5. März 2004

"Goldener Bär" für rumänischen Kurzfilm

Etwas müde und leicht verbittert klingt der Filmemacher Cristi Puiu bei der diesjährigen 54. Berlinale im talent-campus im Haus der Kulturen der Welt. Müde vom Fliegen - gerade erst ist er aus Rumänien eingetroffen - und verbittert, da er über die Finanzierung seines Spielfilms "Die Ware und das Geld" und dessen Resonanz in Rumänien erzählt.
Obwohl er im Ausland etliche Preise gewann (von Cottbus bis Triest, Saloniki und Angers), wurde daheim vor allem die derbe Sprache seines Streifens kritisiert. Doch der Road Movie handelt nun mal von "von jungen Männern am Rande der Gesellschaft, die keine Chance haben, und wenn sie eine bekommen, dann müssen sie dafür Kompromisse eingehen (...). Selbst ich musste, um diesen Film machen zu können, Kompromisse eingehen", so der Regisseur in einem früheren Interview. 1967 geboren, hat Puiu einen ungewöhnlichen Werdegang, begann als Maler mit einer Ausstellung in Lausanne, um dann in Genf ein Malereistudium anzufangen, das er 1995 als Filmemacher beendete. Dann drehte er Dokumentar- und Kurzfilme.

In seinem Berlinale-Kurzfilm "Un cartus de Kent si un pachet de cafea" ("Eine Stange Kent und ein Päckchen Kaffee"), dessen Titel jedem Rumänen im Ohr klingt als beliebteste Bakschisch-Währung, ist wieder von Kompromissen die Rede. Ein mittelalter Mann (Victor Rebengiuc) trifft sich in einem Restaurant mit seinem vielbeschäftigten Sohn, hat besagte Stange Zigaretten und (leider den falschen) Kaffee in seinem Beutel verstaut und versucht diesem zu erklären, dass ihm nach dreißig Jahren einfach so gekündigt wurde. Der nacheinander zwei Apfelstrudel verzehrende Sohn bittet ihn, sich kurz zu fassen. Er hätte eine Stelle als Nachtwächter für ihn. Schließlich reiche das Mitgebrachte ja auch nicht für viel mehr. In fast statischen Einstellungen mit sparsamsten Mitteln gefilmt, wirkt diese Begegnung zweier Generationen sacht ironisch und der Schluss: "Es habe sich nichts geändert. Es sei alles so wie früher" kein bisschen pathetisch. Ein abgeklärter Realismus, der unaufdringlich daherkommt, kaum anklagt, eher nur aufzeigt. Das Milieu wirkt zwar nicht luxuriös, aber auch nicht schäbig, weder pittoresk noch armselig. Nun bekommt der Film mit dem kleinen Budget und dem nichtsdestotrotz "effektiven Erzählen und den phantastischen Dialogen", so die Jury, neben dem Goldenen Bären auch noch den UIP-Preis, mithin eine Nominierung zum Europäischen Filmpreis. Es ist der bisher größte Erfolg für einen rumänischen Film bei der Berlinale. Leider gingen die Kurzfilmpreise im Medienrummel um die "richtigen" Bären unter.

Nach der Vorführung traf man sich im talent-campus der Berlinale. Dort konnte man auch dem jungen rumänischen Regisseur Cristian Mungiu begegnen, der ebenfalls zur Talentschmiede geladen war. Zusammen mit Cristi Puiu wird auch er im Zusammenhang mit seinem Film Occidentul (Der Westen) genannt, wenn es um die "Wiederbelebung" des rumänischen Films geht, von der Mungiu leider nur in Anführungszeichen spricht.

Edith Ottschofski

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