2. April 2003

Düstere Perspektive für Siebenbürgisches Museum in Gundelsheim?

Zum Leitartikel „Siebenbürgisches Museum existenziell bedroht“, erschienen in der "Siebenbürgischen Zeitung" vom 28. Februar 2003, meldet sich Ministerialrat Dr. Jürgen Martens von der Beauftragten der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und Medien (BKM) mit einer kritischen Stellungnahme zu Wort. Da seine Einlassungen nicht im Einklang stehen mit der landsmannschaftlichen Auffassung, wird demnächst eine Erwiderung von siebenbürgisch-sächsischer Seite erfolgen.
In der Tat ist das eine Schreckensnachricht für alle Freunde des Siebenbürgischen Museums. Ist damit die engagierte Arbeit von Katrin Mönch, Volker Wollmann und auch Annemie Schenk – sie waren es, die das Siebenbürgische Museum auf den Weg eines Landesmuseums gebracht haben – umsonst gewesen?

Die Bundesregierung hat als alleinige Förderin des Siebenbürgischen Museums alles getan, um diese wichtige und wertvolle Kultureinrichtung zu erhalten. Sie unterstützt das Museum mit einer jährlichen Fördersumme von 489 000 Euro. Darüber hinaus hat sie die Finanzierung für eine grundlegende Modernisierung des Siebenbürgischen Museums übernommen. 1997 wurde das neu gestaltete Siebenbürgische Museum der Öffentlichkeit übergeben. Von seiner Präsentation und Ausstattung braucht es den Vergleich mit einem Landesmuseum der Bundesländer nicht zu scheuen. Auch diese Maßnahme förderte allein der Bund mit fast 1 Million DM.

Der durchschlagende Erfolg beim Publikum stellte sich leider nicht ein. (2002: nur noch 3 650 Besucher). Und dies ist nicht etwa auf mangelndes Engagement der Museumsmitarbeiter zurückzuführen. Deren Elan und Einsatz für die Sache war immer gegeben. Ursachen für ausbleibende Besucher waren der abgelegene Standort, viele Wünsche offen lassende örtliche Infrastrukturen, unbefriedigende Verkehrsanbindung; es ließen sich weitere Gründe anführen.

Zur Verbesserung der musealen Situation wurden ab 1999 zahlreiche Gespräche des musealen Trägervereins mit dem Bund geführt. Ein Lösungsansatz zeichnete sich mit einer Standortverlagerung des Siebenbürgischen Museums nach Ulm ab. Dort hätten sich ungeahnte Synergieeffekte mit dem Donauschwäbischen Zentralmuseum ergeben, nicht zuletzt zum Vorteil des Siebenbürgischen Museums. Hinzuweisen ist etwa auf den Austausch von Wander- und Kabinettausstellungen sowie auf eine Wiederinbetriebnahme einer Restaurierungswerkstatt. Unter dem Eindruck geringer werdender operativer Mittel hätte die Zusammenfassung von Synergien zu einem erheblichen Einsparpotential bei beiden Museen geführt - ohne die Gefahr qualitativer Einbußen bei den Präsentationen.

Im November 1999 war der Museumsträger bereit, den Schritt nach Ulm mitzugehen. In Gundelsheim wäre ein museales Schaufenster verblieben, so dass etwa die Senioren im Schloßbereich weiterhin ein Stückchen Heimat gehabt hätten.

Doch ab 2000 veränderte sich die Situation grundlegend. Der Museumsträger „entdeckte“ die unteilbare Einheit aller siebenbürgischen kulturellen Einrichtungen in Gundelsheim. Es kam zu dem Postulat, diese Einheit dürfe nicht aufgegeben werden, und wenn schon ein Fortzug aus Gundelsheim unumgänglich sei, dann könne nur die Universitätsstadt Heidelberg das Ziel sein. Zu keinem Zeitpunkt wurde die Frage erörtert, was eine örtliche Aufgabe der postulierten Einheit der Kultureinrichtungen des Siebenbürgischen Kulturrats mit Bibliothek und Archiv sowie des Siebenbürgischen Museums für die selbstständige Arbeit aller Gundelsheimer Einrichtungen zur Konsequenz gehabt hätte. Das Siebenbürgische Museum kann seine Aufgaben genauso gut erfüllen, ohne die räumliche Nähe zum Kulturrat zu haben, wie es umgekehrt der Fall ist. Die ausgezeichnete Zusammenarbeit des Donauschwäbischen Zentralmuseums in Ulm mit dem Institut für Donauschwäbische Geschichte und Landeskunde in Tübingen verdeutlicht, dass eine räumliche Trennung der beiden Institutionen kein Negativindikator ist. Ein wichtiges Argument ist noch anzumerken: Der Bund fördert das Siebenbürgische Museum institutionell, nicht aber den Kulturrat. Insoweit kann und konnte er nur für das Museum sprechen. Der Kulturrat muss für den Bund bei allen Überlegungen außer Betracht bleiben. Die siebenbürgisch-sächsische Seite hat zu keinem Zeitpunkt bei ihrer Betonung der Unteilbarkeit der Gundelsheimer Kultureinrichtungen dargelegt, wie der zusätzliche Raumbedarf für den Kulturrat bei einem Umzug, ja überhaupt seine örtliche Verlagerung, hätte finanziert werden sollen.

Der Bund war willens, ab 2002 für einen Neubau des Siebenbürgischen Museums in Ulm einschließlich dessen Inneneinrichtung 9 Millionen DM (rund 4,5 Millionen Euro) bereit zu stellen. Diese Chance für einen in die Zukunft gerichteten musealen Neuanfang wurde seitens des Museumsträgers leichtfertig vertan. Ende Mai 2002 zog der Bund seine Finanzierungszusage zurück.

Ein Siebenbürgisches Museum, das diesen Namen verdient, wird es in Gundelsheim künftig nicht mehr geben. Was bleiben wird, ist ein personell und finanziell stark reduziertes museales Schaufenster.

Die eingangs gestellte Frage, ob die Arbeit von Katrin Mönch, Volker Wollmann und vor allem von Annemie Schenk für den Aufbau eines Siebenbürgischen Museums umsonst gewesen sei, ist sicher nicht mit einem Ja oder Nein zu beantworten. Sicher ist nur, dass es ein selbständiges Siebenbürgisches Museum nicht mehr geben wird. Gleichwohl werden die unvergesslichen siebenbürgisch-sächsischen, in vielen Jahrhunderten gewachsenen kulturellen Zeugnisse auch weiterhin museal präsentiert werden. Dafür steht das Museum Europäischer Kulturen in Berlin bereit; vielleicht wird das Donauschwäbische Zentralmuseum ebenfalls nach einer Neuausrichtung seiner Schausammlung zukünftig ein Ort zur Präsentation siebenbürgisch-sächsischer Kultur und Geschichte werden. In einem sehr eingeschränkten Sinne wird dieses auch die künftige Aufgabe des musealen Schaufensters in Gundelsheim sein.

Der Träger des Siebenbürgischen Museums in Gundelsheim, insbesondere dessen derzeitige Vorsitzende, müssen sich für das Museum existenzielle Fragen gefallen lassen:
Haben sie wirklich alles getan, um die Arbeit eines auf die Zukunft ausgerichteten, selbständigen Siebenbürgischen Museums im Interesse kommender Generationen sicherzustellen? Und sind sie ihrer Verantwortung als Träger des Siebenbürgischen Museums in Gundelsheim letztlich gerecht geworden?

Dr. Jürgen Martens, Bonn



(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 5 vom 31. März 2003, Seite 8)
Lesen Sie dazu auch den in der Siebenbürgischen Zeitung, Folge 3 vom 28. Februar, erschienenen Leitartikel "Siebenbürgisches Museum existenziell bedroht, auf den sich Ministerialrat Dr. Martens kritisch bezieht.

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