24. Februar 2003

Barocke Sammellust im Haus der Kunst zu München

Die prunkvolle Doppelausstellung mit Meisterwerken - einerseits aus der Sammlung Schönborn-Buchheim, Wien, andererseits aus der Sammlung des Baron von Brukenthal, Hermannstadt - wurde am 6. Februar 2003 im Haus der Kunst vor einigen hundert geladenen Gästen eröffnet. Die Ausstellung wird nur in München gezeigt, und zwar bis zum 11. Mai 2003. Es sind keine weiteren Stationen geplant.
Das Spektakuläre - so wurde in den Eröffnungsansprachen betont - ist das Überdauern dieser Kollektionen als Ensembles, so wie sie seinerzeit angelegt waren, in einer Geschlossenheit, die trotz einiger Verluste überaus selten und kulturhistorisch ein Glücksfall ist. Die Schau ist daher auf die seinerzeitigen Erwerbungen der beiden Sammler begrenzt, zweier sehr unterschiedlicher Persönlichkeiten. Doch ihre Sammlungen sind an Umfang und Wert vergleichbar und weisen deutliche Parallelen auf: Gemeinsamkeiten der Epoche, der Auswahl der Künstler wie der Motive.

Die Sammlung Schönborn-Buchheim

Sie ist nur eine der Schönbornschen Sammlungen. Sie ist Eigentum der Familie Schönborn-Buchheim, Wien, und geht auf Friedrich Karl von Schönborn (1674-1746) zurück. Er residierte fast dreißig Jahre lang als Reichsvizekanzler in Wien, dort sind seine „im renommée einer besonderen Vortrefflichkeit“ bewunderten Kabinette und Galerien entstanden. 1729 verließ er die Reichshauptstadt – er war als Fürstbischof von Würzburg und Bamberg inthronisiert – und scheint aus seinen österreichischen Palästen kaum etwas mitgenommen zu haben. Seine Sammlungen waren bis in die 20er Jahre des 20. Jahrhunderts öffentlich zugänglich, dann mussten sie aus konservatorischen Gründen geschlossen werden. Der Zweite Weltkrieg brachte durch Zerstörung und Okkupation erhebliche Verluste: Betroffen waren die beiden Stadtpalais, vor allem aber das Landschloss in Göllersdorf, nördlich von Wien, wo die Besetzung durch sowjetische Truppen üble Verwüstungen anrichtete.

Peter Paul Rubens (1577-1640): Satyr und Mädchen, Öl auf Leinen, 112 x 71 cm, Sammlung Schönborn-Buchheim.
Peter Paul Rubens (1577-1640): Satyr und Mädchen, Öl auf Leinen, 112 x 71 cm, Sammlung Schönborn-Buchheim.

Jahrzehntelang hatte man die Sammlung aus dem Blick verloren, öffentlich schien sie vergessen; erst jetzt, nach umfangreicher Restaurierung, wird vieles davon erstmals wieder ausgestellt. Dazu hatten die Kuratoren in Wien den so wichtigen Anstoß gegeben, der von Hubertus Gaßner, Hauptkurator am Haus der Kunst in München, aufgenommen und prachtvoll realisiert wurde. Claire Gräfin Schönborn-Buchheim, Herbert Asenbaum, Markus Kersting und weiteren Anregern, Organisatoren, Kuratoren und Autoren – allen Verantwortlichen, die zur Eröffnung gekommen waren, konnte anerkennend gedankt werden.

Hervorragende Künstlernamen wie Lucas Cranach d. Ä., Pieter Brueghel d. J., Jordaens, Rubens, Guercino u.a. deuten an, welch bedeutende Werke wieder zu entdecken sind. Christoph Vitali, Direktor im Haus der Kunst, betonte bei der Eröffnung: „Die sorgfältige Restaurierung wird über die Zeit der Ausstellung hinaus den Erhalt der Werke langfristig sichern. Deren Gefährdung zeigt auch, wie dringend notwendig es ist, für ein so qualitätvolles und kulturgeschichtlich bedeutsames Ensemble, Publizität und Fürsprache zu gewinnen. Unsere Ausstellung will dazu einen Anfang machen!“ Besser lässt sich die Sorge und Verpflichtung, auch bezüglich der Brukenthalschen Gemäldegalerie, nicht artikulieren.

Die Sammlung Brukenthal

Mit ansehnlichem Gefolge war der Generaldirektor des Brukenthalmuseums, Dr. Alexandru C. Lungu, zur Eröffnung gekommen. Seine Ansprache – in französisch und deutsch – stellte in verbindlichster Weise das gute Einvernehmen mit dem Münchner Haus der Kunst allem anderen voran. Er ging auf die Persönlichkeit Brukenthals und auf die Bedeutung des Museums in Hermannstadt ein und betonte abschließend: „In den zwei verflossenen Jahrhunderten hat die Sammlung ihre Berühmtheit behalten. Sie war und ist für Mittel- und Osteuropa ein geistiges und kulturelles Modell eines zukünftigen vereinten Europa. – Es ist das erste Mal, dass ein so imposanter Teil der Brukenthal-Pinakothek in den deutschen Sprach- und Kulturraum als Botschafter der paneuropäischen Idee ihres Gründers reist. Für uns ist das ein Grund mehr, uns für die Güte, die Professionalität und die Großzügigkeit zu bedanken, mit denen die Herren Direktoren Christoph Vitali und Hubertus Gaßner dieser schwierigen und ehrenvollen Aktion zur Seite gestanden haben.“
Meister der Legende des hl. Augustinus (15. Jh.): Porträt eines Mannes mit Totenschädel, Öl auf Holz, 42,6 x 33 cm, Brukenthalsammlung.
Meister der Legende des hl. Augustinus (15. Jh.): Porträt eines Mannes mit Totenschädel, Öl auf Holz, 42,6 x 33 cm, Brukenthalsammlung.

Begleitet war Alexandru Lungu von den Kuratoren und Mitarbeitern Julia Mesea, Valentin Muresan, Maria Ordeanu, Maria Olimpia Tudoran, Doina Udrescu und weiteren Helfern, sowie von Beatrice Ungar, Redakteurin der Hermannstädter Zeitung und Vorstandsmitglied der Brukenthalstiftung in Hermannstadt, die als versierte Dolmetscherin zur guten Kommunikation beitrug. Die Übersetzungen aus dem Rumänischen im umfangreichen, gediegenen Ausstellungskatalog sind ebenfalls ihr zu verdanken.

Christoph Vitali betonte die gute Zusammenarbeit und dankte zugleich Frau Ingrid von Friedeburg, München, die viele Kontakte vermittelt hat. Er sprach auch die strikte Weigerung Bukarests an, zumindest einige der 19 wertvollsten Gemälde des Brukenthalmuseums, die im Jahre 1949 „... in die rumänische Hauptstadt verbracht wurden ...“, als Leihgabe für diese Ausstellung zur Verfügung zu stellen. Die Ablehnung aus Bukarest wurde kalt und schließlich frostig. Dessen ungeachtet ist der Rang der Exponate ganz außerordentlich, auch wenn Künstlernamen wie Jan van Eyck, Hans Memling, Lorenzo Lotto, Antonello da Messina u.a. notgedrungen fehlen.

Um so erfreulicher ist das Wiedersehen einiger verloren geglaubter Bilder: Am 28. Mai 1968 waren bei einem Diebstahl acht besonders wertvolle Gemälde gestohlen worden. 30 Jahre später, am 18. Juli 1998, wurden dem rumänischen Staatspräsidenten Emil Constantinescu, anlässlich seines Besuches in Washington, vier der in den USA wiedergefundenen Bilder zurück gegeben. Das „Porträt eines Mannes mit Totenschädel“, vom Meister der Legende des heiligen Augustinus um 1460-1470 auf Holz gemalt, ist durch das Wissende im Blick des Dargestellten an Ausdruckskraft kaum zu übertreffen. Dieses Bild, in kleinem Format (43 x 33 cm), galt bis 1958 als ein Werk das Dirk Bouts, einem der bedeutendsten altniederländischen Maler. Die heute gültige Autorschaft des Augustinusmeisters dürfte die Diskussion der Kunsthistoriker weiter beleben. Da in der Sammlung Brukenthal noch einiges der Klärung bedarf, ist diese Ausstellung wichtig! – Eine Lucas Cranach d. Ä. zugeschriebene „Maria mit dem Kind und dem heiligen Johannes“ wird von zwei deutschen Kunsthistorikern als „eine der ausdrucksvollsten Darstellungen der Madonna bei Cranach“ bezeichnet. Auch diese Zuschreibung ist in der Diskussion.

Die Kaiserin Maria Theresia (1717-1780), Ölgemälde von Martin van Meytens dem Jüngeren, um 1745, 155 x 127 cm. Ihre Regierungszeit und der Wiener Hof sind zwei der Klammern um die Doppelausstellung „Barocke Sammellust“ im Haus der Kunst in München.
Die Kaiserin Maria Theresia (1717-1780), Ölgemälde von Martin van Meytens dem Jüngeren, um 1745, 155 x 127 cm. Ihre Regierungszeit und der Wiener Hof sind zwei der Klammern um die Doppelausstellung „Barocke Sammellust“ im Haus der Kunst in München.

Heiter kann man ein kleines Genrebild wieder entdecken, auch dies aus dem Diebstahl von 1968: Frans van Mieris „Mann mit der Pfeife am Fenster“, Öl auf Holz, 20 x 16 cm, vermutlich eines der Geschenke Maria Theresias an Brukenthal (Mitteilung von Christine Lapping). Erkennt man eine Anzüglichkeit in dieser „vita voluptaria“?

Das einzige Werk Tizians in Rumänien ist das im Besitz des Brukenthalmuseums befindliche Christusbild „Ecce homo“. Auch dieses wurde 1968 gestohlen. Es gehört zu den kostbarsten Werken europäischer Kunst und ist nun – noch bis zum 11. Mai – in München zu sehen.

Dass die Gemälde hier so prachtvoll zur Geltung kommen, liegt nicht nur an den wirklich guten Raum- und Lichtverhältnissen, sondern auch an der sorgfältigen Restaurierung. Mit großem finanziellen Aufwand wurde daran über ein Jahr lang, sowohl in München als auch in Hermannstadt, gearbeitet. Die Kosten, auch für alle nach Hermannstadt gelieferten Materialien, trug das Haus der Kunst. Hier hat Jan Seewald als Co-Kurator, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Redakteur der Kataloge entscheidend zum Gelingen beider Ausstellungen beigetragen.

Die Ausstellung „Barocke Sammellust“ hat den großen europäischen Rahmen, sie ist eindrucksvoll in ihrer Vielfalt. Wenngleich die fürstbischöfliche Macht und der Reichtum der Schönbornschen Dynastie die Verhältnisse des Samuel Baron von Brukenthal weit übertrafen, so kann diese Präsentation ihrer Sammlungen doch nebeneinander bestehen.

Hermann W. Schlandt


Zur Doppelausstellung in München gibt es zwei getrennte Kataloge:
Barocke Sammellust. Die Sammlung Schönborn-Buchheim. 268 Seiten, 190 Bilder, davon 163 in Farbe, 35 Euro, ISBN 3-93235371-4;
Barocke Sammellust. Die Sammlung des Baron Samuel von Brukenthal. 214 Seiten, 96 Bilder, davon 84 in Farbe, ISBN 3-932353-72-2, 25 Euro; Beide Kataloge kosten an der Ausstellungskasse insgesamt 55 Euro.

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