26. Oktober 2003

Peter Jacobi: Kulturtage mit Kulturpreisträger

Die Vielzahl von Veranstaltungen im Rahmen der Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturtage wurde durch zwei Ausstellungen zusammengehalten: die Dokumentationsausstellung "Hermann Oberth" sowie die Kunstausstellung "Peter Jacobi: Skulptur und Fotografie". Letztere wurde in Zusammenarbeit mit dem Künstlerbund Speyer e.V. vom 9. bis 24. Oktober im Künstlerhaus Speyer gezeigt. In Anwesenheit zahlreicher Künstlerkollegen und Kunstliebhaber fand die Vernissage am 9. Oktober statt.
Die Ausstellungsräumlichkeiten des Künstlerhauses boten den athmosphärisch passenden, wenn auch etwas beschränkten Rahmen für die großformatigen Werke von Professor Peter Jacobi - 35 Skulpturen und 33 fotografische Arbeiten. Das wurde kompensiert durch eine kompakte Hängung sowie durch die Aufstellung von Skulpturen im Innenhof. Dort dominierten bronzene Säulen: modulare, perforierte, italienische - eine Reverenz Jacobis an sein Vorbild Constantin Brancusi -, sowie "Ringe", in Bronze oder Eisenguss ausgeführte Variationen der Kreisform als experimentierende geometrische Konstruktionen. Dort kamen auch die Marmorreliefs und die "Inliegend" genannten Konstrukte auf der Grundform des Rechtecks aus Diabas Stein gut zur Geltung, ebenso die Modelle für ein "Memorial-Pavillion" und für einen "Unterirdischen Gedenkraum". Weitere Skulpturen waren in den beiden lichten Innenräumen zu finden. Sie und jene Skulpturen, die auch als Inspirationsquelle in den fotografischen Arbeiten ihren Niederschlag fanden, trugen dazu bei, dass die Ausstellung als rundes Ganzes empfunden wurde. Dass dieser Eindruck auch durch die thematische wie technische Vielfalt der fotografischen Arbeiten - Fotografien auf Barythpapier, übermalte Fotografien und am Computer generierte Fotocollagen - nicht beeinträchtigt wurde, war der geschickten Hängung in kompakten Themengruppen ("Ost - West", "Erdskulptur", Spiegelungen, Entwürfe für Memorials, Spuren des Weltkrieges) zu verdanken und bestätigte aufs Schönste die in der Einführung hervorgehobenen choreographischen Fähigkeiten von Peter Jacobi.

Anschaulich erklärt Peter Jacobi die Formgebung seiner 'Modularen Säule'. Foto: Mortimer Isselhart
Anschaulich erklärt Peter Jacobi die Formgebung seiner "Modularen Säule". Foto: Mortimer Isselhart


Bevor sich allerdings diese Werke so wohlkomponiert den Besuchern der Vernissage zeigen konnten, musste kräftig angepackt werden: einerseits durch Mitglieder der Kreisgruppe Pforzheim beim Verpacken und Aufladen im Atelier in Wurmberg, andererseits durch Mitglieder der Kreisgruppe Vorder- und Südpfalz beim Abladen und Aufbauen.

Holger Grimm, Stellvertretender Vorsitzender des Künstlerbundes Speyer e.V. und selber Bildhauer, konnte bei lauer Abendtemperatur die Gäste im Innenhof willkommen heißen, darunter Eberhard Specht, Vorsitzender des Speyerer Kunstvereins, etliche Künstlerkollegen und auch Landsleute Jacobis. Von Stolz erfüllt, "einen Künstler dieses Formats in Speyer zu präsentieren", so die Speyrer Morgenpost, stellte er auch den Künstler Peter Jacobi und die wichtigsten Stationen seines Schaffens kurz vor, bevor er das Wort an Hans-Werner Schuster übergab, der in die Ausstellung einführte.

Von Material und Form zu Inhalt und Sinn

Ausgehend von der überragenden Bedeutung von Kunst im kommunistischen Rumänien - nur dadurch sind Zensur, Überwachungs- und Gängelungsbestrebungen, die sich am greifbarsten im sozialistischen Realismus manifestieren, wie auch die fundierte handwerkliche Ausbildung erklärbar - zeichnete Schuster die bestimmenden Linien für die Entwicklung der Persönlichkeit und des Künstlers Jacobi nach. Dazu gehörte, dass dieser sich wie weitere junge Künstler primär mit den Fragen des Materials und der Form auseinandersetzte. Ebenso, dass er in der Tauwetterperiode und der vorsichtigen Öffnung nach Westen Ende der 60er Jahre den Raum für individuelle Entfaltung nutzte und die Chance wahrnahm, sich in das internationale Kunstgeschehen einzuklinken.

Dass Jacobi aber, anders als viele seiner Kollegen, nach der Aussiedlung 1970 größte Erfolge im Westen feiern konnte - seine Werke schmücken öffentliche Räume und man findet sie in allen bedeutenden Museen und Sammlungen zeitgenössischer Kunst, sei es in Europa, Amerika oder Asien - führte Schuster auf die großen Fähigkeiten Jacobis als Kommunikator zurück: sicherlich in erster Linie über sein Werk mit den Kunstrezipienten, dann aber auch als Kunsttheoretiker in der Auseinandersetzung mit Kollegen und in der Begleitung und Formung seiner Schüler (neben der Professur für "Skulptur und angrenzende Gebiete" an der Hochschule für Gestaltung in Pforzheim hielt er weltweit Gastvorlesungen und leitete Workshops), aber auch und nicht zuletzt dank seiner Präsenz und Selbstdarstellung auf dem grenzenlosen Markt der Eitelkeiten.

Schuster verdeutlichte, dass diese Kommunikationsfähigkeit gegenüber anderen Fähigkeiten sekundär ist. Primär porträtierte er Peter Jacobi denn auch, ausgehend von dessen Atelier, der Fabrik "Im Steinernen Kreuz" 35 in Wurmberg, als Homo Faber, als rastlos Schaffenden, als im Suchen Versuchenden, der sich immer noch neue Techniken und Gebiete künstlerischer Betätigung erschließt, der Grenzen und Möglichkeiten seiner Ausdrucksfähigkeit und -mittel immer wieder neu auslotet. Und obwohl das alles sehr rational abläuft, stark von Intellekt und Wissen geleitet ist und oft als Resultat abstrahierender Konstruktion daherkommt, skizzierte Schuster auch die emotionalen Schaffensimpulse Jacobis bis hin zu dem immer wieder aufblitzenden Homo Ludens. Auch aus weiteren Blickwinkeln wurde Jacobi betrachtet und z.B. als Homo Transylvanicus und Homo Balkanicus kenntlich gemacht, wobei beide in der kosmopolitischen Haltung Jacobis nicht überwunden, sondern aufgehoben und bewahrt werden. All das an einzelnen Werken exemplifizierend, wurde versucht, den Besuchern den Zugang dazu zu erleichtern, auch in Verbindung mit dem Thema, mit dem sich Peter Jacobi seit Anfang der 80er Jahre auseinandersetzt: die Zeit ("Die Zeit ins Bild gesetzt" titelte Die Rheinpfalz) und die Relativierung ihres gradlinigen Ablaufs von Vergangenheit - Gegenwart - Zukunft. Sein Suchen und (Er-)Finden von Spuren, die die Zeitläufe hinterlassen, führte auch zu einer Versöhnung mit traditionellen Determinierungen von Kunst: Sie erhielt inhaltliche Bedeutungen, die jenseits ihrer selbst liegen. Das Denk-mal ist notwendig, "um seine Funktion als soziale Einrichtung zu sichern, die das Vergessen verhindert, die Beziehungen der Gesellschaft zu ihrer Vergangenheit regelt und den Kreislauf der Werte aus der Vergangenheit in die Gegenwart und umgekehrt aufrecht erhält." (Ioana Vlasiu.)

Inzwischen ist die Vernissage Vergangenheit - bei dem vom Künstlerbund ausgerichteten Empfang gab es ebenso wie bei dem Künstlergepräch am 18. Oktober die Gelegenheit, Antwort auf die Fragen zu bekommen, die man sich schon immer in Zusammenhang mit Kunst allgemein, oder ganz speziell zu Jacobis Kunst stellte -, ebenso die Ausstellung. Jacobis Werk allerdings steht die Zukunft offen.

Nächste Ausstellung in München

Eine neue Gelegenheit, Werke - auch neue - von Peter Jacobi kennen zu lernen, bietet sich vom 6. November bis Ende des Jahres: dann stellt der Künstler, der dieses Jahr mit dem Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturpreis ausgezeichnet wurde, in der Kanzlei ILC Barthmes Knies Zwerger, Widenmayerstraße 34, in München aus. Anmeldungen zur Besichtigung unter Telefon: (0 89) 98 27 74 50, Fax: (0 89) 98 27 74 55, E-Mail: bohner@ilc.ag.

H-W


(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 17 vom 31. Oktober 2003, Seite 7)

Bewerten:

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.