27. Juli 2003

Brukenthals kunsthistorisches Erbe

Der Historiker Dr. Michael Kroner bespricht im Folgenden zwei Neuerscheinungen, die aus Anlass des 200. Jahrestages seit dem Tode von Baron Samuel von Brukenthal (1721-1803) in Hermannstadt erschienen sind: Gudrun-Liane Ittu: Geschichte des Brukenthalmuseums, Monumenta Verlag, Hermannstadt 2003, 114 Seiten und 33 Abbildungen, ISBN 973-99735-7-4; Doina Udrescu: Arta germanã din Transilvania în colectiile Muzeului Brukenthal din Sibiu 1800-1950. Pictura si sculptura. (Die deutsche Kunst aus Siebenbürgen in den Sammlungen des Brukenthalmuseums. Malerei und Skulptur. Herausgegeben vom Demokratischen Forum der Deutschen in Rumänien. Hermannstadt 2003, 268 Seiten und 90 Abbildungen, ISBN973-651-072-7.
Die beiden hier anzuzeigenden Bücher sind in Hermannstadt aus Anlass des 200. Jahrestages seit dem Tode von Baron Samuel von Brukenthal (1721-1803) erschienen und beschäftigen sich mit der bedeutenden Stiftung des namhaften siebenbürgisch-sächsischen Staatsmannes, Mäzen und Museumsgründers. Der kinderlose Baron hatte nämlich testamentarisch verfügt, dass seine reichen Sammlungen – Gemälde, Kupferstiche, Bücher, Münzen Mineralien, Antiquitäten – nach seinem Tode der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollten und dafür aus seinem Vermögen die Summe von 36 000 Gulden auszuscheiden sei, um mit den daraus erzielten Zinsen einen Bibliothekar (Kustos) und Besorger zu bezahlen. Im Falle des Aussterbens der Brukenthalnachkommen im Mannesstamme sollte die Sammlung in den Besitz des evangelisch-deutschen Gymnasiums von Hermannstadt übergehen.

Mit den Sammlungen Brukenthals wurde in seinem Palais auf dem Großen Ring in Hermannstadt 1817 ein Museum eröffnet, das bis heute seinen Namen trägt und das erste Museum Siebenbürgens und des heutigen Rumänien ist. Mit der Geschichte dieses Museums befasst sich das Buch von Gudrun-Liane Ittu.

Nach dem Tode des letzten männlichen Brukenthal-Erben, Hermann von Brukenthal, im Jahre 1872, konnte die evangelische Kirche von Hermannstadt als Trägerin des Gymnasiums weder die Sammlungen des Museum übernehmen, noch in den Besitz einer weiteren Stiftung von Georg Peter Karl Brukenthal gelangen. Sie musste vorerst einen Prozess um die ihr vermachten Stiftungen führen, weil ein ungarischer Angehöriger einer Brukenthalischen Seitenlinie das Erbe anfochte, was zu einer spannenden und die Öffentlichkeit erregenden Auseinandersetzung führte. Der Prozess wurde schließlich 1878 vom Obersten Gerichtshof von Budapest zugunsten des deutschen Gymnasiums und der evangelischen Kirche entschieden. Seither war die evangelische Kirche bis 1948 unangefochten im Besitz des Museums, des Palastes und anderer Liegenschaften. Das Museum wurde gegen Ende des 19. und in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts zu einer sächsischen Nationalanstalt und einem Forschungsmittelpunkt. Diesen Charakter verlor das Museum, als es widerrechtlich 1948 verstaatlicht wurde. Zudem wurden aus allen Sammlungen wertvolle Objekte entwendet und anderen Museen Rumäniens zugeteilt, so etwa 19 Gemälde der Pinakothek, die das Nationale Kunstmuseum von Bukarest übernahm. Zurzeit sind, wie durch die Presse bekannt wurde und wie der Herausgeber Hermann Fabini im Vorwort hinweist, Bemühungen zur Rückgabe des Museums an die evangelische Kirche und um Rückführung der entwendeten Museumsstücke im Gange.

Hans Eder: Der Maler Fritz Kimm, Öl auf Leinwand, 80 x 65,3 cm, 1925, Katalog-Nummer 97 des Udrescu-Bandes.
Hans Eder: Der Maler Fritz Kimm, Öl auf Leinwand, 80 x 65,3 cm, 1925, Katalog-Nummer 97 des Udrescu-Bandes.

Was den willkürlichen Umgang der kommunistischen Machthaber mit dem Museum betrifft, weist die Verfasserin darauf hin, dass es trotz allem auch nach der Verstaatlichung eine Forschungsstätte blieb, die eine beachtliche Förderung erhielt, die um vieles über das hinausging, was vor 1948 möglich gewesen war. Durch die Erweiterung des Museums mit neuen Abteilungen entstand der „Complexul Muszeului Sibiu“ aus dessen offizieller Bezeichnung in den 80er Jahren der Name Brukenthal verschwand und nur auf die Gemäldegalerie beschränkt blieb. Es sollte dadurch der sächsische Charakter der Institution ausgelöscht werden.

In ihrem Buch bietet Ittu eine einführende Kurzbiographie des Stifters, zeichnet dann die verschiedenen Entwicklungsphasen des Museums nach, präsentiert die Entstehung und Erweiterung der Bestände nach Brukenthals Tod. Im Anhang werden einige Dokumente veröffentlicht, so das Testament des Stifters, das Gesetz zur Verstaatlichung des Museums und das Übergabeprotokoll von 1948 u.a.

Doina Udrescu bietet im ersten Teil ihrer Arbeit eine kunsthistorische Übersicht über die Entwicklung der siebenbürgisch-sächsischen bildenden Kunst bis um 1950, wobei den Schwerpunkt ihrer Darstellung die Malerei und Skulptur von 1800 bis 1900 bildet. Die Verfasserin belegt ihre Ausführungen mit Stücken aus den Sammlungen des Museums.

Der zweite Teil der Arbeit ist ein Katalog mit den Werken deutscher bzw. siebenbürgisch-sächsischer Maler und Bildhauer des 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in den Sammlungen des Brukenthalmuseums. Es handelt sich dabei um Gemälde und Skulpturen, die nach dem Tode Brukenthals erworben wurden und eine neue Abteilung bilden. Im Katalog sind die Künstler alphabetisch angeordnet und die von ihnen im Museum befindlichen Werke mit technischen Angaben, Daten über Erwerb, mit bibliographischen Hinweisen u. a. versehen. Es werden insgesamt 358 Werke genannt, wobei alle namhaften siebenbürgisch-sächsischen bildenden Künstler bis Mitte des vorigen Jahrhunderts erfasst werden.

Michael Kroner


(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 12 vom 31. Juli 2003, Seite 7)

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