16. Januar 2003

Trekkingtour im Everest Gebiet

Der Wunschtraum vieler Bergsteiger, im Himalaya unterwegs zu sein, ging für vier Mitglieder der Sektion Karpaten des DAV in Erfüllung. Am 13. Oktober 2002 starteten die Mitglieder der Alpingruppe Adonis Inga Schmidt aus Heilbronn, Dieter Arz aus Veihingen/Enz, Detlef Schlosser aus Nürnberg und Reinhold Kraus aus Geretsried vom Frankfurter Flughafen. Reinhold Kraus berichtet im Folgenden. Zum Thema "Trekking in Nepal" präsentiert Kraus am 27. Januar 2003, 19.00 Uhr, einen Diavortrag in der Isaraugaststätte in Geretsried. Infos unter Telefon (0 81 71) 6 32 36.
Nach zwei Zwischenstopps in Kuwait und Dehli erreichten wir Kathmandu, die Hauptstadt Nepals. Hier besorgten wir uns über ein Reisebüro die Flugtickets nach Lukla, dem Ausgangspunkt der Trekkingtour. Der Flug mit einer Zweipropellermaschine erlaubte uns einen ersten Blick auf die Landschaft Nepals. Die Landebahn in Lukla in 2 700 m Höhe beginnt an einem Abhang, ist schief, kurz und endet mit einer Mauer - das lässt die Herzen beim Landen und Starten heftiger schlagen.

Auf Trekkingtour im Everest, Gipfelfoto auf dem Chukhungri (5 546 m), von links nach rechts: Dieter Arz, Inga Schmidt, Detlef Schlosser und Reinhold Kraus, im Hintergrund Ama Dablam (6 856 m).
Auf Trekkingtour im Everest, Gipfelfoto auf dem Chukhungri (5 546 m), von links nach rechts: Dieter Arz, Inga Schmidt, Detlef Schlosser und Reinhold Kraus, im Hintergrund Ama Dablam (6 856 m).

In Lukla stellten wir zwei Träger ein. Das Gepäck wurde aufgeteilt. Wir hatten 10 – 15 kg in unseren Rucksäcken, unsere Träger 20 – 30 kg. Die Umgangssprache ist Englisch, die auch unsere Träger gut beherrschten. Am gleichen Tag erreichten wir das erste Dorf, Phakding, wo wir in Lodges übernachteten, die vergleichbar mit Hütten in den Alpen sind. Nach einer weiteren Etappe erreichten wir eine der höchst gelegenen Städte der Welt, Namche Bazar (3 440 m). Wie in einem Amphitheater ziehen sich die Gebäude terrassenförmig den Hang hinauf. In Namche gibt es Bergsteigergeschäfte mit vielfältigem Angebot, E-Mail-Möglichkeiten, Telefon, Post, Kino, Bank, Hotels, Lebensmittel-, Schmuck-und Souvenirläden. Wie ein großer bunter Fleck erscheint der tibetanische Markt zwischen den Häusern. Dort werden Textilprodukte, Kleider, Teppiche und Schmuck angeboten. Die ausdrucksvollen Gesichter der Tibeter sind wie aus Stein gemeißelt, ein Bündel roter Schnüre schmücken ihre Köpfe. Sie wohnen in einfachen Zelten, allerdings mit Solaranlagen bestückt! Für den Warentransport werden auch Ochsen und Yaks eingesetzt. Die Ochsen sind meist schwarz. Die Yaks leben nur ab 3000 m Höhe. Ihr Fell besteht aus langem zotigem Haar von unterschiedlicher Färbung: weiß, grau oder schwarz.

Wir blieben zwei Nächte in Namche wegen der Akklimatisation. Danach ging es in Richtung Gokyo Gipfel. Auf dem Weg dahin wurde Inga höhenkrank. Das Gesicht, die Hände und Füße waren geschwollen, begleitet von ständigen Kopfschmerzen. Es gibt in diesem Fall nur eine Lösung: mindestens 500 Höhenmeter absteigen. Inga stieg nach einer höchst unangenehmen Nacht mit einem Träger ab. Dieter, Dety und ich setzten unseren Weg in Richtung Gokyo fort, der entlang des Kendezhung Tals führte. Der Blickfang ist hier der Cho Oyu (8 201 m), der am Talende zum Himmel strebt. Von der Gokyo Alm erreichten wir in drei Stunden den Gokyo Gipfel (5 500m). Der Gipfel stellt keine bergsteigertechnische Ansprüche. Blauer Himmel, gute Sicht, angenehme Temperaturen, selbst hier oben 10 Grad in der Sonne. In unserer gesamten Aufenthaltszeit ist kein Tropfen Regen gefallen. Gleich vier Achttausender konnten wir vom Gipfel des Gokyo bewundern: den Mount Everest (8 848 m), den Cho Oyu (8 201 m), den Lhotse (8 501 m) und den Makalu (8 475 m).

Das nächste Ziel war das Dorf Chukhung. Auf dem Weg übernachteten wir in den Dörfern Thare, Pangboche, Dingboche und schließlich Chukhung. Unser tägliches Pensum im Schneckentempo betrug im Schnitt sieben Stunden, davon zwei Stunden Pause. In Pangpoche trafen wir zu unserer Freude Inga, die sich nach drei Tagen von ihrer Höhenkrankheit erholt hatte und nun scharf darauf war, ihren ersten Gipfel zu besteigen. In vier Stunden erreichten wir den Chukhung Gipfel (5 546 m). Unser Träger spannte wie auf jedem Gipfel Gebetsfahnen auf, damit der Wind die Gebete in die ganze Welt verbreitet. Wir reichten uns die Hände, fotografierten uns mit unserer Vereinsfahne.

Wir wanderten nach Pareshaya Gyab, das Ausgangscamp, stellten das Zelt auf und verbrachten dort, in 5 100 m Höhe, zwei Nächte. Um drei Uhr morgens stiegen wir im Licht der Stirnlampen in leichtem Gelände in Richtung Island Peak-Gipfel (6 189 m) auf. Starker Wind, die Temperaturen unter null Grad und die schlechte Durchblutung bei dieser Höhe stoppten unser Vorhaben. Die Füße waren uns gefroren. Wir zogen unsere Schuhe aus und rieben die Füße. Doch auch das brachte keine große Besserung. Trotz allem erreichten wir 5 800 Höhenmeter. Geblieben sind blaue Fußzehen, aber keine schwere Erfrierung, und die stolze Freude, doch so hoch gekommen zu sein.

Ein anderer bekannter Aussichtsgipfel in diesem Gebiet ist der Kala Pattar (5 545 m), von dem man den Mount Everest und den Pumo Ri (7 145 m) bewundern kann. Dieter und Inga bestiegen diesen Gipfel. Sie übernachteten vor dem Gipfelsturm in Gorak Shep (5 160 m), der höchsten Siedlung in diesem Gebiet. Nicht weit weg befindet sich das Basislager für die Everest-Besteigung.

Unser Rückweg verlief über die Dörfer Deboche Gonda, Namche, Packding und schließlich Lukla. In Tengboche besuchten wir das buddhistische Kloster, das als religiöses Zentrum der Khumbu (Everest) Region zählt. Es liegt auf einem Bergrücken, umringt von Himalayagipfeln. Heute leben ca. 40 Mönche in dem Kloster. Wie in allen Klöstern befindet sich darinnen ein riesiger vergoldeter Buddha, Gebetstafeln und bemalte Wände.

Feste haben wir auch erlebt. Wie überall auf der Welt, wird getanzt und gesungen. Jugendliche gehen von Haus zu Haus oder von Lodge zu Lodge, spielen ein Ständchen und bekommen dafür auch etwas Geld. Wir haben es uns nicht nehmen lassen mitzutanzen, allerdings ohne Geld. Resham Firiri heißt das Lied, das wir auf nepalesisch gelernt haben und am Abend in den Lodges zur Freude aller anwesenden Träger sangen. In den 17 Tagen, die wir mit unseren Trägern verbrachten, bauten wir ein freundschaftliches Verhältnis auf, lernten sie zu respektieren. Bescheidenheit, Ehrlichkeit, Höflichkeit, verantwortungsvolles Handeln, das Bestreben nach einem harmonischen Umgang miteinander sind charakteristische Eigenschaften. Den Kindern, deren Gesichter uns immer wieder begeisterten, schenkten wir 200 Kugelschreiber und Spielsachen. Die Freude war beiderseits groß. Mit Leuten aus Südafrika, Schweden, Österreich, Amerika und England tauschten wir im Laufe unseres Trekks E-Mail Adressen.

In Kathmandu besichtigten wir wichtige buddhistische und hinduistische Pilger- und Gebetsorte. Darunter die Stupa von Boudhanath, die größte Stupa Nepals. Diese umgingen wir, wie alle heiligen Symbole und Bauten, im Uhrzeigersinn. Es soll Glück bringen. Auf einem Berg befindet sich die Stupa Swayambhunath mit den alles sehenden Augen Buddhas. Am Bagmati-Fluss liegt Pashupatinath, für die Hindus der heiligste Ort Nepals. Hier beeindruckten uns am meisten die Sadhus (heiligen Männer) und Leichenverbrennung.

Mit einer Raftingtour auf dem Trisuli-Fluss und einer Abschiedsparty in der "Tom und Jerry-Bar" beendetet wir unseren Aufenthalt nach 26 Tagen in Nepal. Fazit: Nepal ist für alle Wanderfreunde eine Reise wert.

Reinhold Kraus


(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 1 vom 15. Januar 2003, Seite 10)

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