8. Oktober 2003

Roma-Prinzessin erregt internationales Aufsehen

Hermannstadt. - Sie hatte eigentlich wie im Märchen begonnen und endet vermutlich vor dem Untersuchungsrichter: die Hochzeit der "Roma-Prinzessin" Ana-Maria Cioaba, der Tochter des "Roma-Königs" Florin Cioaba, am letzten Septemberwochenende in der Stadt am Zibin.
Echte Hochzeitskutschen und Hochzeitslimousinen, wie man sie nur aus Las Vegas kannte, wo das junge Brautpaar übrigens auch seine Flitterwochen verbringen will, haben zahlreiche Zaungäste auf die Hermannstädter Ausfallstraße nahe dem "Königspalast" in Neppendorf gelockt. Und ins Festzelt des königlichen Anwesens kamen rund 500 geladene Hochzeitsgäste gewiss auch wegen der 300 Sektflaschen, 5 000 Wein- und 4 500 Bierflaschen, der 220 Whiskyflaschen, 5 000 Krautwickel, der 80 hierfür geopferten Spanferkeln, 17 Schweine und obendrein unzähligen Truthähnen. "Das mondänste Ereignis dieses Jahres schlechthin", witzelte ein Journalist über das Fest, das Stars wie Veta Biris, Florica Zaha oder Marius Dragomir begleiteten. Aus Wien war das weltbekannte Zigeunerorchester von Pera Petrovici angereist, ebenso der Vorsitzende des Roma-Parlaments, Jevromovici Dragan, ja selbst der Leiter der Roma-Weltorganisation, Emil Skuka, fehlte nicht. Als Trauzeugen hatte die königliche Familie den einstigen Richter im Hermannstädter Prozess um den ehemaligen Kronprinzen Nicu Ceausescu, Doru Viorel Ursu mit Gattin Daniela, auserkoren.

Die Mitgift war üppig. Der Brautvater schenkte seiner Tochter traditionsgemäß ein etliche Meter langes und einige Kilogramm schweres Halsband aus Franz-Josef-Talern. Die Trauung nahm der "König" höchstselbst in seiner Eigenschaft als Pastor der Pentikostaalen-Kirche vor. Just während der Zeremonie büchste die Braut aus - für ganze 20 Minuten. Sie habe dem Druck dieses öffentlichen Auftritts nicht Stand gehalten, hieß es. Andere schlossen Intrigen seitens der "kaiserlichen Familie" von nebenan nicht aus. Iulian Radulescu, selbst ernannter "Kaiser" Iulian I., soll dazwischengefunkt haben. Wie dem auch sei, handelte es sich offenbar um eine illegale Hochzeit, denn: Die 14-jährige Ana-Maria (einige sprechen von 12 Jahren) hätte, laut Gesetz, den 15-jährigen, gleichfalls aus Hermannstadt in Siebenbürgen (Rumänien) stammenden Mihai Birita nicht heiraten dürfen. Die Hochzeitsnacht war ohnehin sitten- wie gesetzwidrig. Nicht nur der "Verkauf" der Braut wurde seither in den internationalen Medien angeprangert, von "sexueller Nötigung" oder gar "Missbrauch einer Minderjährigen" ist die Rede. Die EU-Parlamentarierin und Referentin für Rumänien, Emma Nicholson, forderte die rumänischen Verantwortungsträger auf, die Ehe für null und nichtig zu erklären, notfalls die Braut in ein Kinderheim einzuweisen und den Eltern das Sorgerecht zu entziehen. Die Reaktion erfolgte prompt: Dem Bräutigam werde, so die Hermannstädter Staatsanwaltschaft, ein strafrechtliches Verfahren angehängt. Der Brautvater zeigte sich indes uneinsichtig: Das sei nun einmal die Tradition bei den Roma. Auch er habe als 14-Jähriger seine 13-jährige Braut geheiratet.

mo

Bewerten:

1 Bewertung: o

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.