23. März 2003

Rezension: Mittelalterlicher Städtebau in Siebenbürgen

Nach seiner 1996 erschienenen ersten Abhandlung über den mittelalterlichen Städtebau in Siebenbürgen (vom Anbeginn bis 1247) legte der Kunsthistoriker Paul Niedermaier nun einen Folgeband vor für den Zeitabschnitt von 1247 bis 1347.
Paul Niedermaier: „Städtebau im Mittelalter. Siebenbürgen, Banat und Kreischgebiet (1247 – 1347)“, Böhlau Verlag Köln, 2002, 296 Seiten, ISBN 3-412-13801-0.

Das Werk ist in drei umfangreiche Kapitel untergliedert. Nach einem Überblick über die allgemeine Bevölkerungsentwicklung als Grundlage für das Wachsen der Ortschaften und das Entstehen städtischer Gefüge beschreibt Niedermaier zunächst die Entwicklung der alten Siedlungstypen und, im dritten Kapitel, Ansätze zu neueren Siedlungstypen (zeilen- und straßenmäßige Anlagen). Die Unterteilung der städtebaulichen Betrachtungen in zwei Hauptteile hängt mit der Tatsache zusammen, dass mit dem Mongolensturm von 1241/42 ein Bruch in der bis dahin durch Wachstum geprägten „ersten Phase“ eingetreten war, der zu neuen Tendenzen in der weiteren Entwicklung der Orte führte. Gemeint und beschrieben wird damit unter anderem das Entstehen einer typologischen Vielfalt in der Anlage von Plätzen, Angern und Straßenmustern, worin sich neuerlich wachsende Bevölkerungszahlen widerspiegeln, verbunden mit ästhetischen Überlegungen sowie einer auf Erweiterung zielenden „Stadtplanung“. Dies mag so weit gegangen sein, dass – wie am Beispiel Frauenbach gezeigt – die Seiten des großen rechteckigen Marktplatzes zwischen den jeweils einmündenden Straßen in unterschiedlich breite, in proportionalem Verhältnis zueinander stehende Blöcke aufgeteilt wurden. Insgesamt kommt der Autor zu dem Ergebnis, dass die siebenbürgischen Städte in dem behandelten Zeitabschnitt eine Tendenz zum Festhalten an jenen städtebaulichen Grundmustern zeigen, die in den Entstehungsphasen der zunächst dörflichen Gemeinwesen dominierten, nämlich an der Parzellenteilung und der unregelmäßigen Grundrissdisposition der Ortslagen.

Alle Aussagen sind sorgfältig, geradezu akribisch begründet. So werden die statistischen Daten des ersten Kapitels, in dem die allmählich wachsende Bevölkerungsdichte zu den dadurch verursachten Veränderungen im Landschaftsbild in Beziehung gesetzt werden, mit zahlreichen Tabellen und Diagrammen belegt. Die Beschreibungen der Ortschaften in den Kapiteln 2 und 3 sind illustriert durch viele Grundrisse, Vogelperspektiven oder Silhouetten, überwiegend vom Verfasser und seinen Mitarbeitern angefertigt. Hunderte Anmerkungen, eine umfangreiche Bibliografie und ein synoptisches Ortsnamenverzeichnis belegen die jahrelange, gründliche Recherche. Kein Zweifel, dass nach Vorliegen des noch vorgesehenen dritten Bandes der Städtebau in Siebenbürgen in einem Standardwerk beschrieben sein wird.

Schade nur, dass sich das in den Ortsbeschreibungen Ausgesagte nicht immer auf den dazugehörigen Abbildungen nachvollziehen lässt. Bezeichnungen und Nummern, auf die im Text explizit hingewiesen wird, fehlen in mehreren Fällen in den Grundrissen. Dies muss angesichts der investierten Arbeit und der Tatsache, dass die Aussagen ohne Visualisierung kaum nachzuvollziehen sind, schon als Manko bezeichnet werden. Nützlich hingegen ist, dass zu Beginn und am Ende zahlreicher Ortsbeschreibungen durch hochgestellte Verweise auf Textstellen im ersten Band, in vorangegangenen bzw. noch folgenden Kapiteln verwiesen wird. Dies ermöglicht es, gezielt die Entwicklung bestimmter Orte nachzuvollziehen, ohne ständig im Register nachsehen zu müssen. Auch ist es hilfreich, dass die wichtigeren Abschnitte durch kurze, die drei Hauptkapitel durch ausführlichere Schlussfolgerungen noch einmal zusammengefasst werden.

Sebastian Szaktilla



(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 4 vom 20. März 2003, Seite 5)

Städtebau im Mittelalter
Paul Niedermaier
Städtebau im Mittelalter

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