13. Oktober 2003

Um besseres Image bemüht

Sein Deutsch ist in Aussprache und Ausdruck geradezu perfekt, und auch schriftlich weiß er sich fehlerfrei auszudrücken: Matei Crisan (15) aus Bukarest. Der Schüler des dortigen Nicolai-Tonitza-Lyzeums hat kürzlich im ostholsteinischen Malente zum fünften Mal an einem Ferien-Deutschkurs des Goethe-Instituts teilgenommen.
Der Jugendliche, der als Berufswunsch Grafiker angibt und seit 13 Jahren Deutsch lernt, entstammt dabei nicht einmal einer Familie mit deutschen Wurzeln: Der Vater, dessen Familie ursprünglich in Temeswar beheimatet ist, ist Außenhandelskaufmann und hat erst zusammen mit seinem Sohn die deutsche Sprache erlernt. Er ist praktisch der Einzige, mit dem Matei sein Deutsch im täglichen Umgang üben kann, denn weder wird in der Schule Deutsch gelehrt noch hat er bislang Kontakt zum Deutschen Forum und den deutschen Kultureinrichtungen in der rumänischen Hauptstadt. Das soll sich aber ändern, versichert der lerneifrige junge Mann: "Ich möchte den Menschen hier zeigen, dass auch Rumänen Leistung erbringen können". Ein Vorhaben, von dem Matei festgestellt hat, dass dies gar nicht so einfach ist: "Die Menschen hier sind ungeheuer kühl". Und im Norden Deutschlands ist man auf Rumänen offenbar nicht sonderlich gut zu sprechen, meint Matei. In den Winterferien hat er bei dem damaligen Deutschkurs in Berchtesgaden die gleiche Deutsch-Arbeit wie jetzt in Malente bearbeitet. Von 60 möglichen Punkten erreichte er 50. Inzwischen ist nach seiner Ansicht die Arbeit noch besser ausgefallen, aber es gab nur 46 Punkte. Nun, wir haben Matei beruhigt - im Norden Deutschlands werde eben strenger zensiert.

Matei Crisan will das Image Rumäniens verbessern.
Matei Crisan will das Image Rumäniens verbessern.

Am aktuellen Kurs haben 56 junge Leute aus aller Welt teilgenommen. Matei war der einzige Rumäne. Kaum verwunderlich, wenn man hört, dass die Kursgebühr 1 850 Euro beträgt, wozu bei Matei noch 500 Euro Flugkosten für die Reise mit Lufthansa über München nach Hamburg kommen. Auch für eine gut situierte Familie - die Mutter ist selbstständige Zahnärztin - in Rumänien sehr viel Geld!

Matei, der sich auch in der deutschen Literatur auskennt und sogar Kant gelesen hat, bewundert deutsche Ordnung und Disziplin: "Hier wirft man seinen Abfall wirklich in den Müllkorb". Er hält das Land - von dem er inzwischen Berlin, München, Düsseldorf und Hamburg kennen gelernt hat - für sauber. Auch die Kultur beeindruckt ihn. So hat er das Eutiner Schloss besichtigt und war mit der Kursleiterin zweimal zu Konzerten in der Stadtkirche im benachbarten Neustadt. Im Vergleich bedrückt ihn die fehlende Effizienz der rumänischen Wirtschaft, schlimmer noch, dass die Hilfen der EU etwa für die Verbesserung der Infrastruktur der Hauptstadt in dunklen Kanälen versickert sind. Dennoch, Matei bleibt Optimist: "Unsere Probleme sind nicht unlösbar. Aber das hängt von unseren Fortschritten in der Zukunft ab".

Horst Schinzel


(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 16 vom 15. Oktober 2003, Seite 13)

Bewerten:

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.