17. November 2003

Gerät deutsche Minderheit in den Hintergrund?

Erstmals nach Jahren vermerkte der DFDR-Vorsitzende Klaus Johannis mehr Delegierte, aber weniger Gäste bei der ordentlichen Vertreterversammlung des Landesforums (DFDR) am Wochenende vor dem heiligen Martinstag in der Stadt am Zibin. Erstmals wurde den Delegierten eine relativ umfangreiche Mappe mit Dokumenten (Bericht, Protokolle, Briefwechsel und angestrebte Satzungsänderungen) als Diskussionsgrundlage zur Verfügung gestellt, und ebenfalls erstmals wurde die Novellierung der DFDR-Statuten von einem anwesenden Notar beglaubigt.
Wieder einmal eine Jahresversammlung mit "dichtem Programm und handfesten Tagesordnungspunkten", stellte Ehrenvorsitzender Paul Philippi in seinem einführenden Grußwort - oder "Prolog", wie er sagte - fest, um dann in seinem "Epilog" einen Wunsch an die Vertreter zu formulieren: "Die Zunkunftsorietierung des Forums im Auge zu behalten, sie auch an der Basis zu implantieren". Denn die Vertreterversammlung sei nicht der Rahmen dafür, grundsätzliche Fragen zu erörtern, vielmehr legen dabei die Forumsspitzenvertreter Rechenschaft über ihre Tätigkeit seit letztem Frühjahr ab. Kurz und punktuell kamen so der Landesvorsitzende Klaus Johannis, der DFDR-Abgeordnete Wolfgang Wittstock, der DFDR-Regierungsvertreter und Unterstaatssekretär Ovidiu Gant sowie die Leiter der Fachausschüsse (Schule und Wirtschaft) zu Wort. Die Kurzberichte der DFDR-Vertreter im Rat der nationalen Minderheiten fielen jedoch aus, denn der Rat sei derzeit "inexistent", wie Johannis feststellte. Lediglich der Finanzausschuss in besagtem Gremium ist noch aktiv, und aktiv an dessen Sitzungen nahm der neue Forumsvertreter Wiegand Fleischer teil.

Aber nicht nur der Minderheitenrat rückt offenbar in den Hintergrund. Auch das Departement für interethnische Beziehungen habe nach der Regierungsumbildung im letzten Sommer an Einflussnahme verloren, berichtete Ovidiu Gant, und sein nun neben 20 anderen Departements beim Generalsekretariat der Regierung angesiedelt. Besorgt zeigte sich zudem Wolfgang Wittstock darüber, dass die Direktion für Minderheiten im Kulturministerium offenbar stillschweigend aufgelöst wurde. Zwar ist deren ehemaliger Leiter, Carol König, jüngst zum persönlichen Berater des Ministers aufgerückt - "was eine Aufwertung bedeutet" (Wittstock) -, aber die Direktion sei nun bis auf weiteres von der Bildfläche verschwunden. Und "ein besonderes Sorgenkind des Forums", so Johannis in seinem Tätigkeitsbericht, "ist gegenwärtig die Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien (ADZ).", denn "momentan kämpft die ADZ mit zahlreichen Schwierigkeiten." Der Briefwechsel zwischen DFDR und ADZ zu diesem Thema wurde der Tagungsmappe beigelegt, in den Diskussionen wurde bestätigt, was der DFDR-Vorsitzende in seinem Bericht vorweggenommen hatte: "Das DFDR wird sich auch weiterhin um die Herausgabe der Zeitung bemühen, ist sich aber im Klaren darüber, dass diese von Grund auf verbessert werden muss."

Bei aller Zukunftsorientierung des Gremiums wurde die Jugend auch diesmal vergessen, bemerkte Prof. Karl Singer. Der Spitzenvertreter der ADJ war zwar bei der Versammlung zugegen, bloß stand kein Bericht über die landesweiten oder regionalen Jugendaktiviäten zur Diskussion. Und erst nach Abschluss der Diskussionen rund um die Satzungsänderungen machte Ovidiu Gant auf einen fehlenden Passus im ersten Absatz des Paragraphen 41 der Statuten aufmerksam: Den DFDR-Regierungsvertreter nicht nur als "Gast" oder "beratendes Mitglied", sondern als volles Mitglied in den DFDR-Vorstand aufzunehmen. Dafür unterstrich der Unterstaatssekretär die guten Beziehungen zu in- und ausländischen Behörden und erinnerte in diesem Kontext an die "guten Gespräche", die er in diesem Sommer in München mit den Vertretern der Landsmannschaften der Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben geführt hatte.

Gegenwärtig arbeite das rumänische Parlament an einem Gesetz über die Rückerstattung des Gemeinschaftseigentums der nationalen Minderheiten, hieß es auf der Vertreterversammlung. Und: "Damit das DFDR Anspruch auf Immobilien erheben kann, die Vereinigungen und Stiftungen der deutschen Minderheiten gehört haben und vom kommunistischen Staat nationalisiert wurden, ist es notwendig, die DFDR-Rahmensatzungen möglichst rasch mit einem Paragraphen zu ergänzen." So wurde Paragraph 5/1 der DFDR-Geschäftsordnung hinzugefügt, von den Vertretern befürwortet und unterzeichnet sowie vom Notar beglaubigt mit dem Wortlaut: "Das DFDR ist Rechtsnachfolger aller Institutionen und Verbände der deutschen Minderheit Rumäniens, die unter Zwang aufgelöst wurden."

Martin Ohnweiler

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