10. März 2003

Neuer Forschungsband zu Landestheater in Hermannstadt

Seit kurzem liegt ein umfangreicher Sammelband vor, der unter dem Titel „Theater und Politik. Deutschsprachige Minderheitentheater in Südosteuropa im 20. Jahrhundert“ wissenschaftliche Beiträge vereint, die im September 2000 anlässlich einer internationalen Tagung in Klausenburg vorgelegt wurden.
Als Herausgeber zeichnet der verdienstvolle, aus dem Banat stammende Literaturwissenschaftler und Schriftsteller Dr. Horst Fassel. Veranstalter der Begegnung, an der Referenten aus Kanada, Deutschland, Ungarn, Kroatien, der Slowakei und Rumänien teilnahmen, waren die Babes-Bolyai-Universität und das Institut für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde, Tübingen. In einem Grußwort, das einleitend zur Publikation wiedergegeben wird, verweist Prof. Dr. Nicolae Bocsan, Prorektor der Klausenburger Universität, auf das multikulturelle Profil dieser traditionsgeprägten siebenbürgischen Lehranstalt, wo derzeit rumänischsprachige Studiengänge in 80, ungarische in 43 und deutsche in elf Fachrichtungen angeboten werden. Die 1919 ins Leben gerufene und 1954 willkürlich unterbrochene Tradition der Klausenburger Theaterkunst wird nun durch die 1991 neu eröffnete Abteilung für Schauspiel und Theaterwissenschaft fortgesetzt.

Von den rund achtzehn vorgelegten wissenschaftlichen Referaten sei hier, des Raumes wegen, auf die Beiträge von Dr. Horst Fassel („Überlebungsstrategien der deutschsprachigen Minderheitentheater in Südosteuropa im 20. Jahrhundert“), Prof. Dr. Eleonora Pascu („Gleichschaltung des Deutschen Landestheaters in Rumänien, 1938-1944“), Dr. Luminita Fassel („Deutsches Theater in Bessarabien in der Zwischenkriegszeit“), Prof. Dr. Elena Viorel („Deutsches und jüdisches Theater im Czernowitz der zwanziger Jahre“), Renate Windisch-Middendorf, M.A. (Zwischen Klassik und Volkstheater – Temeswarer Theaterleben von 1953-1989. Die Tätigkeit des Deutschen Staatstheaters“) und Ursula Wittstock, M.A. („Schwierigkeiten eines deutschen Theaters vor 1989: Das Deutsche Staatstheater Hermannstadt“) hingewiesen, da diese sich im Besonderen mit der Problematik der deutschen Bühnen in Rumänien bzw. im ehemaligen Königreich Rumänien auseinandersetzen.

Die beiden Wissenschaftlerinnen Eleonora Pascu (West-Universität, Temeswar) und Ursula Wittstock (Babes-Bolyai-Universität, Klausenburg) behandeln eine wenig erforschte und „tabuisierten Zeitspanne“, 1933-1944, als das Hermannstädter Deutsche Landestheater zum „Wehrmacht- und Fronttheater“ umfunktioniert wurde, und gehen auf die Schwierigkeiten der Repertoiregestaltung nach seiner Wiedergründung in der kommunistischen Ära, 1956-1989, ein. Obwohl das Ensemble „nicht von heute auf morgen“ zusammengestellt werden konnte, machte sich bis zu Beginn der 80er Jahre „ein statistischer Zuwachs im Bereich der Aufführungen und Besucher bemerkbar“. „Staatliche Maßnahmen“ wirkten sich nach 1984 negativ auf das Theater aus, nachdem Bukarest Einsparungen angeordnet hatte. Bezeichnend ist ein Zitat aus dem unveröffentlichten Tagebuch des Dramaturgen Wolfgang Wittstock, der am 22. Mai 1985 vermerkte: „Noch ist nicht klar, wie es weitergehen wird. Dabei sind wir unseren Abonnenten noch zwei Aufführungen schuldig.“

Der aufschlußreiche Sammelband (345 Seiten, gedruckt im Verlag Presa Universitara Clujeana, Klausenburg, Preis 15 Euro) wendet sich sowohl an Theaterwissenschaftler und Forscher als auch an alle Leser, die sich für die Geschichte des deutschsprachigen Theaters in Rumänien interessieren. Bestellungen sind zu richten an das Institut für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde, Mohlstraße 18, 72074 Tübingen, Telefon: (0 70 71) 2 00 25 13.

Claus Stephani


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