18. August 2003

Entschädigung für Russlanddeportierte

Aufgrund einer Anfrage zum Thema "Entschädigung deutscher Zwangsarbeiter - Verschleppung von Rumäniendeutschen in die ehemalige UdSSR" hat das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen mit Schreiben vom 18. Juni 2003 zur Frage einer Entschädigung deutscher Zwangsarbeiter, insbesondere der bei Kriegsende von Rumänien in die Sowjetunion deportierten Deutschen, Folgendes mitgeteilt:
„Am 22. Mai 2003 wurde in einer Bund-/Länderbesprechung beim Bundesministerium des Innern die Frage einer Entschädigung erörtert. Dabei hat Bayern die Auffassung vertreten, dass auch bei dem vorgenannten Personenkreis politische Gründe und nicht nur Kriegsführungsgründe für die Gewahrsamnahme und die Heranziehung zur Zwangsarbeit maßgebend waren. Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen könnten auch den rumäniendeutschen Zwangsarbeitern Unterstützungsleistungen der Stiftung für politische Häftlinge in 53175 Bonn, Wurzerstraße 106 [Hervorhebung durch den Unterzeichner], gewährt werden. Das Bundesministerium des Innern hat zugesichert, diese Frage nochmals genau zu prüfen.

Unabhängig hiervon hat das hiesige Sozialministerium mit beiliegendem Schreiben vom 26. Juli 2002 die in Bayern für den Vollzug des Häftlingshilfegesetzes zuständigen Behörden angewiesen, in jedem Einzelfall das Vorliegen einer politischen Gewahrsamnahme im Sinne des § 1 Abs. 1 Häftlingshilfegesetz (HHG) bei den deutschen Zivildeportierten aus Rumänien in die ehemalige UdSSR genau zu prüfen.“

In dem vorerwähnten Schreiben vom 26. Juli 2002 wurden an die Regierung von Mittelfranken und an das Zentrale Ausgleichsamt Bayern entsprechende Anweisungen erteilt, wonach festgehalten wird: „Aus diesen Gründen kann auch bei der Deportation der Rumäniendeutschen Anfang 1945 eine politische Gewahrsamnahme im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 HHG nicht ausgeschlossen werden. Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Internierung und Deportation von Zivilpersonen mit Straf- und Vergeltungshandlungen verbunden waren. Hierunter fallen z. B. die Misshandlung durch Bürger, die Wegnahme von persönlichen Gegenständen, die Enteignung des Vermögens, der Entzug von Essensrationen oder willkürlich andere Strafen.“

Kommentierung zur Rechtslage und zur empfohlenen Vorgehensweise


Zwar ist das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz (KgfEG) in der Zwischenzeit aufgehoben worden und auch eine erstmalige Antragstellung nach dem Häftlingshilfegesetz (HHG) in der Zwischenzeit nicht mehr möglich (hierüber berichtete ausführlich die Siebenbürgische Zeitung als die entsprechenden Gesetze geändert wurden). Eine nachträgliche Statusfeststellung auf Anforderung von Dritten (z. B. Stiftung für politische Häftlinge) ist jedoch durchaus möglich. Diese Auffassung wird auch von dem Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen in dem erwähnten Schreiben vom 26. Juli 2002 vertreten.

Es wird allen betroffenen Landsleuten, die nach Russland deportiert wurden und dort Zwangsarbeit verrichten mussten, empfohlen, ihre Antragstellung auf Unterstützungsleistungen bei der Stiftung für ehemalige politische Häftlinge in Bonn (Anschrift wie oben, Telefon: 02 28/36 89 37-0) zu wiederholen oder erstmalige Anträge zu stellen. Im Falle einer seinerzeitigen Ablehnung sollte ein Antrag auf Wiederaufgreifen der Entscheidung bzw. des Verfahrens der seinerzeitigen Ablehnung der Ausstellung der Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 HHG beantragt werden. Selbstverständlich hat eine solche Antragstellung nur dann einen Sinn, wenn für die Dauer der Deportation nicht nach anderen Gesetzen (z. B. nach dem Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz - KgfEG) bereits Leistungen bezogen wurden.

Dr. Johann Schmidt, Nürnberg



Der Autor ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht sowie Bundesrechtsreferent der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen (LAG und BVFG)

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