16. Juli 2003

Interview mit dem Pianisten Leonhard Westermayr

Geboren 1976 in München, erhielt der heute international gefeierte Künstler ab seinem 7. Lebensjahr Klavierunterricht im Münchener Musikseminar bei Hermine und Walter Krafft. Seit seinem Debüt mit elf Jahren im Münchner Herkulessaal gab Leonhard Westermayr bisher über 1 000 Konzerte in Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich, Schweiz, Spanien, Ungarn, Südafrika, Namibia oder Brasilien. Im folgenden Gespräch mit Robert Sonnleitner äußert sich Westermayr über seine musikalischen Präferenzen, über Carl Filtsch und den gleichnamigen Wettbewerb. Außerdem gibt der junge Pianist preis, wovon er träumt.
Obschon in München geboren, werden Sie in den Medien als Musikbotschafter zwischen Ost und West und als Brückenbauer zwischen Deutschland und Rumänien bezeichnet. Wieso eigentlich?

Leonhard Westermayr
Leonhard Westermayr

Mein Klavierlehrer Walter Krafft ist Siebenbürger Sachse und pflegt viele Kontakte, vor allem zu den zahlreichen Orchestern in Siebenbürgen/Rumänien. Er lädt zudem jährlich eines dieser Orchester zu einem großen Konzert nach München ein, in dem ich sehr oft als Solist mitwirkte. Insgesamt war ich sicher schon an die 30 Mal in Rumänien und habe das Land ganz gut kennen gelernt, habe mit fast allen siebenbürgischen Orchestern gespielt und mir in Rumänien einen Namen gemacht. So kam es, dass ich vor einigen Jahren im Rahmen der bayerischen Kulturtage in Hermannstadt dazu eingeladen wurde, im Beisein des bayerischen Kultusministers Hans Zehetmair das Eröffnungskonzert zusammen mit der Hermannstädter Philharmonie zu gestalten. Seither haben meine Konzertreisen nach Rumänien vielleicht einen etwas offizielleren Anstrich und einige Zeitungen haben mich als „Musikbotschafter zwischen Ost und West“ bezeichnet. Ich denke, dass dieses Attribut eher Herrn Krafft gebührt, der all diese Dinge initiiert und organisiert hat und somit bedeutende Arbeit für die Annäherung zwischen Rumänien und Bayern geleistet hat.

Die "Süddeutsche Zeitung" hat Sie als einen neuen "Stern am deutschen Klavierhimmel" bezeichnet. Eine andere Zeitung titelte: "Leonhard Westermayr - Ein ganz großer Tastenmeister". Wie bewerten Sie solche Schlagzeilen?

Es freut mich auf jeden Fall, in der Öffentlichkeit anerkannt zu werden und es ist auch eine ganz gute Werbung, eine positive Kritik vorweisen zu können. Auf der anderen Seite gebe ich nicht allzu viel auf die Meinung der Kritiker, weil diese sehr schwankt und nicht immer von professionellem Musikverständnis gesegnet ist.

Welche Art von Musik spielen Sie?

Ich versuche, ein sehr breit gefächertes Repertoire zu beherrschen, das von Bach bis zur Moderne reicht. Als junger Pianist spiele ich vor allem die romantischen Komponisten wie Chopin, Liszt oder Schumann sehr gerne, weil diese pianistisch viel zu bieten haben und am meisten meiner Gefühlswelt entsprechen. Natürlich schätze und liebe ich auch Bach, Mozart oder Beethoven und habe immer einige von ihren Werken in meinen Konzertprogrammen. Ich habe mich auch ein wenig mit Jazz beschäftigt, was ich hin und wieder in Konzerten anbringen kann, aber eigentlich bin ich klassischer Pianist, der auf professioneller Ebene hauptsächlich Klassik spielt. Außerdem beschäftige ich mich sehr viel mit moderner U-Musik. Bis vor einem halben Jahr war ich Keyboarder in einer Rockband, für die ich auch Songs geschrieben habe. Zurzeit komponiere ich elektronische Musik am Computer.

Der von den in Deutschland lebenden siebenbürgisch-sächsischen Musikpädagogen Peter Szaunig und Walter Krafft angeregte "Carl Filtsch"-Klavier- und Kompositions-Wettbewerb für junge Künstler findet alljährlich in Hermannstadt statt. Sie sind der Webmaster von www.Filtsch-competition.de, der offiziellen Homepage dieses Wettbewerbs. Wie kam es dazu?

Seit einigen Jahren sind Computer mein großes Hobby und nachdem meine frühere Rockband eine Website haben wollte, bot ich mich an, es zu versuchen. Die Internetpräsenz dieser Band „Averell“ (www.planet-averell.de) wurde somit meine erste Website. Ich habe dabei viel gelernt und konnte so auch die Gestaltung der Website des Filtsch-Wettbewerbes übernehmen.

Bitte stellen Sie uns Ihre Filtsch-CD-Produktion kurz vor. Ist diese Audio-CD noch erhältlich?

Ja, natürlich. Man kann sie entweder bei meinen Konzerten oder über das Münchener Musikseminar, Telefon: (0 89) 26 71 63, erwerben. Auf dieser CD befinden sich sechs Kompositionen von Carl Filtsch, zusammen mit einigen Werken seiner Lehrer und Mentoren Chopin, Liszt und Thalberg. Es stellt die weltweit erste Aufnahme der Werke von Filtsch dar, abgesehen von einzelnen Aufnahmen der Mazurka, die es schon vorher gab.

Was halten Sie von den Kompositionen von Carl Filtsch?

Die Kompositionen von Filtsch sind absolut außergewöhnlich - und das nicht bloß, wenn man an das Alter denkt, in dem sie geschrieben wurden. Seine Werke haben einen absoluten Wert, der sich einem auch erschließt, wenn man nicht weiß, wer Carl Filtsch war und wie jung er gestorben ist. Er war ein einmaliges Genie, das vielleicht einer der größten Musikschöpfer geworden wäre, wenn er länger gelebt hätte.

Wie sehen Sie Ihre weitere Entwicklung?

Mein Traum wäre es, Musikproduzent zu werden, d.h. meine Ideen und Lieder verkaufen zu können, vielleicht auch wieder eine eigene Band zu haben und mich mehr dem kreativen Prozess zu widmen. Auf dem Gebiet der klassischen Musik sehe ich dazu wenig Chancen, aber im weiten Feld der Unterhaltungsmusik gibt es viele Möglichkeiten, als Arrangeur, Komponist oder Produzent tätig zu sein. Ich werde aber immer auch als Konzertpianist auftreten.

Vielen Dank für das Gespräch.

(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 11 vom 15. Juli 2003, Seite 11)

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