben Millionen erreichen ihn bequem innerhalb von zwei Stunden, drei Millionen sogar innerhalb einer Stunde", klärt uns der Marketing-Direktor auf und rechnet all diese Leute gleichzeitig zu seinen potentiellen Fluggästen.
Schließlich lebt dieser Flughafen vom Fluggast und den Fluggesellschaften, die hier starten und landen. Darum auch fliegt Hans Hadbawnik mindestens 50-mal jährlich zu Flugplankonferenzen oder anderen ähnlichen Veranstaltungen und wirbt in aller Welt für den Standort Stuttgart. Dass Hermannstadt neuerdings zu den Flugzielen gehört, passt ganz zu dem ehemaligen Hermannstädter Hadbawnik. Doch der Marketing-Direktor sieht das vor allem marktwirtschaftlich, greift zu zwei relativ dicken Aktenordnern mit dem Stichwort "Rumänien/TAROM" und trägt uns vor, was hinter diesem leider noch etwas "dünnen" Geschäft eigentlich steckt.
In Deutschland ist die Zahl der Rumänen von über 100.000 im Jahre 1995 zwar auf rund 87.000 im Jahr 1999 gesunken, in der gleichen Zeitspanne aber stieg deren Anzahl im Raum Stuttgart von rund 14.000 auf gut über 16.000. "Da ist schon ein Potential drin", meint Hadbawnik. Etwa 650 schwäbische Unternehmen stehen dann noch in Handelsbeziehungen zu Rumänien, 120 haben dort gar feste Ableger, darunter Bosch, Hugo Boss, ABB und andere nicht weniger renommierte Firmen. Der Umsatz all dieser Firmen beläuft sich im Karpatenland auf insgesamt 1,1 Milliarden DM - Tendenz steigend. Und dauernd steigt auch die Zahl der Buchungen für die Flugverbindung Stuttgart-Arad-Bukarest, die Hadbawnik der "TAROM" zweimal die Woche eingerichtet hat. 40 Prozent der Gäste sind dabei geschäftlich unterwegs, 60 Prozent privat. "Doch nur die Hälfte der Rumänen fliegt mit TAROM", hat der Maketing-Direktor ergründet.
Eine Flugverbindung zwischen der schwäbischen und der Haupt- und Hermannstadt rechnet sich trotzdem. Bloß allzu weich gelandet ist damit Hans Hadbawnik in Rumänien vorerst nicht. Dabei hatte er für die Verhandlungen in Bukarest mit TAROM im letzten Jahr alles in das Marketing-Konzept eingebaut, was er anderen Fluggesellschaften so nicht immer anbietet: Beachtliche Finanzen aus dem eigenen Etat für Werbungen in Zeitungen, für unzählige Flugblätter und Kontakte zu 1500 Reisebüros nur in Deutschland. Zudem machte er vor den Feiertagen die orthodoxe Kirche in Baden-Württemberg auf Flugverbindung aufmerksam, weitere bekannte Rumänen und Firmen wurden angeschrieben, selbst ein Jungfernflug startete auf Kosten des Stuttgarter Flughafens. Auch an eine Einladung für mindestens einige hundert Leute im "Atrium" hatte Hadbawnik zur Eröffnung der Fluglinie mit einem "rumänischen Abend" gedacht. "Ich wollte halt, dass diese Strecke läuft" - beinahe entschuldigt sich Hadbawnik für sein durchaus uneigennütziges Engagement. Trotzdem kam im letzten Herbst die Bauchlandung: TAROM wollte zwar Stuttgart anfliegen, aber dann doch lieber von Neumarkt/Tg. Mures aus starten. Da platzten die Reifen, und die Verhandlungen hat Hadbawnik kurzfristig aus Eis gelegt. "So kann man mit uns nicht umspringen", ärgert er sich, gab aber die Hoffnung nicht auf, dass man im Jahre 2001 bei einem Festessen mit rumänischer Küche die Eröffnung der Fluglinie trotzdem noch feiern kann. Ob in Hermannstadt oder Stuttgart ist vorerst nebensächlich. Als Gourmet genießt nämlich der Weltenbummler gerne gute Speisen, wo immer sie aufgetischt werden. Auch das hat sich übrigens in Stuttgarter Kreisen herumgesprochen, denn Hans-Jörg Hadbawnik zählt mittlerweile zu einer lokalen Jury, die, bestehend aus lauter Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens - "vom Bürgermeister bis zum Chef von Daimler-Benz" -, alle zwei Jahre die exklusiven Gaststätten Stuttgarts auf Herz und Nieren prüft und dann für einen Gastronomieführer der Stadt eben nicht Sterne, sondern schwäbische "Rössle" vergibt. Selbst zu Hause spielt Hadbawnik manchmal den Koch, "nur komme ich leider selten dazu, vielleicht, wenn ich in Rente gehe", räumt er ein, fügt aber gleichzeitig hinzu: "Daran denke ich vorerst noch lange nicht."

Martin Ohnweiler

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