19. Februar 2004

Dr. Gustav Wonnerth erhielt Bundesverdienstkreuz

In Anerkennung seines engagierten und erfolgreichen Wirkens für die Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen wurde der ehemalige Vorsitzende der Landesgruppe Bayern, Dr. Ing. Gustav Wonnerth, mit dem von Bundespräsident Johannes Rau verliehenen Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Den feierlichen Akt vollzog die bayerische Staatsministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen, Christa Stewens, kürzlich in München.
Nach dem Krieg rettete Wonnerth im russischen Arbeitslager vielen Mithäftlingen das Leben, war maßgeblich beteiligt an der „Kohleaktion 1953“ in Herten-Langenbochum, respektive am Neubau einer Siebenbürgersiedlung für 150 nordsiebenbürgische Familien. Von 1978 bis 1985 wirkte er als Vorsitzender der Landesgruppe Bayern. Weitere Verdienste erwarb sich Wonnerth im Zuge seiner 15-jährigen Tätigkeit in der Montanunion in Luxemburg, wofür ihm 1964 die Robert-Schumann-Medaille verliehen wurde.



Bayerns Sozialministerin Christa Stewens überreicht das Bundesverdienstkreuz an Gustav Wonnerth.
Bayerns Sozialministerin Christa Stewens überreicht das Bundesverdienstkreuz an Gustav Wonnerth.


Gustav Wonnerth wurde am 26. Februar 1920 in Kreisch als Sohn des evangelischen Pfarrers Gustav Wonnerth und seiner Ehefrau Elise Teutsch geboren. Die Volksschule besuchte er in Henndorf, wo sein Vater bis zu seinem frühen Tod 1935 Pfarrer war. Anschließend absolvierte er das Bischof-Teutsch-Gymnasium in Schäßburg. Als eifriger Coetist spielte der Gymnasiast in der Blasmusik Klarinette und war Kapitän der Schäßburger Handballmannschaft. Nach dem Abitur machte er ein halbjähriges Untertagepraktikum, um hernach an der Bergakademie Freiberg in Sachsen Bergbau zu studieren. Im Herbst 1943 legte er dort die Diplomprüfung ab. Noch vor seinem Kriegseinsatz heiratete er Jutta Müller. Aus der Ehe sind zwei Töchter entsprossen.

In den letzten Kriegstagen geriet Wonnerth im Kessel von Budapest in russische Kriegsgefangenschaft. In der Schachtanlage Nr. 6 in Breanka im Donezkbecken kam dem Bergbauingenieur seine berufliche Qualifikation zugute. Angesichts der im Lager vorherrschenden katastrophalen Bedingungen ergriff der Spezialist die Initiative und trat in Verhandlungen mit dem Direktor der Schachtanlage. Wonnerth unterbreitete diesem einen, wie sich erweisen sollte, mustergültigen Sanierungsplan, basierend auf den Punkten: „1. Unsere „Deutschen Reviere“ und Arbeitsstätten sollten künftig nur von unseren eigenen technischen Fachleuten geführt werden; 2. Unsere Arbeit war streng auf Grundlage der offiziellen, staatlichen Arbeitsnormen und –preise abzurechnen; 3. Nach Abzug der üblichen 456 Rubel für Unterbringung, Ernährung und Bekleidung pro Monat und Mann war der Restlohn unseren Leuten voll auszuzahlen; 4. Kranken und Verletzten der Arbeit war die staatliche Versicherungsleistung zu gewähren.“ Die Arbeitseinsatz-Leitung des Lagers übertrug ihm die geforderten technischen Funktionen. Die unter den dramatischen Umständen getroffenen Maßnahmen zeitigten Erfolg, so Wonnerth: „Durch diese Aktion wurde einer Vielzahl von Wehrmachtsangehörigen und Verschleppten das Leben gerettet.“ Dem Siebenbürger gelang es, vielen seiner Mitinhaftierten, die am Verhungern waren, das Leben zu retten. Sein Sanierungsplan avancierte in der Folge zum Modell für sowjetische Schachtanlagen.

Sommer 1952 wurde Wonnerth nach Österreich entlassen, wohin es seine Frau in den Kriegswirren verschlagen hatte. Kurz darauf zog das Ehepaar ins Ruhrgebiet. Im Dienste der Hibernia Bergbau AG wurde dem Fachmann die Leitung der Abteilung Arbeitsschutz und Unfallverhütung mit zwölf Schachtanlagen und einer Belegschaft von 43 000 Bergleuten anvertraut. Binnen weniger Jahre gelang es, die Häufigkeit der tödlichen Unfälle im Konzern dank entsprechender psychologischer, erzieherischer, organisatorischer und materieller Maßnahmen auf die Hälfte zu senken.

Sein Konzern hatte ihm zudem die integrationsfördernde Betreuung der im Zuge der "Kohlenaktion 1953" aus Österreich in den Ruhrbergbau umgesiedelten 150 nordsiebenbürgischen Familien übertragen. Die Aufgabe war schwer genug, galt es doch, Arbeitswillige unter den Heimatvertriebenen in Oberösterreich für die Ruhr- und Kohleaktion anzuwerben. Für sie wurde in Herten-Langenbochum eigens eine Siebenbürgersiedlung mit 150 Einfamilienhäusern, einem Gemeindehaus und vier Straßen mit siebenbürgischen Ortsnamen errichtet. Heute leben dort über 1 000 Landsleute. In Würdigung dieser Verdienste zeichnete ihn die Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen mit dem Goldenen Ehrenwappen aus. Überbetrieblich war Wonnerth in verschiedenen Fachgremien tätig. Im Winter 1957/58 promovierte er an der Bergakademie Clausthal-Zellerfeld zum Dr. Ing. mit einer Arbeit über neue Wege zur Verbesserung des Arbeitsschutzes im Bergbau. Ins Englische, Französische, Russische, Italienische und Japanische übersetzt, fanden seine Vorschläge internationale Beachtung.

Anfang 1958 wechselte Wonnerth aus dem Ruhrgebiet nach Luxemburg zur „Hohen Behörde“ der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Montanunion), mit der die wirtschaftliche und politische europäische Integration anfing. Dort vertrat er die Bundesrepublik Deutschland über 15 Jahre lang erfolgreich in der Montanunion und der EG. Erst Referent, dann Berater und schließlich Direktor E.H der EU-Kommission, wurden ihm Aufbau und Leitung des Bereichs „Technische Forschung Kohle“ übertragen zur Orientierung, Koordinierung und Förderung der Forschung im Bergbau der Gemeinschaft. In diesem Zusammenhang wurden die Grundlagen für eine gemeinsame Forschungspolitik der Grundstoffindustrien der Gemeinschaft Kohle und Stahl erarbeitet. Wonnerth erhielt im Mai 1964 vom Präsidenten der Hohen Behörde der Montanunion in Anerkennung seiner „treuen Dienste“ die Robert-Schumann-Medaille. Im Sommer 1973 schied er aus seinem Amt als Direktor E.H. und trat in den Ruhestand.

Seit 1973, nach seinem Umzug ins oberbayerische Pähl, engagierte sich der Siebenbürger Sachse überaus stark in der Landesgruppe Bayern, zwischen 1978 und 1985 gar als deren Vorsitzender. Im Rückblick auf diese Zeit betont Wonnerth nicht ohne Stolz: "In den Jahren meiner ehrenamtlichen Arbeit ist es mir gelungen, die Zahl der Mitglieder um 28 Prozent zu erhöhen und dadurch eine Konsolidierung der Finanzen zu erzielen. Ich pflegte Beziehungen zu Behörden, Verbänden und Medien. Meine Bemühungen waren intensiv auch auf die Betreuung der Aussiedler, auf die Beschaffung von Wohnraum und Arbeit gerichtet. Aus gesundheitlichen Gründen musste ich mich 1985 leider aus dem öffentlichen Leben zurückziehen." Mit seiner Gattin zog Wonnerth im Jahr 2000 ins Siebenbürgerheim Rimsting um, wo diese im vergangenen Jahr starb. Stellvertretend für die Kreisgruppe Weilheim, in deren Einzugsbereich der verdiente Landsmann lebte und wirkte, betont deren Vorsitzender Reinhard Grießmüller: "Er stand uns immer mit Rat und Tat bei, so dass wir uns noch heute ihm zugetan und verbunden fühlen; wir gratulieren ihm herzlich."

Christian Schoger



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