9. Oktober 2003

Hermannstädter Treffen in Landshut: Eine Rakete der Freundschaft gezündet

Zwar liegen 1 150 lange Kilometer zwischen Landshut und Hermannstadt - doch das hindert die partnerschaftlich verbundenen Städte nicht, stetig ihre Beziehungen zu festigen und neue Freundschaften zu knüpfen. Spätestens am vorletzten Septemberwochenende (20./21. September), beim ersten Treffen von Hermannstädtern in Landshut sind auch Gemeinsamkeiten ausgetauscht worden, die sicherlich vielen neu waren. Wer hätte beispielsweise gewusst, dass ein Landshuter im Spätmittelalter die erste Rakete in Hermannstadt gezündet hat?
Sie kamen aus allen Ecken, aus Deutschland, Österreich, der Schweiz, Rumänien und sogar USA zu ihrem Heimattreffen, das erstmals in Landshut stattfand. Bis 2001 war Dinkelsbühl die Hochburg der Hermannstädter. Ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm erwartete die Gäste von Freitag bis Sonntag. In der Volkshochschule fanden Foto- und Buchpräsentationen zum Thema Hermannstadt statt sowie eine Ausstellung mit Werken von siebenbürgischen Künstlern. Im Sportzentrum West ging es sportlich zu: Hermannstädter und Landshuter Handballmannschaften standen sich vor toller Kulisse in heißen Wettkämpfen gegenüber.

Der Landshuter Rathausprunksaal war beim Hermannstädter Treffen bis auf den letzten Platz besetzt. Foto: Christoph Reich
Der Landshuter Rathausprunksaal war beim Hermannstädter Treffen bis auf den letzten Platz besetzt. Foto: Christoph Reich

Zum Festakt im Rathaus-Prunksaal fanden sich so viele Besucher ein, dass vor dem Rathaus zeitweilig kaum noch ein Durchkommen war. Bei der jüngsten Städtepartnerschaft hätten sich die zwei richtigen Städte gefunden, sagte Oberbürgermeister Josef Deimer in seiner Festrede. Damit habe man gezeigt, dass man bereit sei, etwas für die Wiedervereinigung Europas zu tun. Die europäische Vereinigung stehe am Anfang der Friedenspolitik. „Eine Städtepartnerschaft mit einer rumänischen Stadt ist außerordentlich wichtig“, sagte Deimer. Als wichtig erachte er aber auch den Jugendaustausch, der sich unter anderem zwischen den Schulen ergeben habe. „Auch die Chemie zwischen den Bürgermeistern stimmt“, betonte Deimer. Er wies auf die Ähnlichkeiten zwischen beiden Städten hin und hob hervor, dass Landshut und Hermannstadt fast gleich alt seien. Auch eine „merkwürdige Beziehung“ gebe es zwischen Landshut und Hermannstadt, merkte Deimer an. Conrad Haas aus Landshut sei es gewesen, der 1555 die erste Rakete mit einem Drei-Stufen-Antriebssystem in Hermannstadt gestartet habe.

Die Verbindungen zwischen den Städten seien sehr komplex, erklärte auch Prof. Dr. Paul Niedermaier, der Direktor der rumänischen Zweigstelle der Akademie der Wissenschaften für Sozialwissenschaften aus Hermannstadt. Der Bogen der Gemeinsamkeiten spanne sich von der Städtegründung bis in die heutige Zeit. So seien die Hochschulen in Landshut wie in Hermannstadt jeweils in den siebziger Jahren gegründet worden, führte Niedermaier als Beispiel an. Beschreibungen von Landshut und Hermannstadt läsen sich ähnlich, „mit dem Unterschied, dass wir in Hermannstadt kleinere Häuser haben“.
Werner Kloos, der Vorsitzende der Kreisgruppe Landshut der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen, äußerte die Hoffnung, dass auch das nächste Treffen der Hermannstädter in zwei Jahren wieder in Landshut stattfinden werde. „Und dann würden wir gerne noch mehr Hermannstädter hier begrüßen“, fügte er hinzu. Oberbürgermeister Josef Deimer überreichte an die Präsidentin der Heimatgemeinde der Deutschen aus Hermannstadt, Ingrid von Friedeburg-Bedeus, ein Buchskranzl. Ein festliches Gepräge erhielt die Veranstaltung im Rathaus-Prunksaal durch den Auftritt einer Kindertanzgruppe der Kreisgruppe Landshut der Siebenbürger Sachsen und Musik von den Landshuter Turmbläsern. Zu weiteren Höhepunkten gehörte der Herbstball am Abend im Bernlochner-Saal. Das Treffen endete mit einem Gottesdienst in der Christuskirche, den Dekan Siegfried Stelzner und der Hermannstädter Stadtpfarrer Kilian Dörr gestalteten.

Christoph Reich


Die Chemie stimmt
Nachtrag zum 1. Hermannstädter Treffen in Landshut

Der Wechsel von Dinkelsbühl nach Landshut als Austragungsort für das Hermannstädter Treffen vom 19. – 21. September ist vollzogen. Eine Zukunftsentscheidung, die sich – wer diese Tage miterlebt hat, wird es bestätigen - nicht schöner hätte bewähren können.

Landshut hatte bei strahlendem Spätsommerwetter die Arme zum Willkommen ausgebreitet. Der Blick über die lsar zur Altstadt auf die beherrschende Burg vermittelte ein Gefühl der Geborgenheit. Kein Wunder, dass mehr als 3 000 Deutsche aus Siebenbürgen, viele davon aus Hermannstadt, hier ihre neue Heimat gefunden haben. Sie bereiteten den Boden für erste Begegnungen zwischen Landshut und Hermannstädtern; die ersten Hilfstransporte wurden bereits 1989 gestartet.

Bei den Bayerischen Kulturtagen in Hermannstadt im Herbst 2000 war Landshut mit einem Stand vertreten. Oberbürgermeister Josef Deimer (Landshut) und Bürgermeister Klaus Johannis lernten einander kennen und von Anfang an "stimmte die Chemie", wie Deimer in seiner Begrüßungsrede beim Hermannstädter Treffen in Landshut sagte. 2000 wurde der Verein "Freundeskreis Landshut-Hermannstadt" in Landshut gegründet. Nach vielen weiteren Initiativen und der Zustimmung der jeweiligen Stadträte unterzeichneten Josef Deimer und Klaus Johannis am 13. April 2002 bei einem Festakt im Rathausprunksaal in Landshut die Partnerschaftsurkunde. Nächste Etappe war die Planung und Durchführung des kommenden Hermannstädter Treffens, das erstmalig in Landshut stattfinden sollte. Ein erstes Gespräch unter Vorlage eines Konzeptes mit dem geplanten Kulturprogramm wurde bereits Ende 2001 mit den Vertretern der Stadt Landshut geführt. So war es möglich, einen Termin im September 2003 zu erhalten und den Prunksaal des historischen Rathauses für das Treffen zu reservieren. Es begann die Kleinarbeit, um das reichhaltige Programm zu füllen. Die Einbindung Landshuter Musikgruppen sowie des "Freundeskreises Landshut“ sollte die Partnerschaft weiter fördern. 2002 wurde ein "Arbeitsjahr", getragen von Vorfreude, aber auch Verantwortung. Die Arbeitsteilung mit den treuen Mitstreitern im Vorstand der „Heimatgemeinschaft der Deutschen aus Hermannstadt e.V.“ und besonders den in Landshut lebenden Hermannstädtern war fruchtbar.

Die unerwartet große Anzahl der Mitglieder bei der Mitgliederversammlung am 19. September war ein gutes Omen für den weiteren Verlauf. Ein weitläufiger Korso in der Heltauergasse vor dem Rathaus, die nicht zu überhörenden Gruppen auf den Straßen und Bänken widerspiegelten die Freude der Besucher. Viele Höhepunkte reihten sich aneinander. Sichtbarster Erfolg dieses 1. Treffens in Landshut waren die Schlagzeilen in der Presse: "Städtepartnerschaft trägt Früchte" (Landshut AKTUELL) - "Eine Rakete der Freundschaft gezündet" (Landshuter Zeitung) - "Begegnung der Gemeinsamkeiten" (Landshut AKTUELL) - "Landshut ins Herz geschlossen" (Hermannstädter Zeitung).

Unser Dank gilt der Stadt Landshut für die herzliche Aufnahme im Bewusstsein der Erkenntnis, dass noch viele weitere in der Historie begründeten Gemeinsamkeiten entdeckt werden, um die Partnerschaft für die Zukunft weiter zu vertiefen - eines der Ziele für das 2. Treffen in Landshut im September 2005.

Ingrid von Friedeburg-Bedeus


(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 17 vom 15. Oktober 2003)

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