27. Juli 2003

Kulturelle Übernationalität

Der aus Siebenbürgen stammende, seit 1968 in Deutschland lebende Buchautor, Journalist und Herausgeber Hans Bergel (78) hat sich kürzlich an ungarischen, rumänischen und israelischen Projekten übernational engagiert.
Ein Budapester Kamera-Team drehte im Auftrag des Ungarischen Fernsehens im Rahmen einer Serie über herausragende Persönlichkeiten des südosteuropäischen Raumes einen 50-Minuten-Film über Hans Bergel. Das anhand des von Hajdu Zoltan erstellten Drehbuchs arbeitende Team filmte unter der Leitung des Chefkameramannes Balog Gábor am 20., 21. und 22. Juni auf Schloss Horneck im Neckartal und in der Umgebung des Schlosses. Inhalt und Akzente des Porträt-Films, dessen Sendetermin noch nicht bekannt ist, bilden die biografischen Schwerpunkte. Bergel, dessen Roman „Wenn die Adler kommen“ (1. Auflage 1996) zurzeit ins Ungarische übersetzt wird, beantwortete Fragen zu Literatur, Musik, Leistungssport, Zeitbetrachtung und -kritik, zur Politik, Kunst und Philosophie. In der TV-Serie wurde bisher unter anderem auch der in Budapest geborene Literaturnobelpreisträger Imre Kertész vorgestellt.

Anschließend war Bergel zu Beginn des Monates Juli Gast des „VI. Sommerkurses“ der „Academia Civica“ in Sighet, Rumänien, der über hundert im Wettbewerbsverfahren ausgewählte junge Rumänen mit Referenten aus zehn Ländern - Frankreich, England, USA, Polen, Deutschland, Tschechien u.a. - zusammenführte. Bei den von der Schriftstellerin Ana Blandiana und dem Publizisten Romulus Rusan ins Leben gerufenen und geleiteten „Sommerkursen“ geht es um die politische Bildung heranwachsender Generationen. Ausländische Institutionen – allen voran die Konrad-Adenauer-Stiftung, aber auch das Französische Institut, ProHelvetia u.a. – fördern die Einrichtung. In einer zweieinhalbstündigen Veranstaltung sprach der im Jahr 2000 zum Ehrenmitglied der Akademie ernannte Dr. h.c. Hans Bergel über „Wesen und Struktur des kommunistischen Kulturdiktats am Beispiel des ‚Deutschen Schriftstellerprozesses 1959‛“. Die vom französischen Zeithistoriker Stéphane Courtois („Das Schwarzbuch des Kommunismus“, 1998) moderierte, in rumänischer Sprache abgehaltene Veranstaltung wurde nach allgemeiner Beurteilung als „Höhepunkt der diesjährigen Sommerkurse“ gewertet, stellte Ana Blandiana in ihrer Abschlussansprache fest.

Im Zeichen übernationaler Kulturvorhaben steht schließlich ein israelisch-deutsches Projekt, das sich ebenfalls mit dem Namen des Schriftstellers Hans Bergel verbindet. Der Aachener Rimbaud-Verlag wird zwei in der Bukowina geborene, in Jerusalem lebende deutsch schreibende jüdische Autoren repräsentativ veröffentlichen: drei Bände Lyrik von Manfred Winkler (81), zwei Bände Prosa von Dorothea Sella (84). Durch Bergels Veröffentlichungen aus den letzten Jahren wurde der Verlag auf die beiden Autoren aufmerksam und betraute nicht zuletzt auf deren Wunsch Anfang Juli den siebenbürgischen Schriftsteller mit dem Lektorat und der Herausgeberschaft. Der hebräisch und deutsch schreibende Manfred Winkler ist einer der namhaften israelischen Gegenwartslyriker (Literaturpreis 1999 des Ministerpräsidenten Israels), die ausschließlich deutsch schreibende "Thea" Sella stellte sich bisher als beachtliche Memorialistin vor. Mit beiden ist Bergel - im Fall Winkler seit fast einem halben Jahrhundert - eng befreundet.

E. L.


(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 11 vom 31. Juli 2003, Seite 7)

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