13. November 2003

Rumänien weiterhin " Land mit einer nicht funktionierenden Marktwirtschaft"

Die Europäische Kommission hat die Anerkennung Rumäniens als Land mit einer funktionierenden Marktwirtschaft an die Bedingung geknüpft, dass die Reformen entschieden fortgesetzt werden. Das geht aus dem Fortschrittsbericht hervor, den die Europäische Kommission am 5. November in Brüssel vorgelegt hat.
Wie die Deutsche Welle berichtet, fordert die EU die Beschleunigung der Reform in der rumänischen Justiz und Verwaltung sowie eine wirksamere Bekämpfung der Korruption. Der geplante EU-Beitritt Rumäniens im Jahr 2007 sei trotzdem nicht gefährdet, erklärte der Delegationschef der Europäischen Kommission, Jonathan Scheele, in Bukarest. Die Brüsseler Kommission scheint im Falle Rumäniens nicht so sehr das "Erreichen einer funktionierenden Marktwirtschaft" als Problem anzusehen, sondern eher die Korruption. Die rumänischen Medien kritisierten die Regierung von Premier Adrian Nastase dafür, dass es Rumänien nicht gelungen sei, als Land mit funktionierender Marktwirtschaft anerkannt zu werden.

Links zu ähnlichem Thema:

EU-Kommission: Fortschritte Rumäniens unbefriedigend

SiebenbuergeR.de-Diskussionsforum: Rumänien eine funktionierende Marktwirtschaft?

Regelmäßiger Bericht 2003 über die Fortschritte Rumäniens auf dem Weg zum Beitritt, PDF-Datei, 146 Seiten, Größe: 600 kB.

In der Schlussfolgerung des EU-Fortschrittsberichts heißt es:

Rumänien erfüllt nach wie vor die politischen Kriterien. Der politische Wille zur Inangriffnahme der Verwaltungs- und Justizreform ist vorhanden. Zu diesem Zweck wurden im letzten Jahr verschiedene positive Initiativen eingeleitet. Beispielsweise wurde das Beamtenstatut geändert und eine grundlegende Umstrukturierung des Gerichtswesens auf den Weg gebracht. Jedoch steckt der Reformprozess noch in den Anfängen. Der öffentliche Dienst Rumäniens ist weiterhin durch schwerfällige Verfahren, geringe Transparenz und begrenzte Kapazitäten zur Umsetzung strategischer Vorgaben gekennzeichnet. Die Justiz muss die Fallverwaltung und die Kohärenz der gerichtlichen Entscheidungen verbessern. Ferner ist die Unabhängigkeit der Justiz zu steigern. Diese wichtigen Fragen müssen dringend angegangen werden.

Rumänien muss noch eine Strategie entwickeln, um die politische Entscheidungsfindung und den Gesetzgebungsprozess zu reformieren. Fortschritte wurden insofern erzielt, als nun weniger auf Notverordnungen zurückgegriffen wird. Die Gesetze über die Informationsfreiheit und die Transparenz des Gesetzgebungsprozesses stellen ebenfalls positive Entwicklungen dar, doch wurden sie nur teilweise umgesetzt. Die Verfassungsänderung zur Reform des parlamentarischen Systems sollte von Maßnahmen zur Stärkung des Leistungsvermögens des Parlaments zur effektiven Überprüfung von Gesetzentwürfen begleitet werden.

Die Korruption ist in Rumänien weiterhin stark verbreitet und in der Gesellschaft allgegenwärtig. Im Berichtszeitraum wurden verschiedene Maßnahmen eingeleitet. Dennoch blieb die Korruptionsbekämpfung insgesamt beschränkt. Die ergriffenen Maßnahmen müssen erst noch Wirkung zeigen und die Anstrengungen deutlich verstärkt werden.

Die Menschenrechte und Grundfreiheiten werden in Rumänien weiterhin geachtet. In verschiedenen wichtigen Bereichen wurden gute Fortschritte erzielt. Strukturen für die Umsetzung der Rechtsvorschriften gegen Diskriminierung wurden geschaffen und in einer ganzen Reihe von Diskriminierungsfällen Sanktionen verhängt. Die Kapazitäten des Amtes des Ombudsmanns wurden ausgebaut. Rumänien hat an die im Vorjahresbericht festgestellten guten Fortschritte bei der Reform des Kinderschutzsystems angeknüpft und weitere Initiativen zur Stärkung der Rechte nationaler Minderheiten ergriffen. Die Roma-Strategie wurde weiter umgesetzt. Jedoch wurden wegen der unzureichenden Mittel nur begrenzte Ergebnisse erzielt. Auch mit der Rückübertragung von Eigentum wurde fortgefahren, doch ist der Vorgang bei weitem noch nicht abgeschlossen.

Reformen wurden außerdem in folgenden Bereichen eingeleitet: Modernisierung der Polizei, Verbesserung der Versorgung Behinderter, Eindämmung der sozialen Ausgrenzung und Ausbau des sozialen Dialogs. Bisher konzentrierten sich die Anstrengungen in diesen Bereichen vor allem auf die Entwicklung von Strategien und die Ausarbeitung von Rahmenvorschriften. Künftig wird die Herausforderung darin bestehen, diese Initiativen auch effektiv umzusetzen. Die Vorschläge zur Reform des Strafgesetzbuches sind positive Schritte, doch muss noch mehr getan werden, um die freie Meinungsäußerung zu stärken. Außerdem sind weitere Maßnahmen erforderlich, um gegen die Überfüllung der Haftanstalten vorzugehen. Rumänien kann als eine funktionierende Marktwirtschaft betrachtet werden, sofern die bisher erzielten guten Fortschritte weiterhin entschieden vorangetrieben werden. Außerdem bedarf es einer energischen und nachhaltigen Umsetzung des Strukturreformprogramms, damit Rumänien in naher Zukunft in der Lage sein wird, dem Wettbewerbsdruck und den Marktkräften innerhalb der Union standzuhalten. Im Hinblick auf makroökonomische Stabilität wurden weitere Fortschritte erzielt, da die relativ hohe Inflation trotz fortgesetzter Anpassung regulierter Preise weiter rückläufig war. Die außenwirtschaftliche Position Rumäniens blieb tragfähig und die Fiskalpolitik umsichtig. Schrittweise werden Maßnahmen zur Verbesserung der Steuerverwaltung durchgeführt. Die Verpflichtungen zur Begrenzung der Gesamtlohnsumme im öffentlichen Sektor wurden weitgehend eingehalten. Außerdem wurden einige Maßnahmen ergriffen, um bei den Unternehmen für Finanzdisziplin zu sorgen. Beispielsweise ist die Bereitschaft etwas gestiegen, Energieverbraucher, die ihre Rechnungen nicht begleichen, von der Versorgung abzuschalten. Ferner wurde die Privatisierung und Umstrukturierung staatseigener Betriebe beschleunigt. Auch im Bankensektor, der seine Mittlerrolle weiter ausgebaut hat, ist die Privatisierung vorangekommen. Neben verwaltungstechnischen Verbesserungen der Markteintritts- und -austrittsmechanismen hat Rumänien verschiedene Initiativen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Unternehmen durchgeführt.

Die Behörden sollten nun die in diesen Bereichen erzielten Fortschritte festigen und sich entschiedener um Gebiete kümmern, auf denen die Fortschritte unzureichend waren. Damit sich die Entwicklung hin zu größerer makroökonomischer Stabilität fortsetzt, wäre die vor kurzem erfolgte Straffung der geldpolitischen Zügel durch umsichtige Fiskal- und Lohnpolitik sowie den weiteren Abbau des quasi-fiskalischen Defizits zu ergänzen. Außerdem müsste Rumänien die mittelfristig zu erwartende Haushaltslage durch Vorziehen der Ausgabenreform und konsequentere Durchsetzung der Steuervorschriften verbessern. Die Finanzdisziplin der Unternehmen - die eine Schlüsselrolle spielt, bisher jedoch unzureichend ist - könnte auf diese Weise gestärkt werden. Maßnahmen sollten vor allem ergriffen werden, um die Grundursachen für die sich weiterhin bildenden Zahlungsrückstände an den Staat und Energieversorgungsunternehmen auszuräumen. Damit der Markt besser funktioniert, ist es u. a. auch erforderlich, unrentable Unternehmen bereitwilliger abzuwickeln und Erdgaspreise festzusetzen, die die kurz- und langfristigen Kosten angemessen widerspiegeln. Umstrukturierung und Privatisierung in so wichtigen Sektoren wie Energie, Bergbau und Verkehr müssen, nachdem die Anfangsphasen durchlaufen sind, weiter vorangebracht werden. Dies würde den Aufbau einer funktionierenden Marktwirtschaft und die Entwicklung der Fähigkeit Rumäniens, dem Wettbewerbsdruck und den Marktkräften innerhalb der Union standzuhalten, wesentlich begünstigen.

Rumänien hat bei der Übernahme des Besitzstands kontinuierliche Fortschritte erzielt. Wenn das Land sein derzeitiges Reformtempo beibehält, wird es ihm aller Voraussicht nach gelingen, die erforderlichen Rechtsvorschriften vor dem geplanten Beitrittstermin in nationales Recht umzusetzen. Jedoch ist die Rechtsangleichung insofern unzulänglich, als die nationalen Rechtsvorschriften, mit denen der Besitzstand übernommen wurde, auf Grund von Schwächen im Gesetzgebungsverfahren von unterschiedlicher Qualität sind und in manchen Fällen vor der Anwendung erst überarbeitet werden müssen. Im Bereich des Binnenmarktes hat Rumänien durch die Übernahme sektorspezifischer Rechtsvorschriften über den freien Warenverkehr und das öffentliche Beschaffungswesen weitere Fortschritte erzielt. Besondere Aufmerksamkeit sollte darauf verwendet werden, die Fähigkeit zur Verwaltung des Besitzstands in den Bereichen öffentliches Beschaffungswesen, Lebensmittel und Lebensmittelsicherheit auszubauen. Ferner sollte Rumänien die Prüfung seiner Rechtsvorschriften auf mit dem Grundsatz des freien Warenverkehrs eventuell nicht vereinbare Bestimmungen fortsetzen. Auf dem Gebiet der Freizügigkeit wurden nur begrenzte Fortschritte erzielt. Weitere Anstrengungen sind insbesondere erforderlich, um die Umsetzung des Besitzstands in Bezug auf die gegenseitige Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise vorzubereiten. Die Bemühungen um Ermittlung von Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit wurden fortgesetzt, aber nur wenige der Beschränkungen wurden beseitigt. Im Bereich des freien Kapitalverkehrs kommt die Angleichung beständig voran. In Bezug auf die Zahlungssysteme und die Bekämpfung der Geldwäsche sind jedoch weitere Maßnahmen erforderlich.

Rumänien hat im Bereich des Gesellschaftsrechts als solchem Fortschritte erzielt. Vorrangig sollten neue Rechnungslegungs- und Rechnungsprüfungsvorschriften umgesetzt werden. Außerdem sind intensivere Bemühungen zum Schutz der Rechte an gewerblichem und geistigem Eigentum erforderlich. Die rumänischen Wettbewerbsvorschriften stehen weitgehend mit den Kartellvorschriften der EU in Einklang, doch sind die Kontrollen auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen noch unzureichend. Im Stahlsektor sollte Rumänien seine Verpflichtungen in Bezug auf die Transparenz direkter und indirekter staatlicher Beihilfen weiter einhalten.

Bei der Übernahme des Besitzstands im Agrarbereich und der Umstrukturierung des Agrarsektors hat Rumänien weitere Fortschritte erzielt. Die effektive Anwendung der Vorschriften wird jedoch durch die begrenzten Management- und Verwaltungskapazitäten beeinträchtigt. Daher muss Rumänien seine weiteren Anstrengungen darauf konzentrieren, die administrative Kapazität zur Umsetzung des Besitzstandes und zur tatsächlichen Anwendung der entsprechenden Bestimmungen zu verstärken, insbesondere in den Bereichen Veterinärwesen und Pflanzenschutz. Die Fortschritte im Fischereisektor waren begrenzt. Bei der Übernahme des Besitzstands gab es Verzögerungen, insbesondere in Bezug auf das Fischereifahrzeugregister. Darüber hinaus müssen die Verwaltungskapazitäten deutlich verstärkt werden. In Bezug auf die Übernahme des Besitzstands im Verkehrsbereich und der Schaffung der erforderlichen Verwaltungsstrukturen sind gute Fortschritte zu verzeichnen, doch ist die Sicherheit im Seeverkehr weiterhin unzureichend. Besonders wichtig wäre es nun, Institutionen zur Durchsetzung der neuen Rechtsvorschriften aufzubauen und die Finanzmittel zu sichern, die für die umfangreichen notwendigen Investitionen erforderlich sind.

Bei der Angleichung der Rechtsvorschriften an den Besitzstand im Steuerbereich wurden gewisse Fortschritte erzielt. Vorrangig sollte Rumänien nun die Steuerverwaltung modernisieren und die EDV-Systeme verbessern. Die Annahme des neuen Arbeitsgesetzbuches stellt einen bedeutenden Fortschritt bei der Übernahme des Besitzstands im Bereich Sozialpolitik und Beschäftigung dar. Zukünftige Anstrengungen müssten vor allem darauf ausgerichtet sein, für die Durchsetzung der verschiedenen Initiativen zu sorgen und die Verwaltungskapazität auszubauen. Die Angleichung der Rechtsvorschriften im Energiebereich sollte Hand in Hand gehen mit der Schaffung effektiver Umsetzungsstrukturen, der Vollendung der Strukturreformen und Maßnahmen für ein besseres Funktionieren des Energiebinnenmarktes.

Die Bausteine für eine moderne Industriepolitik sind vorhanden. Die größte Herausforderung besteht jedoch in der Umsetzung, da strukturelle Schwächen die Kapazitäten für die Durchsetzung begrenzen. Rumänien hat bedeutende Anstrengungen unternommen, um die Rahmenbedingungen für Unternehmen zu verbessern, doch befinden sich die kleinen und mittleren Unternehmen weiterhin in einer schwierigen Lage. Im Bereich der Telekommunikation wurden bedeutende Fortschritte erzielt, vor allem bei der Einrichtung einer Regulierungsbehörde, der Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes und der Übernahme des neuen Besitzstands im Telekommunikationsbereich.

Der institutionelle Rahmen für die Regionalpolitik und die Koordinierung der strukturpolitischen Instrumente ist noch nicht klar definiert. Ferner werden in diesem Bereich noch spezifische Regelungen für die Finanzverwaltung und -kontrolle benötigt. Zudem muss Rumänien beträchtliche weitere Anstrengungen unternehmen, um die Leistungsfähigkeit der Verwaltung auf das erforderliche Niveau zu bringen. Im Bereich des Umweltschutzes hat Rumänien zwar zahlreiche Rechtsvorschriften übernommen, aber immer noch keine entsprechenden Verwaltungskapazitäten und Finanzmittel bereitgestellt.

Im Bereich des Verbraucher- und Gesundheitsschutzes wurde die Angleichung der Rechtsvorschriften fortgesetzt. Rumänien hat in Bezug auf die Marktüberwachung und die Koordination der Kontrolltätigkeiten zwischen den zuständigen Ministerien und Behörden einige Fortschritte erzielt.

Im Bereich Justiz und Inneres sind in vielerlei Hinsicht Fortschritte bei der Übernahme des Besitzstands zu verzeichnen, insbesondere in Bezug auf Migration, organisierte Kriminalität, Geldwäsche und justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen. Jedoch sind die Kapazitäten für die Umsetzung in fast allen Bereichen nach wie vor unzureichend. Daher sollte Rumänien seine Anstrengungen zum Ausbau der Verwaltungskapazitäten und der behördenübergreifenden Zusammenarbeit verstärken.

Fortschritte wurden auch im Bereich der Zollunion erzielt, doch sind zusätzliche Anstrengungen erforderlich, um die Korruption in der Zollverwaltung zu bekämpfen und im Voraus die notwendigen Vorbereitungen für die Anwendung der Maßnahmen zu treffen, die zum Zeitpunkt des Beitritts eingeführt werden. Im Bereich der Finanzkontrolle wurden beträchtliche Fortschritte erzielt. Rumänien sollte sich weiterhin darum bemühen, effiziente Finanzkontrollsysteme einzurichten, die Rechtsangleichung zu vollenden und die Verwaltungskapazitäten auszubauen.

Bei den anderen Kapiteln des Besitzstands sind kontinuierliche Fortschritte zu verzeichnen.
In vielen wichtigen Bereichen besteht eine andauernde Diskrepanz zwischen den Fortschritten bei der Rechtsangleichung und der begrenzten generellen Kapazität der rumänischen Verwaltung zur Um- und Durchsetzung der neuen Rechtsvorschriften. Dies behindert die Vorbereitungen Rumäniens auf den Beitritt ganz erheblich. Zur Behebung dieses Problems werden umfassende Strukturreformen der öffentlichen Verwaltung wie auch der Justiz erforderlich sein. Dies betrifft nicht nur die Übernahme des Besitzstands, sondern auch die Verwaltung der finanziellen Hilfe der EU. Die Schaffung der neuen für die Umsetzung des Besitzstands erforderlichen institutionellen Strukturen kam weiter voran, wenn auch bisher mit unterschiedlichen Ergebnissen.

In den Beitrittsverhandlungen wurden 20 Kapitel vorläufig abgeschlossen. Bei den in den Verhandlungen eingegangenen Verpflichtungen wird von einem Beitritt im Jahr 2007 ausgegangen. Rumänien erfüllt im Allgemeinen diese Verpflichtungen, auch wenn in bestimmten Bereichen Verzögerungen festzustellen sind.

Bewerten:

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.