8. Mai 2003

DFDR: Macht Mut und gibt Profil

Er war in der Tat etwas Neues in der 13-jährigen Geschichte des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien (DFDR) und seiner halbjährlich stattfindenden Vollversammlungen: der Besuch Mitte April aus diesem Anlass eines Bukarester Kabinettsmitglieds von höchstem Rang. Bloß kam Hildegard Puwak, Ministerin für Europäische Integration, erklärtermaßen nicht nur als Vertreterin der Regierung und der regierenden Sozialdemokratischen Partei (PSD) nach Hermannstadt, sondern auch als Mitglied des deutschen Forums in Bukarest. Mit ihr erschien auch die gesamte Führungsriege der lokalen Regierungspartei, namentlich der Präfekt Mircea Silvestru Lup, der Kreisratvorsitzenden Constantin Morar und der Hermannstädter PSD-Chef sowie Staatssekretär im Ministerium für Arbeit und Soziale Solidarität, Ioan Cindrea (einst übrigens der Gegenkandidat von Klaus Johannis für das Hermannstädter Bürgermeisteramt). BRD-Konsul Reinhold Neukötter aus der Hermannstadt und der Minderheitenreferent der deutschen Botschaft in Bukarest, Erik Kurzweil, waren desgleichen zugegen.
Polizisten regelten erstmals bei einem solchen Anlass vor dem Forumshaus vis a vis vom Bischofspalais den Verkehr ab, und die Gendarmerie postierte zeitweilig ihren Einsatzwagen an der Ecke Großer Ring und Heltauergasse – wohl aber nicht nur wegen der Forumssitzung. Allerdings waren die DFDR-Vertreter aus dem ganzen Land diesmal nicht sehr zahlreich erschienen, zu lasch werde die Präsenz offenbar an der Basis gehandhabt, bemängelte der Landesvorsitzende Klaus Johannis. Das war aber kein Grund, die Tagesordnung der ersten ordentlichen DFDR-Vertreterversammlung dieses Jahres zu ändern, auch auf Deutsch als "Verhandlungssprache des Landesforums" wurde nicht verzichtet. Selbst die gebürtige Berglanddeutsche Hildegard Puwak wendete sich in ihrer Muttersprache an die Forumsvertreter aus dem ganzen Land und hob im Grußwort sowohl die guten Beziehungen zu Deutschland als auch zu den Deutschen vor Ort hervor. Hermannstadt sei zugleich mit Reschitza und Temeswar ein "interethnisches Modell" hierzulande, meinte die Ministerin. Und von ihrem Regierungschef Adrian Nastase und dessen Besuch in Berlin brachte sie "positive Signale" mit. Deutschland befürworte weiterhin Rumäniens EU-Integration, Unterstützung habe die Bundesregierung dafür im technischen Beratungsbereich zugesagt und wolle zudem rund 100 Projekte im Karpatenland begleiten.

"Das macht Mut und gibt uns Profil", hatte eingangs der DFDR-Ehrenvorsitzende Paul Philippi betont, ohne freilich zu wissen, was der hohe Besuch danach zu sagen hatte. Nur, dass Frau Puwak kommen werde, wusste er, wie ihm und dem Landesforum mittlerweile bewusst ist, "dass man in letzter Zeit immer mehr Schritte in die aktive Politik gemacht hat". Der Katalysator deutsche Minderheit in Rumänien, obwohl recht klein, zeigt erste größere Wirkungen.

Bewirkt allerdings hat all dies letztendlich das Rahmenprotokoll über Zusammenarbeit zwischen dem Landesforum und der Regierungspartei, das Klaus Johannis und Adrian Nastase letztes Jahr unterzeichnet hatten. Darin hatte man übrigens festgehalten, dass solche Besuche auf höchster Ebene und zu solchen Anlässen gewünscht seien. Der neue DFDR-Landesvorsitzende machte einen ersten Schritt in diese Richtung.

Überhaupt war dies die erste Amtshandlung des neuen Forumsvorsitzenden auf einer Vertreterversammlung. Obgleich im Frühjahr 2002 in diese Funktion gewählt, konnte er aus Termingründen im verstrichenen Herbst weder Rechenschaft vor den Vertretern ablegen, noch die Präsidiumsarbeit leiten. Das tat er nun, und es zeigte gleichfalls Wirkung. Größtenteils Kurzberichte und sachliche Diskussionen dazu hat der neue Forumschef eingefädelt, rechtzeitig bei Tageslicht konnten die Abordnungen daher wieder heimkehren.

Wie ein roter Faden zog sich diesmal durch die Berichterstattung und die etwas laschen Diskussionen ein weiteres Novum: Erstmals wurden die staatlichen Subventionen für die deutsche Minderheit verdoppelt, und zwar von 7,8 Milliarden Lei im Vorjahr auf 16,6 Milliarden Lei (das sind umgerechnet knapp 450 000 Euro) in diesem Jahr. Erstmals kann man damit das Lehrbuchprogramm für deutsche Schüler subventionieren und breit gefächerte hausinterne Verwaltungskosten mitfinanzieren. Für Letztere stehen heuer fünf Milliarden Lei gegenüber 600 Millionen im letzten Jahr zur Verfügung.

Doch das Fazit: Die Vertreterversammlung sei diesmal eher ein "Präsidiumsmonolog" gewesen, stellte Johannis ernüchtert fest. Denn Präsidiums- und mithin Vorstandsmitglieder berichteten und diskutierten nun in breitem Rahmen darüber, was ihnen von früheren Vorstandssitzungen in engerem Rahmen größtenteils schon bekannt war. Und das begann mit den eingehenden Mühen des DFDR-Präses um die Durchsetzung seiner angestrebten Forumspolitik zunächst für eine verstärkte politische Selbstvertretung unserer deutschen Gemeinschaft. Dazu Johannis: "Als wichtigstes Ereignis, das stattgefunden hat, würde ich die Abschließung des Protokolls mit der Sozialdemokratischen Partei Rumäniens (PSD) bezeichnen. Dieses Protokoll beweist vor allen Dingen, dass wir, das Forum, als vertrauenswürdige politische Kraft wahrgenommen werden, die das Potenzial besitzt, zusammen mit den demokratischen Kräften Rumäniens die Geschicke dieses Landes zu steuern." Ferner war der neue DFDR-Chef um existenzsichernde Maßnahmen für die regionalen und lokalen Forumsorganisationen bemüht, denn "ohne politische Selbstvertretung würde unsere - ohnehin immer kleiner werdende - Stimme riskieren, ungehört zu verhallen." Deshalb suchte Johannis im letzten Jahr verstärkt "Kontakte zur Basis".

Aber auch das unermüdliche Ringen des DFDR-Abgeordneten Wolfgang Wittstock im Parlament, beim Präsidialamt oder bei Regierungsstellen für derzeitige wie künftige Restitutionsansprüche der deutschen Minderheit u.a.m. verhallten fast ungehört im Saal, obgleich er gemeinsam mit Unterstaatssekretär Ovidiu Gant am 16. Dezember 2002 ein aufschlussreiches Gespräch mit Staatssekretär Adrian Marasoiu vom Ministerium für öffentliche Verwaltung geführt hatte, der die Regierungsbehörde für die einheitliche Anwendung des Gesetzes Nr. 10/2001 leitet und offenbar, so Wittstock, auch von der Regierung beauftragt wurde, den Entwurf des Gesetzes über die Rückgabe des Vermögens von Vereinigungen und Stiftungen auszuarbeiten. "In diesem Gespräch machten wir Herrn Marasoiu auf die besonderen historischen Umstände aufmerksam, die zur Enteignung des Gemeinschaftsvermögens der deutschen Minderheit geführt hatten, und übergaben ihm etliche Dokumente mit der Bitte, sie bei der Ausarbeitung des betreffenden Gesetzentwurfes zu berücksichtigen. Ob das geschehen wird, werden wir aufmerksam verfolgen", meinte der deutsche Abgeordnete im rumänischen Parlament. Reaktionen darauf gab es seitens des hohen Bukarester Besuchs nicht, ebenso wenig stießen die anschließend angesprochenen Schul-, Wirtschafts- und Haushaltsfragen auf Widerhall unter den Forumsabordnungen aus den fünf Regionen.

Das machte indes weder Mut, noch gab es der DFDR-Vertreterversammlung ein neues Profil, denn neue Gesichter sind bei diesen Tagungen immer rarer gesät. Und jene, die sich offenbar auf Lebenszeit hierher wählen ließen, nehmen ihr Mandat offensichtlich nur noch lebensmüde wahr.

Martin Ohnweiler

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