21. März 2001

Securitate-Offiziere wieder in öffentlichen Ämtern aktiv

Kaum hundert Tage im Regierungsamt, steht die Partei der Sozialen Demokratie in Rumänien (PDSR) schon im Kreuzfeuer heftiger Kritik im eigenen Land. Zwei Gesetze, die jüngst vom rumänischen Parlament verabschiedet wurden, sorgten ebenso für Aufregung wie die ungenierte Besetzung öffentlicher Ämter mit früheren Securitate-Offizieren.
Das neue Gesetz über Staats- und Dienstgeheimnisse räumt den Nachrichtendiensten und Behörden erweiterte Kompetenzen ein, Informationen als geheim einzustufen und eventuelle Korruptionsfälle zu vertuschen. Ähnlich einer Vorlage aus den 70er Jahren werden gewöhnliche Bürger hingegen stark in die Verantwortung gezogen, wenn sie "unabhängig von den Umständen" in den Besitz geheimer Akten gelangen. Solche könnten jedem Unschuldigen schließlich, wie Kritiker bemerkten, wissentlich von Geheimagenten zugeschoben und danach von den gleichen Sicherheitsbeamten auch als "in Besitz befindlich" beim "Unwissentlichen" nachgewiesen werden.
Mehr noch: Das Gesetz, so andere Meinungen von Politikern sogar aus der Regierungspartei, verstoße gegen das in der Verfassung verbriefte Recht auf öffentliche Information, weil damit vor allem der rumänischen Presselandschaft ein weiterer Maulkorb verpasst werde. Das Gesetz sieht Freiheitsstrafen von drei bis elf Jahren vor, wenn als „geheim“ klassifizierte Informationen verbreitet oder veröffentlicht werden. Ein Sturm der Entrüstung ging durch die rumänische Medien und selbst durch Zeitungen wie Adevarul, die Iliescu eher nahe steht. Bürgerrechtler und die Oppositionsparteien PD und PNL wollen den offenkundigen Verstoß des Gesetzes gegen die rumänische Verfassung beim Bukarester Verfassungshof einklagen. Selbst Premier Adrian Nastase hätte nun nichts mehr dagegen, wenn das Staatsoberhaupt Ion Iliescu auf eine Gegenzeichnung des Gesetzes verzichten würde. Ursprünglich hatte es aus Regierungskreisen geheißen, das Gesetz sei angesichts des angestrebten NATO- und EU-Beitritts dringend erforderlich gewesen. Es dürfte aber eher so sein, dass die PDSR durch das Staatsgeheimnisgesetz nun auch international ins Zwielicht gerät.
Nastase hat kürzlich eine ungewöhnlich harte Attacke gegen den Landesrat zur Aufarbeitung der Securitate-Vergangenheit (Consiliul National pentru Studierea Arhivelor fostei Securitati – CNAS) geritten. „Der CNAS kämpft mit der Vergangenheit und öffnet Gräber“, erklärte der Premier einem Bericht der Hermannstädter Zeitung zufolge. Nastase kritisierte die angeblich luxuriöse Ausstattung der rumänischen Gauck-Behörde und wehrte sich gegen deren Absicht, die Oberhäupter der verschiedenen Kirchen auf eventuelle frühere geheimdienstliche Aktivitäten unter die Lupe zu nehmen. Die Glaubwürdigkeit der Kirchen könnte dadurch Schaden nehmen, befürchtete das Regierungsoberhaupt. Es seien die einzigen Institution in Rumänien, die in der Bevölkerung noch großes Vertrauen genießen, und darum solle man nicht "unnötig" in deren Vergangenheit schüren. Demgegenüber meinte Mircea Dinescu, CNSAS-Mitglied und bekannter Dissident unter Ceausescu, in einer Talk-Show, dass gerade viele Bürger im Vertrauen auf Gott unter der kommunistischen Diktatur die Beichte bei Priestern, Popen und Prälaten gepflegt hätten, von einigen aber aufgrund einer "IM-Meldepflicht" bei der Securitate verklagt worden seien.
Ebenfalls an vergangene Zeiten erinnert laut Adevarul ein neues Fremden- und Ausländergesetz. Wenn ausländische Besucher mehr als 15 Tage die Gastfreundschaft eines Freundes, Bekannten oder Verwandten in Rumänien nutzen, muss der Gastgeber sie innerhalb von drei Tagen bei der Polizei anmelden.
Kritik hat sich die Regierung schließlich wegen der Besetzung öffentlicher Ämter mit ehemaligen Securitate-Offizieren eingebracht. So wird Radu Timofte, dem neu ernannten Chef des rumänischen Nachrichtendienstes SRI, vorgeworfen, als Offizier der Gegenspionageabteilung der kommunistischen Securitate mit dem sowjetischen KGB zusammengearbeitet zu haben. Zudem habe er während der Revolutionswirren im Dezember 1989 Unterlagen, die seine frühere Tätigkeit betreffen, aus dem Geheimdienst-Archiv verschwinden lassen. Auch der PDSR-Abgeordnete Ristea Priboi, ein Nastase-Intimus und seit kurzem Vorsitzender des parlamentarischen Überwachungsausschusses des Außenspionagedienstes SIE, wird verdächtigt, in der politischen Polizei aktiv gewesen zu sein. Nastase fühlt sich offenbar gestört, weil die rumänische Gauck-Behörde Priboi und anderen hochrangigen PDSR-Angehörigen zu nahe auf den Leib gerückt ist.

mo/sb

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