29. Juni 2003

"Blumen sind für mich Leben"

Vom 3. Juni bos 11. Juli zeigt die Schwabinger Galerie Arka eine Ausstellung mit Arbeiten der aus Bukarest stammenden Malerin Elke Riffelt-Bernerth. Die unter dem Titel „Emotionen des Augenblicks“ ausgestellten Werke sind überwiegend Arbeiten aus den letzten Jahren der heute in Mannheim lebenden Künstlerin.
An einem warmen Sommerabend zur Vernissage – dem biergarten- und isarstrandverwöhnten Münchner kommt dies einer Strafe gleich. Dass sich der Weg dennoch gelohnt hat, ist auch ein Verdienst der Galeristin. Sie hatte nicht nur zwei junge Cellisten, die „leichte Klassik“ zum Besten gaben, mobilisiert, sondern auch eine ungarische Folklore-Sängerin zur Einstimmung aufgeboten. Dazu wurden Hirtenkäse, Paprikasalami, „Grammelpogatschen“ und ungarischer Landwein serviert.

Elke Riffelt-Bernerth mit ihrem Ölbild "Türkenmohn in sächsischem Krug". Foto: Konrad Klein
Elke Riffelt-Bernerth mit ihrem Ölbild "Türkenmohn in sächsischem Krug". Foto: Konrad Klein

Und natürlich viel Kunst. Gut 60 Arbeiten bedeckten die Wände der Galerie, hauptsächlich Blumenbilder, aber auch Stillleben und Architekturstücke. Mit einigen aus dem Stegreif gesprochenen Worten führte Ingrid von Friedeburg-Bedeus das bunt gemischte Publikum in das Werk der Künstlerin ein.

Die Architekturstücke – Gassen und Türme in Mediasch und Schäßburg, aber auch Nichtsiebenbürgisches (z.B. die Hohensalzburg-Serie) –: solider Realismus, irgendwo zwischen Impressionismus und Expressionismus light. Auffallend, wie die gedeckten, eigentlich sehr „siebenbürgischen“ Farben der frühen Jahre in Deutschland einer aufgelichteten, frischen Farbigkeit gewichen sind. Besonders gelungen Die Schulgasse in Schäßburg II (2003): eine bunte Häuserzeile, wie mit Kinderaugen erschaut und der Palette eines Hundertwasser zu dekorativen Farbformen stilisiert.

Riffelt-Bernerths ganze Liebe scheint indes den Blumen zu gehören: Blütenzweige, Blumenstücke, Stillleben mit Blumensträußen – farbenfroh, unmittelbar, beschwingt: „Blumen sind für mich Leben, Blumen sind etwas Wunderbares“. Nicht nur Magnolien und Sonnenblumen (an diesen kommt offensichtlich kein malender Siebenbürger vorbei), sondern gerade auch die Schönheit so schlichter Blumen wie Löwenmäulchen und Ringelblumen lassen die malende Naturliebhaberin zum Pinsel greifen. „Ich hätte nicht gedacht, dass sich diese ordinäre Blume so schön malen lässt“, schwärmt eine begeisterte Besucherin beim Anblick der Blumenzigeunerin mit Tagetes. Wobei die Blumenzigeunerin eine selbst getöpferte Kleinplastik ist, die die Künstlerin neben den Krug mit dem Tagetessträußchen gestellt hat. Vielleicht nicht jedermanns Sache, doch hat nicht schon der große Hans Eder vorgemacht, dass das geht?

Unprätentiös, klassisch, fernab vom Experiment auch die Stillleben, wenn man von einer mitunter „mutigen“ Farbinstrumentierung mal absieht. Kraftvoll, nein: Erotik pur das Stillleben mit dem Äppelwoi-Krug und den reifen Kürbisfrüchten (Erntefreuden, 1999). Natürlich nicht im bräunlichen „Atelierton“ der frühen Bilder, sondern hell und heiter und mit bläulich-transparenten Schatten - wie ein sonniger Oktobertag eben.

Nicht immer überzeugend die teils großformatigen Kohlezeichnungen - Blätter mit eigentümlich anachronistischen Bauersleuten, Handwerkern und Heidschnuckenhirten, die Spitzweg und Ludwig Richter näher zu stehen scheinen als dem herben Dorfrealismus eines Fritz Kimm. Gewiss, fester Strich und sparsame Schraffur, doch irgendwie bleiben die Dargestellten ausdrucks-lose Wesen, weil allzu schematisch zu Papier gebracht. Die Blätter, soweit sie nicht im Hessischen entstanden sind, gehen auf Skizzen von 1962 zurück, als sich die Künstlerin in Bogeschdorf, Bulkesch und anderen Kokeltalgemeinden zu einer Studienfahrt aufhielt (Frau Riffelt-Bernerths Wurzeln väterlicherseits liegen in Bogeschdorf).

Aufgrund eines Leidens ist Elke Riffelt-Bernerth vorerst nicht mehr in der Lage, Landschaft und Architekturansichten ‚vor dem Motiv’ zu malen. Die Krankheit brachte es auch mit sich, dass die ehemalige Kunsterzieherin von der Mannheimer Geschwister-Scholl-Schule ihren geliebten Beruf vor zwei Jahren aufgeben musste. Ein schwerer Schlag für eine Frau, die sich überall beratend, gestaltend und organisierend einbrachte und immer noch einbringt und die künstlerisch noch so viele Pläne hat. Und die ihre malerische Begabung bis zur Auswanderung nur begrenzt ausleben konnte.

Dabei schien anfangs alles glatt zu laufen. Nach dem Studium an der Bukarester Fachhochschule für Bildende Kunst (1954-1959), wo sie unter anderen den von ihr geschätzten Maler Ion Popescu-Negreni als Lehrer hatte, kam sie als Kursleiterin für bildende Kunst („instructor de arta“) an das dortige Deutsche Kulturhaus „Friedrich-Schiller“. Doch bereits 1962 endete alles buchstäblich über Nacht: Man hatte herausgefunden, dass ein im Krieg verschollener Bruder des Vaters bei der Waffen-SS war! Ab da musste sich Elke Riffelt-Bernerth als Buchillustratorin und Gebrauchsgraphikerin durchschlagen; eine Tätigkeit, die zwar abwechslungsreich und interessant war, sie aber künstlerisch nicht wirklich befriedigen konnte.

Erst 1972 glückte der mittlerweile Dreiunddreißigjährigen die Ausreise in die Bundesrepublik, wo sie seit 1973 in Mannheim lebt. Einen schweren Verlust bedeutete für sie der Tod ihrs Mannes Georg Riffelt (1936-1991), Sportfreunden als zehnmaliger rumänischer Landesmeister in Rudern und Olympiateilnehmer in Tokio bekannt. Nur wenige wissen auch, dass Riffelt-Bernerths Mutter aus dem nahe gelegenen Wiesbaden stammt, von wo sie 1938 dem Vater nach Bukarest gefolgt war. „Schreiben Sie bitte nichts Privates, wichtig sind nur die Bilder!“ Gut, dass ich ihr das nicht versprochen hatte.

Eigentlich wollte die Sängerin bei der Vernissage nur Schwermütiges singen. Dass sie sich angesichts der so lebensvollen-sonnigen Bilder für Bewegteres entschied – wen wundert’s. Aus einer „Emotion des Augenblicks“ heraus, siehe Ausstellungs-Titel, sang sie dann plötzlich auch das wundersam-melancholische Lied vom „klein’ wild’ Vögelein“ – auf ungarisch. Auf einem Aquarell mit blauen Primeln hatte sie ein Rotkehlchen entdeckt.

Konrad Klein


Die Ausstellung in der Galerie Arka; Marschallstraße 4, ist bis zum 11. Juli dienstags bis donnerstags 10.00 bis 13.00 und 15.00 bis 18.00 Uhr sowie samstags von 11.00 bis 13.00 Uhr geöffnet. Die Galerie ist nur wenige Gehminuten von der Haltestelle „Münchner Freiheit“ (U-Bahn 3 und 6) entfernt. Weitere Informationen unter Telefon (0 89) 3 38 88 72 99.

(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 10 vom 25. Juni 2003, Seite 13)

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